Oberschwaben. Eine Region als politische ... - elmarlkuhn.de
Oberschwaben. Eine Region als politische ... - elmarlkuhn.de
Oberschwaben. Eine Region als politische ... - elmarlkuhn.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
nicht nötig, sich zu einem neuen Vereinswesen [...] heranzubil<strong>de</strong>n [...]. Dem Vereine<br />
ist <strong>de</strong>r Oberlän<strong>de</strong>r ohnehin abgeneigt [...], wir können han<strong>de</strong>ln ohne zu<br />
schwätzen“ 124 . Alle diese Vereine wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Restaurationsphase nach 1852<br />
aufgelöst o<strong>de</strong>r lösen sich selber auf.<br />
1848/49 markiert eine mehrfache Zäsur für <strong>Oberschwaben</strong>: Der Bau <strong>de</strong>r Südbahn<br />
reduziert die Entfernungen und erleichtert Kommunikation und Interaktion 125 . Nach<br />
<strong>de</strong>r ‚Bauernbefreiung‛ stabilisiert sich die mittelbäuerliche Agrarstruktur 126 . Die<br />
‚aufgeklärte Staatskirche‛ wird abgelöst durch die ‚ultramontane Papstkirche‛. Die<br />
katholische Lebenswelt verdichtet sich zum katholischen ‚Milieu‛ 127 . Die „vorwiegend<br />
bäuerliche Ablehnung <strong>de</strong>r aufklärerisch-staatskirchlichen Koalition zwischen<br />
Konstanz/Rottenburg und Stuttgart, mo<strong>de</strong>rn organisiert durch junge, ultramontane<br />
Kleriker [...] schuf ein katholisches oberschwäbisches Selbstbewusstsein“ 128 . Das<br />
neue katholische Selbstbewusstsein stärkt das regionale Selbstbewusstsein.<br />
„Deutschland ein wenig, aber vor allem <strong>Oberschwaben</strong> und Österreich hoch!“ ist in<br />
<strong>de</strong>r Revolution die Losung! 129 Aber eine Sezession, die Bildung einer regionalen<br />
<strong>politische</strong>n Einheit, wie sie <strong>de</strong>r Fürst for<strong>de</strong>rt, verlangt kein Redner auf einer<br />
Volksversammlung. Die Ziele <strong>de</strong>r Bürger und Bauern sind die Demokratisierung <strong>de</strong>r<br />
Lan<strong>de</strong>spolitik, die Beseitigung <strong>de</strong>r feudalen Lasten und das groß<strong>de</strong>utsche Reich.<br />
Der katholischen Konfession kann die zentrale Rolle <strong>als</strong> regionaler Integrationsfaktor<br />
erst mit <strong>de</strong>m Sieg <strong>de</strong>s Ultramontanismus zukommen, <strong>de</strong>r Verdrängung <strong>de</strong>r<br />
innerkirchlichen Aufklärung durch einen wie<strong>de</strong>r gefühlsbetonten Glauben, <strong>de</strong>r<br />
Betonung <strong>de</strong>monstrativer Frömmigkeitsformen, <strong>de</strong>r Durchsetzung einer rigi<strong>de</strong>n<br />
Kirchendisziplin in absoluter Unterordnung unter Rom und <strong>de</strong>r Ablehnung staatlicher<br />
Eingriffe unter Einsatz mo<strong>de</strong>rner Mittel wie eines weitgefächerten katholischen<br />
Vereins- und Pressewesens. Der ultramontane Katholizismus eint die <strong>Region</strong> im<br />
Gegensatz zu Stuttgart. Vor <strong>de</strong>r Revolution bleibt <strong>de</strong>r „Katholizismus [...] eine<br />
politisch vielfarbige Erscheinung“ 130 , katholische Abgeordnete fin<strong>de</strong>n sich in allen<br />
<strong>politische</strong>n Gruppierungen, die meisten katholischen Wahlkreise wählen<br />
regierungskonform. Seit <strong>de</strong>n 50er-Jahren wan<strong>de</strong>ln sich aber die katholischen und<br />
damit auch die oberschwäbischen Wahlkreise „von Bastionen <strong>de</strong>r Regierung [...] in<br />
Hochburgen <strong>de</strong>s anti-Staatlichen Protestes“ 131 . Mehrheitlich wählen die<br />
<strong>Oberschwaben</strong> nun Abgeordnete, die sich im Landtag <strong>de</strong>r Fraktion <strong>de</strong>r linksliberalen<br />
Volkspartei anschließen, von <strong>de</strong>ren <strong>de</strong>mokratisch-populistischer Politik sie sich eine<br />
<strong>Oberschwaben</strong> – eine <strong>Region</strong> <strong>als</strong> <strong>politische</strong> Landschaft, … 37/82