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zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia

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Nicht aus heiterem Himmel<br />

ehemaligen Grenzen hinausgewachsen. Mittlerweile war die Stadtmauer verschwunden, nur dieses<br />

steinerne Tor übriggeblieben. Auch dessen Funktion hatte sich geändert. War es früher noch Teil<br />

eines Schutzwalls gegen ungebetene Besucher gewesen, so stellte es heute nur noch ein Gebäude<br />

dar das ein Zeichen für das Ende der verkehrsberuhigten Fußgängerzone war und es von dem<br />

anschließenden großen Universitätsgelände trennte.<br />

Ständig kamen mir Leute entgegen, entweder <strong>Ein</strong>zelpersonen jeden Alters oder Pärchen die<br />

teilweise von ihren Kindern begleitet wurden. Alle wollten in die Innenstadt, dort entweder langsam<br />

zwischen den endlosen Reihen der Schaufenster spazieren, vor einem Straßencafé sitzend die<br />

Sonnenstrahlen genossen oder einfach nur das verspätet stattfindende Gewerkschaftsfest besuchten.<br />

Bei diesem Gedanken dachte ich wieder an den vor Neonazis warnenden Polizisten. <strong>Ein</strong>e<br />

mögliche Konfrontation zwischen Punks und organisierten Neonazis wäre nicht die erste dieses<br />

Sommers gewesen. Seit Beginn der warmen Jahreszeit hatte fast jedes Wochenende irgendein Stand<br />

einer Nazipartei in der Innenstadt für deren verquere und menschenverachtende Anschauungsweise<br />

geworben und oft war es zwischen Bonner Punks und den rechtsradikalen Aufstellern zu Schlägereien<br />

gekommen. Nicht selten waren sämtliche Punks vom Kaiserplatz gemeinsam dort aufgebrochen und<br />

in die Innenstadt gezogen um Körperkontakte mit Scheitelträgern und Kahlrasierten zu realisieren. Um<br />

ihre Infostände zu schützen hatten die Neonazis in jüngster Vergangenheit auf organisierte Gruppen<br />

aus der ferneren Umgebung zurückgegriffen, bisheriger Höhepunkt war eine Massenschlägerei<br />

zwischen Punks und zum Standschutz angereister Wiking-Jugend auf dem Bonner Münsterplatz<br />

gewesen.<br />

Die gesamte Entwicklung war auch nicht überraschend, nur die Dimension ihrer Auswirkungen<br />

erstaunte mich manchmal. Vor <strong>zwei</strong> Jahren hatte der Anführer der militanten Neonazis Michael<br />

Kühnen Punks zu den größten Feinden aller Nationalisten erklärt, zudem erfolgte kurze Zeit später ein<br />

Aufruf der Neonazipartei FAP und der Wiking-Jugend zur verstärkten Propaganda in Bonn und dem<br />

Rheinland. Die Ernennung zu einem Agitationsschwerpunkt hatte baldige Folgen gehabt. Neben um<br />

die öffentliche Gunst bemühte Flugblattverteiler und Informationsstände ihrer Parteiorganisationen in<br />

der Bonner Innenstadt waren im gesamten Rheinland gewaltbereite Zusammenschlüsse<br />

neonazistischer Jugendlicher entstanden, die Stärke demonstrierend geschlossen in der Öffentlichkeit<br />

aufgetreten waren oder gezielt Jagd auf Punks gemacht hatten.<br />

Nach dem Durchschreiten eines hohen Torbogens bog ich nach rechts ab und betrat einen breiten,<br />

geraden Fußweg neben einem prunkvollen Universitätsgebäude. Hier war ich schon oft entlang<br />

gegangen, denn dieser Weg war einer der kürzesten zu dem am anderen Ende des vielfrequentierten<br />

Fußwegs gelegenen Kaiserplatz. Direkt zu meiner linken befand sich eine fast fußballplatzgroße<br />

Wiese, auf der einige jüngere Menschen lagen und die Sonnenstrahlen des ausklingenden Sommers<br />

genossen. Leicht und luftig bekleidete Menschen schritten neben mir her oder kamen mir entgegen,<br />

bis auf einige wenige langhaarige Studenten nur unauffällig wirkende Bürger. Ihnen gegenüber kam<br />

ich mir mit meinen klobigen Bundeswehrstiefeln, der zerfetzten und von Rissen und Flicken<br />

gekennzeichneten Jeanshose und den über einer grünen Bomberjacke thronenden strubbeligen,

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