zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
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Nicht aus heiterem Himmel<br />
Kaiserplatz sehr früh und wenn dort Menschen sind die gefährlich wirken kann ich mich wieder schnell<br />
und ungesehen verdrücken…“<br />
<strong>Ein</strong>en Entschluss gefasst trank ich die <strong>zwei</strong>te Bierdose leer, warf sie zu Boden und erhob mich.<br />
Obwohl ich etwas Angst in mir verspürte wurde schnell sie von einer ständig wachsenden Neugier<br />
überlagert. Nur wenige Minuten später hatte ich die Fußgängerzone erreicht und ging schnellen<br />
Schrittes Richtung Kaiserplatz. Vergessen war mein noch vor kurzer Zeit empfundener Wunsch nach<br />
Bier. Stattdessen dachte ich an die Möglichkeit einer bösen Überraschung in Form eines Angriffs von<br />
hinten, schaute mich oft prüfend um und blickte in jede noch so kleine Seitenstraße. Aber überall war<br />
nichts Bedrohliches zu erblicken. Sämtliche Menschen wirkten unauffällig und normal, nichts deutete<br />
auf die Anwesenheit von Neonazigruppen hin. Als ich das große Unigebäude hinter mir gelassen hatte<br />
kam der Kaiserplatz in Sicht. Auch hier sah es wie immer aus, nur die Punks am Brunnen fehlten. So<br />
als wäre nichts geschehen bevölkerten viele Leute die Tische der Cafés und am Busbahnhof stand<br />
ordnungsüberwachend ein großer Mannschaftswagen der Polizei.<br />
Neugierig betrat ich den Kaiserplatz und schaute mich um. Nach einigem Suchen entdeckte ich<br />
vier Punks die wie um den Ort einer Niederlage zu meiden im Schatten einer geschlossenen<br />
Verkaufsbude am Rande des Platzes auf dem Boden saßen. Sie dort zu erblicken überraschte mich<br />
nicht, obwohl dort seit über <strong>zwei</strong> Jahren noch nie Punks gesessen hatten, alle immer am Brunnen<br />
oder um eine der früher noch vorhanden gewesenen Sitzbänke versammelt gewesen waren. Heute<br />
war wirklich alles anders.<br />
Wie von einer unsichtbaren Hand geleitet schritt ich schnell auf zu. Es waren drei männliche und<br />
ein weiblicher Punk, von denen ich nur den in der Bonn selbst wohnenden Volker und die Andrea aus<br />
Troisdorf näher kannte. Alle waren auffällig schweigsam, sahen bedrückt aus und aus ihren Blicken<br />
sprach die Erinnerung an ein jüngst erlebtes negatives und einschneidendes Erlebnis. Kurz nickte ich<br />
den beiden Bekannten zum Gruß zu.<br />
„Sind die Faschos weg? Wo ist der Rest von uns?“, platzte es aus mir heraus.<br />
„Die meisten von uns sind wohl zuhause oder sonst wo… Drei Leute liegen im Krankenhaus,<br />
darunter die Flatze… Die ist von den Nazis richtig übel zusammengetreten worden…“, antwortete<br />
Volker mit stockender Stimme auf meine <strong>zwei</strong>te Frage.<br />
<strong>Ein</strong>ige Sekunden bedrückten Schweigens entstanden, die in mir das Gefühl verstärkten, dass<br />
heute etwas Tragendes in der Gruppe der Punks zerbrochen war.<br />
„Die Faschos kommen wohl nicht mehr hierhin…“, kam mir Andrea zur Hilfe. „Die ziehen aber<br />
immer noch in kleinen Gruppen durch die Innenstadt und machen Jagd auf Punks... Du musst also<br />
aufpassen wenn du da lang gehst…“<br />
Ich nickte zustimmend, und nach einer weiteren Minute des Schweigens beschloss ich irgendwie<br />
bis zum zentral gelegenen Berta von Suttner-Platz zu gehen und mir dort ein Taxi zu nehmen. Das mir<br />
im Laufe der letzten Jahre zur <strong>zwei</strong>ten Heimat gewordene Bonn erschien mir plötzlich sehr unattraktiv<br />
und am heutigen Tag zusätzlich noch als zu gefährlich. In diesem Moment wollte ich nichts anderes