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zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia

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Am Anfang war das Wort<br />

Denkweise offen zeigen wollten hatten fast immer langes Haar, wobei in manchen Kreisen<br />

die Haarlänge Gradmesser des Protestwillens und der Dimensionierung der „Ich bin gegen<br />

bürgerliche Normen“-<strong>Ein</strong>stellung war. Im Laufe der Jahre hatten sich die Bürger an lange<br />

Männerhaare gewöhnt, erregte ihr Anblick nur noch selten das gleiche Ausmaß von Unmut<br />

wie ein Jahrzehnt zuvor. Achmed und ich passten aber nicht in dieses Schema. Durch unsere<br />

Kleidung bewiesen wir eine deutliche Abneigung gegen die herkömmliche Gesellschaft,<br />

trugen aber kurze Haare und zeigten dadurch unsere Distanz zu allen bisher bekannten<br />

Protestbewegungen. Zudem waren sie durch den nachträglichen <strong>Ein</strong>satz von Seife oder<br />

ähnlichen Substanzen zu abstehenden Strähnen gebündelt, was den optischen <strong>Ein</strong>druck einer<br />

extremen Verdreckung erzeugte. Dies war nachvollziehbar, denn wir wollten möglichst<br />

abstoßend auf die „Spießer“ wirken, und Unsauberkeit erzeugte fast immer Ablehnung bei<br />

diesen.<br />

Auch dienten <strong>zwei</strong> typische Barttrachten für die Unterscheidung zwischen angepassten<br />

Bürgern und protestwilligen Langhaarigen. Männer ersterer Sorte gingen entweder glattrasiert<br />

oder pflegten einen Oberlippenbart zu tragen, langhaarige Männer einen um alternative<br />

Wirkung bemühten Vollbart, der mich persönlich aber automatisch nicht an Protest sondern<br />

an den Weihnachtsmann oder Robinson Crusoe denken ließ. Besonders auffällig war, dass<br />

junge Männer bürgerlicher Gruppen einen Schnauzbart als ein Zeichen für eine ausgeprägte<br />

Männlichkeit angesehen, werden konnte, sie also besonders männlich wirkten wenn sie eine<br />

Schnäuzer trugen. Auch in der Berufsgruppe der Polizisten hatte fast jeder Beamte einen<br />

Schnauzbart, ein Schnäuzer schien zur Uniform zu gehören und war polizeilicher<br />

Auftretensstandard wie das Mitführen einer Pistole. Auffällig war, dass konforme Bürger<br />

jeden Alters selten einen Vollbart trugen. Diese Form des männlichen Gesichtsichtschmucks<br />

war den langhaarigen Hippies und auf irgendeine Art gegen die Gesellschaft protestierenden<br />

jungen Männern vorbehalten, und wenn jene Bartträger sein wollten wählten sie imagegerecht<br />

eine solche Bartform.<br />

Wir hingegen standen der Vorstellung einer Kombination von Punkoutfit und Bart stark<br />

ablehnend gegenüber, hatten noch nie einen Punk mit Bart gesehen und sahen sowieso<br />

jegliche Barttracht als ein typisches Merkmal von Mitgliedern der Vätergeneration an,<br />

rasierten unsere Gesichter deshalb regelmäßig. Zudem legten wir keinen Wert darauf<br />

möglichst männlich zu erscheinen, wollten aber hart wirken und demonstrierten Härte lieber<br />

durch Kleidung und Auftreten.<br />

Mein Blick fiel auf Achmeds blonde Haare, die von der Farbe her überhaupt nicht zu<br />

seinem Vornamens passten. Eigentlich hieß er ja „Joachim“, hatte bis vor einem halben Jahr

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