zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
63<br />
Quadrat im Kreis<br />
„Nee, wegen der Punkszene waren wir nicht dort, sondern wegen dem Tuwat…“, antwortete<br />
ich.<br />
„Tuwat? Noch nie gehört. Watt is datt denn?“<br />
„Datt soll so ein großes Hausbesetzertreffen werden, geht einen Monat lang, Leute aus ganz<br />
Europa, mehrere tausend und alle können in einem der vielen besetzten Häuser pennen. Stevie<br />
und ich sind recht spontan in seiner Ente dorthin gefahren, und weil es sehr kurzfristig war<br />
auch nur wir beide, sonst hätten ein paar Punks vom Kaiser mitfahren können. Dienstags sind<br />
wir los, haben in einem besetzen Haus in Neukölln gepennt und samstags wollten wir wieder<br />
zurückfahren, auf halber Strecke einen Stopp in Hannover einlegen und dort in der Korn auf<br />
ein großes Punkkonzert gehen. Daraus wurde aber nix, weil als wir Samstagmittags<br />
aufwachten es eine böse Überraschung gab, denn Stevie hatte es irgendwie geschafft eine<br />
seiner zur Nacht abgelegten Kontaktlinsen zu zerdeppern. Der Unterschied zwischen einem<br />
fast blinden Auge und einem Guten war ihm zu krass zum Autofahren. Dann sind wir wie die<br />
Deppen durch Berlin getigert und haben einen Kontaktlinsenladen oder so gesucht, nix<br />
gefunden, konnten nur in einer Apotheke eine Augenklappe erwerben. Stevie sah damit aus<br />
wie ein Pirat mit Lederjacke. Aber trotzdem hatte er Muffe auf Transit zu fahren, wegen der<br />
volkseigenen Bullen, und so sind wir über Landstraße durch die ganze DDR gefahren. Datt<br />
hat gedauert… Als wir dann endlich über die Grenze waren hatte er keinen Bock mehr in<br />
Hannover zu halten und so sind wir bis Troisdorf durchgefahren. Zwölf Stunden waren wir<br />
unterwegs, echt der Hammer…“<br />
Zum Ende meiner Erzählung fiel mir der Overall-Träger mit dem aufgesprühten Hakenkreuz<br />
auf, oder besser gesagt sein Bierkonsum. Während wir alle nach einem ersten großen Schluck<br />
aus unseren Bierflaschen in ein gemächlicheres Trinktempo verfallen waren, unsere eigenen<br />
Flaschen noch halbvoll waren, hatte er die seinige schon geleert, stellte sie in den Kasten<br />
zurück und nahm sich eine Neue. Offensichtlich wollte er einen besonders harten Punk<br />
darstellen, dachte wohl durch besonders schnelles Trinken auch besonders schnell<br />
Anerkennung bei uns zu erlangen.<br />
„Ich war auch schon <strong>zwei</strong>mal in Berlin…“, antwortete Chris auf meine Erzählung, „Wir sind<br />
immer nur Transitstrecke, und der Bulle am DDR-<strong>Ein</strong>gang sagte jedesmal man dürfe von der<br />
nicht abweichen…“<br />
„Normal ist datt so, aber wir sind zu einem anderen Grenzübergang als den auf den Hinfahrt<br />
gefahren, Stevie hat dem Vopo irgendwatt erzählt und ihm Geld für so ein Papier gegeben, so<br />
ging datt irgendwie klar, mit Westmark kann man in der DDR echt einiges reißen …“