zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
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Frühstücksfreuden<br />
Noch einmal schaute ich die schlafende Frau auf meinem Nachtlager an. Sie sah wirklich<br />
toll aus, auch wenn wegen der inzwischen bis zur Kinnspitze hochgezogenen Bettdecke nur<br />
noch ihr Kopf zu sehen war und ihre Brust nicht mehr die Wahrnehmung eines Betrachters<br />
dominierte.<br />
Obwohl mich ein wenig Enttäuschung und ein sehnsüchtiges Gefühl erfüllten drehe ich<br />
mich um und schritt in Richtung Tür.<br />
„In der Küche ist bestimmt einer der Bier hat…“, dachte ich und verließ das Zimmer.<br />
Ich betrat einen heruntergekommen wirkenden Flur und nach nur wenigen Schritten<br />
erreichte ich eine Treppe. Darauf bedacht das Geländer nicht anzupacken ging ich die zum<br />
Erdgeschoss führenden Stufen hinab. Aufgrund des langen unbewohnten Zustandes war<br />
nichts renoviert worden, das Holz morsch und geringe Zugkraft ausreichend um einen Teil<br />
des Geländers abzureißen.<br />
Als ich den Fuß der Treppe erreicht hatte brauchte ich nicht weit zu gehen, nur einige<br />
wenige Meter trennten mich von meinem Ziel. Hier würde ich bestimmt jemand antreffen,<br />
denn wie in jedem von mehreren Leuten bewohnten Haus oder in einer Wohngemeinschaft<br />
war die Küche eine Art von Gemeinschaftsraum der fast dauernd von irgendwelchen<br />
Bewohnern frequentiert wurde.<br />
Gedämpfte Musik war zu hören. Ich öffnete eine Tür hinter der wahrscheinlich die<br />
Klangquelle lag und die in dieser Umgebung auffällig neu wirkte, vermutlich einem jüngeren<br />
Herstellungszeitraum entstammte. Aber dieser <strong>Ein</strong>druck trog, denn an den vielen Schnörkeln<br />
und Verzierungen konnte man ihre Herkunft aus einem Jahrzehnt Mitte des letzten<br />
Jahrhunderts oder noch davor leicht erkennen.<br />
Sofort wurde die Musik lauter und ermöglichte ein Erkennen des Liedes. Ich hatte es oft<br />
gehört. In einer für einen Kassettenrecorder typisch blechernen Klangqualität erklang<br />
„Karlsquell“ von der Hamburger Band „Slime“, eine vertonte Liebeserklärung an ein von den<br />
dortigen Punks bevorzugtes Billigbier.<br />
Von allen Bewohnern wurde Musik in der Küche als zwingend nötig angesehen, hielten<br />
sich manche doch mehrere Stunden an einem Stück hier auf. Genauso waren alle gleichfalls<br />
der Meinung, dass entgegen aller sonstigen Hörgewohnheiten laute Hintergrundmusik an<br />
diesem Ort fehl am Platze war, eine mindere Lautstärke die problemlos von gesprochenen<br />
Worten überlagert werden konnte völlig ausreichend sei.<br />
Zu dieser vormittäglichen Stunde hielten sich nur <strong>zwei</strong> Personen dort auf, was kein<br />
Wunder war, pflegten doch nicht wenige um diese Zeit noch zu schlafen um dafür die<br />
Wachphase bis wenige Stunden vor Beginn des Morgengrauens auszudehnen.