Impuls 2007 - iti-germany.de
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„Europäisch kooperieren und produzieren“<br />
Ein weiteres Beispiel: Theaterpartnerschaften.<br />
Die Kulturstiftung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s GL stellt von 2009 bis<br />
2012 fünf Millionen Euro zur Verfügung, um einen<br />
Fonds für Internationale Theaterpartnerschaften einzurichten.<br />
In Gesprächen mit Intendanten und Dramaturgen<br />
wur<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>rholt die Notwendigkeit <strong>de</strong>utlich, die internationale<br />
Zusammenarbeit <strong>de</strong>utscher Theater zu<br />
verstärken. Rund 30 Partnerschaften zwischen einem<br />
<strong>de</strong>utschen und einem ausländischen Theater sollen im<br />
Laufe <strong>de</strong>s Programms geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n - auch hier mit<br />
<strong>de</strong>m Ziel, durch eine längerfristige Zusammenarbeit<br />
über ein Einzelprojekt hinaus wechselse<strong>iti</strong>ge Gastspiele,<br />
aber auch gemeinsame Produktionen zu ermöglichen.<br />
Nur wenige Theater in Deutschland kooperieren<br />
regelmäßig mit ausländischen Theatern, ihnen fehlen<br />
schlicht die zeitlichen und finanziellen Ressourcen. Jenseits<br />
<strong>de</strong>s Festivalbetriebs gibt es kaum Begegnung und<br />
Möglichkeiten, über neue Kooperationen die eigenen<br />
Strukturen, Arbeitsweisen und Stoffe durch <strong>de</strong>n frem<strong>de</strong>n<br />
Blick zu reflektieren.<br />
Die Möglichkeit, sich über projektübergreifen<strong>de</strong> Zusammenarbeit<br />
nicht nur im Ausland zu präsentieren,<br />
son<strong>de</strong>rn auch vom Partner zu lernen, schafft gedankliche<br />
Freiräume und damit vielleicht auch neue Einsichten<br />
nicht nur in die künstlerische Arbeit, son<strong>de</strong>rn<br />
auch in Produktionsweisen.<br />
Wichtig sind dafür sowohl ein genügend langer<br />
Vorlauf, <strong>de</strong>r es <strong>de</strong>n Theatern erlaubt, neue Kontakte zu<br />
knüpfen und Kooperationen auszuloten, als auch eine<br />
Programmdauer, die über zwei bis drei Spielzeiten andauert.<br />
Gefragt sind keine kurzlebigen Projekte, son<strong>de</strong>rn<br />
eine fundierte und tragfähige Kooperation <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen und internationalen Partnertheater.<br />
Als drittes und letztes Beispiel unserer Stiftungs-<br />
För<strong>de</strong>rpol<strong>iti</strong>k internationaler/europäischer Kunst und<br />
Kultur möchte ich nach <strong>de</strong>n von uns im Dialog entwickelten<br />
Programmen ein Projekt aus <strong>de</strong>r antragsoffenen<br />
Projektför<strong>de</strong>rung vorstellen.<br />
Es reflektiert selbst die Frage nach nationaler I<strong>de</strong>ntität<br />
und ihrem Einfluss auf die Kunst: Die Ausstellung<br />
„Ma<strong>de</strong> in Germany“, die <strong>de</strong>rzeit in Hannover an drei<br />
Häusern zu sehen ist. Die Frage „Was eigentlich ist<br />
<strong>de</strong>utsche Kunst?“ wird in Hannover so beantwortet:<br />
Nationale I<strong>de</strong>ntität ist in einer globalisierten Kunstwelt<br />
eine fragwürdige Kategorie.<br />
Konsequent zeigt daher die Ausstellung auch nicht<br />
„<strong>de</strong>utsche Kunst“ geschaffen von <strong>de</strong>utschen Künstlerinnen<br />
und Künstlern. Vielmehr halten die Kuratoren<br />
<strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>r Nationalität <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s Produktionsortes<br />
entgegen und zeigen Arbeiten internationaler<br />
Künstler, die in Deutschland (zeitweise) leben: Ma<strong>de</strong> in<br />
Germany. Ulrike Groos verweist quasi als Fazit aus diesem<br />
Ansatz in ihrem Katalogbeitrag darauf, dass weniger<br />
die Künstler selbst zum internationalen Austausch<br />
„aufgefor<strong>de</strong>rt“/geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n müssen. Vielmehr bestehe<br />
ein För<strong>de</strong>rbedarf zu internationalen Vernetzung<br />
und Austausch bei <strong>de</strong>n Institutionen, die Kunst präsentieren<br />
sowie bei <strong>de</strong>nen, die Künstler ausbil<strong>de</strong>n.<br />
Am Beispiel „Ma<strong>de</strong> in Germany“ wird <strong>de</strong>utlich, dass<br />
europäischer und internationaler Austausch nicht dazu<br />
taugen, nationale Eigenheiten und Charakteristika in<br />
<strong>de</strong>r Kunst zu bestimmen. Der Kunstbetrieb ist international.<br />
Wie also pos<strong>iti</strong>oniert man sich als För<strong>de</strong>rer im europäischen<br />
Kontext?<br />
Der Notwendigkeit, Strukturen zu schaffen, steht<br />
die weit verbreitete Form <strong>de</strong>r Einzelprojektför<strong>de</strong>rung<br />
gegenüber. Damit diese nicht gleichbe<strong>de</strong>utend ist mit<br />
vereinzelten Ereignissen und Diskontinuität, muss sie<br />
eingebettet sein in ein Gesamtkonzept,<br />
das man auch Rolle <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rer<br />
das Profil <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rers nennen<br />
kann. Im Profil muss sichtbar wer<strong>de</strong>n, welche<br />
Kulturlandschaft <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rer ermöglichen und<br />
schaffen will. Und es muss <strong>de</strong>utlich sein, welchen Weg<br />
er dafür wählt. Da er nicht alleine steht, sollte das Profil<br />
<strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rers darüber hinaus nicht nur unterscheidbar,<br />
son<strong>de</strong>rn auch kompatibel mit <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>rer För<strong>de</strong>rer<br />
sein. Nur in einer sich ergänzen<strong>de</strong>n För<strong>de</strong>rlandschaft<br />
können Nischen erhalten, aber auch große Würfe realisiert<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Kulturstiftung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s GL bil<strong>de</strong>t mit ihren För<strong>de</strong>rinstrumenten<br />
von Offener Projektför<strong>de</strong>rung, mehrjährigen<br />
Programmen und aufspüren<strong>de</strong>n In<strong>iti</strong>ativprojekten<br />
nicht nur <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen, son<strong>de</strong>rn auch einen<br />
internationalen För<strong>de</strong>rbedarf ab.<br />
Sie braucht dabei nationale und internationale Partner<br />
in <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn, vor Ort, damit Kompetenzen und<br />
finanzielle Ressourcen fruchtbringend Kunst ermöglichen.<br />
Was treibt uns um, wenn wir auf Europa schauen?<br />
Letztlich sind wir möglicherweise auf <strong>de</strong>r Suche<br />
nach <strong>de</strong>m Eigenen, das erst im Kontakt mit <strong>de</strong>m Frem<strong>de</strong>n<br />
spürbar wird. Die viel beschworene Vielfalt und<br />
Unverwechselbarkeit <strong>de</strong>r Nationalitäten, die es im geeinten<br />
Europa zu bewahren gilt, ist eine Hypothese, die<br />
wir jenseits von Folklore im künstlerischen Austausch,<br />
in Kooperationen und Projekten geprüft sehen wollen.<br />
Die Neugier und <strong>de</strong>n Ent<strong>de</strong>ckermut <strong>de</strong>r Künstler,<br />
Wissenschaftler und Kunstvermittler gilt es zu för<strong>de</strong>rn,<br />
<strong>de</strong>nn sie sind es, die mit neuen Einsichten nach Hause<br />
kommen, um uns davon zu erzählen.<br />
Und vielleicht können wir als För<strong>de</strong>rer dann mit diesem<br />
Ent<strong>de</strong>ckermut <strong>de</strong>r Künstler auch besser mit ihrer<br />
Antragstellung leben, als es viele unserer Regularien<br />
<strong>de</strong>rzeit erlauben.<br />
Gregor Schnei<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> anlässlich seiner Installation<br />
<strong>de</strong>s schwarzen Kubus‘ kürzlich in Hamburg gefragt,<br />
was <strong>de</strong>r Kubus für ihn <strong>de</strong>nn sei. Seine Antwort lautete:<br />
„Wür<strong>de</strong> ich wissen, was mich beschäftigt, müsste ich<br />
ihn gar nicht erst bauen. Ich kann doch nicht schneller<br />
sein, als die Arbeit“.<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
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