zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
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Die schönste Frau der Innenstadt<br />
„Nee, bin zwar arbeitslos, aber ich hab von meiner Oma watt Kohle geerbt, die verbrat<br />
ich jetzt erstmal...“.<br />
„Viel Kohle?“<br />
„<strong>Ein</strong> paar tausend...reicht halt Grad für Bier..“, antwortete ich ausweichend und dachte<br />
an die verdrängte Tatsache zurück, dass diese Erbschaft eigentlich mit der sinnlosen<br />
Bedingung verknüpft war einen Grabstein zu erwerben, nebst hineingemeißelter technischer<br />
Daten der Leiche meiner Oma, und mit dem teuren Klotz ein langweiliges Grab irgendwo<br />
auf dem todlangweiligen Waldfriedhof zu kennzeichnen. Da ich meine Oma sowieso nie<br />
leiden konnte, sie für total verrückt hielt war ich natürlich nicht bei ihrer Beerdigung<br />
gewesen, ließ mich dort durch meine Eltern vertreten und war trotz ständigem Drängen<br />
meiner Mutter noch nie an dem Grab gewesen. Als arbeitsloser Realist lag es mir natürlich<br />
auch fern, tausende von Mark für einen beschissenen Stein auszugeben, ich vertrat die<br />
Meinung, dass Tote nichts mehr brauchten und es kamen auch keine Klagen von Seiten der<br />
um ihren Felsen gebrachten Erblasserin. „Die braucht keinen Stein mehr!“ sagte ich zu<br />
meiner Mutter und setzte das Geld ganz im Sinne meiner Stiftung „Brot für die Welt und<br />
Bier für <strong>Meia</strong>“ gezielt ein.<br />
„Wieso gehste denn nicht mehr arbeiten?“, fragte Otze und winkte grüßend einigen<br />
jungen, mir unbekannten Punks zu, die sich in einiger Entfernung niederließen.<br />
„Bin nach der Lehre nicht übernommen worden, in dem Job kriegste hier eh sonst nix<br />
und außerdem meinte der Heini auf dem Arbeitsamt, datt mich jetzt sowieso niemand<br />
einstellen würde bevor ich nicht Wehr- oder Zivildienst gemacht habe.“<br />
„Und, gehste zum Bund?“<br />
„Glaub schon, denn der Typ auffem Arbeitsamt meinte datt er sich um eine vorzeitige<br />
<strong>Ein</strong>berufung kümmern würde. Erwarte eigentlich jeden Tag Post vom Bund...“<br />
„Scheiße Mann!“, grinste Otze mich an, „Wieso willste denn nich verweigern?“<br />
„Zivildienst ist doch Pisse!“, antworte ich und dachte an meine Oma, „Im Altersheim<br />
Ärsche zu wischen hab ich überhaupt keinen Bock, nee, da geh ich lieber nen <strong>bisschen</strong><br />
rumballern...Ist doch sowieso alles Scheiße..“<br />
„Sieg heil!“<br />
„Ich kann nichts, ich bin nichts, gebt mir eine Uniform!“, antwortete ich sarkastisch mit<br />
einer bekannten Parole und fühlte mich angesichts dieser Zukunftsaussichten etwas<br />
verunsichert, verdrängte aber mittels eines tiefen Schlucks Bier das ungute Gefühl im<br />
Hinterkopf.