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zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia

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Quadrat im Kreis<br />

„Nee, wegen der Punkszene waren wir nicht dort, sondern wegen dem Tuwat…“, antwortete<br />

ich.<br />

„Tuwat? Noch nie gehört. Watt is datt denn?“<br />

„Datt soll so ein großes Hausbesetzertreffen werden, geht einen Monat lang, Leute aus ganz<br />

Europa, mehrere tausend und alle können in einem der vielen besetzten Häuser pennen. Stevie<br />

und ich sind recht spontan in seiner Ente dorthin gefahren, und weil es sehr kurzfristig war<br />

auch nur wir beide, sonst hätten ein paar Punks vom Kaiser mitfahren können. Dienstags sind<br />

wir los, haben in einem besetzen Haus in Neukölln gepennt und samstags wollten wir wieder<br />

zurückfahren, auf halber Strecke einen Stopp in Hannover einlegen und dort in der Korn auf<br />

ein großes Punkkonzert gehen. Daraus wurde aber nix, weil als wir Samstagmittags<br />

aufwachten es eine böse Überraschung gab, denn Stevie hatte es irgendwie geschafft eine<br />

seiner zur Nacht abgelegten Kontaktlinsen zu zerdeppern. Der Unterschied zwischen einem<br />

fast blinden Auge und einem Guten war ihm zu krass zum Autofahren. Dann sind wir wie die<br />

Deppen durch Berlin getigert und haben einen Kontaktlinsenladen oder so gesucht, nix<br />

gefunden, konnten nur in einer Apotheke eine Augenklappe erwerben. Stevie sah damit aus<br />

wie ein Pirat mit Lederjacke. Aber trotzdem hatte er Muffe auf Transit zu fahren, wegen der<br />

volkseigenen Bullen, und so sind wir über Landstraße durch die ganze DDR gefahren. Datt<br />

hat gedauert… Als wir dann endlich über die Grenze waren hatte er keinen Bock mehr in<br />

Hannover zu halten und so sind wir bis Troisdorf durchgefahren. Zwölf Stunden waren wir<br />

unterwegs, echt der Hammer…“<br />

Zum Ende meiner Erzählung fiel mir der Overall-Träger mit dem aufgesprühten Hakenkreuz<br />

auf, oder besser gesagt sein Bierkonsum. Während wir alle nach einem ersten großen Schluck<br />

aus unseren Bierflaschen in ein gemächlicheres Trinktempo verfallen waren, unsere eigenen<br />

Flaschen noch halbvoll waren, hatte er die seinige schon geleert, stellte sie in den Kasten<br />

zurück und nahm sich eine Neue. Offensichtlich wollte er einen besonders harten Punk<br />

darstellen, dachte wohl durch besonders schnelles Trinken auch besonders schnell<br />

Anerkennung bei uns zu erlangen.<br />

„Ich war auch schon <strong>zwei</strong>mal in Berlin…“, antwortete Chris auf meine Erzählung, „Wir sind<br />

immer nur Transitstrecke, und der Bulle am DDR-<strong>Ein</strong>gang sagte jedesmal man dürfe von der<br />

nicht abweichen…“<br />

„Normal ist datt so, aber wir sind zu einem anderen Grenzübergang als den auf den Hinfahrt<br />

gefahren, Stevie hat dem Vopo irgendwatt erzählt und ihm Geld für so ein Papier gegeben, so<br />

ging datt irgendwie klar, mit Westmark kann man in der DDR echt einiges reißen …“

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