Impuls 2007 - iti-germany.de
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„Europäisch kooperieren und produzieren“<br />
chen, die ja dadurch überwun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Und es ist<br />
doch interessant, wenn ein Stück von, sagen wir Schimmelpfennig,<br />
an drei Theatern gleichze<strong>iti</strong>g gespielt wird<br />
– in Frankreich, England und Deutschland - als zeitgleihervorbringt.<br />
Ich bin übrigens nicht <strong>de</strong>r Auffassung,<br />
che Uraufführung, um in Europa<br />
EU-Kulturpol<strong>iti</strong>k einen Dialog darüber anzuregen,<br />
was neue dramatische Literatur<br />
dass es jetzt schon wie<strong>de</strong>r darum gehen soll, für die<br />
Darstellung europäischer Kultur im außereuropäischen<br />
Raum zu produzieren. Ich habe <strong>de</strong>n Eindruck,<br />
wir befin<strong>de</strong>n uns im Moment schon in einem Defizit innerhalb<br />
Europas. Gera<strong>de</strong> wenn Sie das Radio nennen,<br />
„Krisenradio“ ist so ein beliebter Begriff. Wir sen<strong>de</strong>n in<br />
pol<strong>iti</strong>sche Krisengebiete außerhalb Europas. Ich fin<strong>de</strong><br />
das alles richtig, aber das darf nicht dazu führen, dass<br />
wir <strong>de</strong>n innereuropäischen Kulturdialog vernachlässigen,<br />
was zu einem Teil geschieht. Es fühlt sich nämlich keiner<br />
mehr so richtig zuständig. Das Auswärtige Amt sagt,<br />
dass es keine richtige auswärtige Pol<strong>iti</strong>k mehr sei. Es sei<br />
europäische Pol<strong>iti</strong>k und Europa gehöre immer mehr zur<br />
Innenpol<strong>iti</strong>k. Und in Europa ist letztlich auch keiner da,<br />
<strong>de</strong>r das ersetzt, so dass die Frage auftaucht: Wer ist <strong>de</strong>nn<br />
jetzt eigentlich für <strong>de</strong>n europäischen Dialog zuständig?<br />
Die Auswärtigen Ämter, die Europäische Union o<strong>de</strong>r gibt<br />
es sonst irgendjeman<strong>de</strong>n? Ich glaube, wir sollten <strong>de</strong>n<br />
europäischen Dialog in <strong>de</strong>r ganzen Debatte darüber, inwieweit<br />
sich Europa im außereuropäischen Ausland mit<br />
seiner Kunst und Kultur präsentiert, nicht aus <strong>de</strong>n Augen<br />
verlieren.<br />
Heun:<br />
Ich möchte gern Daphne Tepper, die jetzt viel über<br />
die verschie<strong>de</strong>nen Ebenen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Kulturpol<strong>iti</strong>k<br />
und ihr Verhältnis zu Europa sowie zu Strategien <strong>de</strong>r<br />
europäischen Kulturför<strong>de</strong>rung gehört hat, noch einmal<br />
zu Wort kommen lassen. Mich interessiert, wie Sie als<br />
jemand, <strong>de</strong>r von draußen kommt, diese Situation betrachten<br />
und ob Sie eine zün<strong>de</strong>n<strong>de</strong> I<strong>de</strong>e haben, wie<br />
wir <strong>de</strong>n Karren, <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Ebenen <strong>de</strong>r<br />
öffentlichen Kulturverwaltung parkt, in Gang kriegen<br />
können.<br />
Tepper:<br />
Ich weiß nicht, ob es wirklich meine Aufgabe ist,<br />
Ihnen zu sagen, was ich über die <strong>de</strong>utsche Situation<br />
<strong>de</strong>nke, die sehr komplex ist, so wie die Situation in an<strong>de</strong>ren<br />
Mitgliedsstaaten auch. Ich bin noch nicht einmal<br />
sicher, ob die Lösung darin besteht, auf EU-Ebene finanziell<br />
zu för<strong>de</strong>rn. Im kulturellen Bereich unterliegen<br />
die Verantwortlichkeiten <strong>de</strong>m Subsidiaritätsprinzip GL ,<br />
das müssen wir immer im Kopf behalten. Es han<strong>de</strong>lt<br />
sich um eine komplementäre, eine unterstützen<strong>de</strong> Verantwortlichkeit,<br />
obgleich das Subsidiaritätsprinzip GL<br />
überdacht wor<strong>de</strong>n ist. Es gibt auf EU-Ebene eine kulturelle<br />
Lobby, die nun schon seit Jahren dafür plädiert,<br />
das Thema ‚Kultur’ auf die europäische Tagesordnung<br />
zu setzen.<br />
Deshalb schlägt nun auch die Mitteilung zur Kulturagenda<br />
GL die offene Koordinierungsmetho<strong>de</strong> GL vor,<br />
die das Subsidiaritätsprinzip GL zwar nicht umgeht, <strong>de</strong>r<br />
Europäischen Kommission, <strong>de</strong>r Europäischen Union<br />
aber erlaubt, in einigen Bereichen <strong>de</strong>r kulturellen Richt-<br />
linien mitzumischen, was sonst auf strikt legaler Ebene<br />
nicht möglich wäre.<br />
Ich <strong>de</strong>nke, dass die offene Koordinierungsmetho<strong>de</strong><br />
GL ein adäquates Mittel sein kann, um die<br />
unterschiedlichen Problemstellungen, die so spezifisch<br />
mit <strong>de</strong>r nationalen Situation und <strong>de</strong>m nationalen<br />
Rechtssystem zusammenhängen, anzugehen.<br />
Ich <strong>de</strong>nke hier etwa an <strong>de</strong>n sozialen Status <strong>de</strong>r Künstler<br />
o<strong>de</strong>r die Mobilitätsbeschränkungen.<br />
Es bleibt allerdings abzuwarten, wie Deutschland<br />
diesen Vorschlag aufnehmen wird, da Deutschland trad<strong>iti</strong>onell<br />
<strong>de</strong>r offenen Koordinierungsmetho<strong>de</strong> GL eher<br />
abgeneigt ist.<br />
Aber ich <strong>de</strong>nke, es ist die Aufgabe <strong>de</strong>r kulturellen<br />
Lobby und <strong>de</strong>r kulturellen Plattformen in Europa,<br />
dieses Pionierprojekt voranzubringen und Aktionen<br />
<strong>de</strong>r Mitgliedsstaaten auf EU-Level zu koordinieren.<br />
Und es ist die Aufgabe <strong>de</strong>r zivilgesellschaftlichen Organisationen<br />
sicherzustellen, dass mit <strong>de</strong>r offenen Koordinierungsmetho<strong>de</strong><br />
GL die richtigen Debatten geführt und<br />
die richtigen Probleme angegangen wer<strong>de</strong>n, damit all<br />
die sensiblen pol<strong>iti</strong>schen Themen, wie etwa <strong>de</strong>r Status<br />
<strong>de</strong>r Künstler, die üblicherweise nicht diskutiert wer<strong>de</strong>n,<br />
von <strong>de</strong>n Mitgliedsstaaten angesprochen wer<strong>de</strong>n. Das<br />
ist das Ziel <strong>de</strong>r offenen Koordinierungsmetho<strong>de</strong> GL .<br />
Ich <strong>de</strong>nke, es ist wirklich wichtig, dass Berichte veröffentlicht<br />
wer<strong>de</strong>n, die zeigen, dass es sich um eine<br />
transparente Metho<strong>de</strong> han<strong>de</strong>lt und dass die Akteure<br />
<strong>de</strong>r Zivilgesellschaft Gelegenheit haben, an diesem Prozess<br />
teilzunehmen und ihre eigenen Ziele zur Tagesordnung<br />
zu bringen.<br />
Heun:<br />
Mir ist schon vor Beginn <strong>de</strong>r Diskussion bewusst gewesen,<br />
dass es sehr komplex und schwierig sein wird,<br />
konkrete Lösungsvorschläge für die angesprochenen<br />
Themen zu entwickeln. Ich möchte jetzt gern das Panel<br />
für Ihre Fragen und Anregungen öffnen, die besprochenen<br />
Themenschwerpunkte in die Run<strong>de</strong> werfen und<br />
Sie auch gern auffor<strong>de</strong>rn, zün<strong>de</strong>n<strong>de</strong> I<strong>de</strong>en zu formulieren,<br />
wie wir <strong>de</strong>r Kultur in Deutschland und in Europa<br />
noch auf die Sprünge helfen können.<br />
Bertram Müller:<br />
Ich wür<strong>de</strong> gern ausführlicher darüber diskutieren,<br />
wie das Argument <strong>de</strong>r Kulturwirtschaft helfen kann,<br />
manche Probleme finanzieller Art zu lösen. Natürlich<br />
ist diese Argumentation kränkend und in je<strong>de</strong>r Hinsicht<br />
problematisch, aber sie ist sicher<br />
hilfreich, <strong>de</strong>r EU und <strong>de</strong>r Pol<strong>iti</strong>k zu Kulturwirtschaft<br />
zeigen, wie unlogisch sie in ihrem<br />
Verfahren sind. Wir haben öfter gehört, dass Europa<br />
in <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>r Globalisierung ein<br />
Alleinstellungsmerkmal ganz beson<strong>de</strong>rer Art hat: Es ist<br />
eine Kulturregion, und diese Kultur ist es, was Europa<br />
zu etwas Beson<strong>de</strong>rem macht. An<strong>de</strong>rerseits för<strong>de</strong>rt die<br />
EU, und das ist völlig unlogisch für ein wirtschaftliches<br />
Unternehmen, wie es die EU auch ist, dieses Alleinstellungsmerkmal<br />
nicht o<strong>de</strong>r nur in geringem Maße. Die<br />
Zahlen sind ein<strong>de</strong>utig. In Deutschland allein wer<strong>de</strong>n<br />
nur 7 Milliar<strong>de</strong>n Euro für Kulturför<strong>de</strong>rung ausgegeben,<br />
obwohl die Kulturindustrie 70 Milliar<strong>de</strong>n, die Kreativitätsindustrie<br />
180 Milliar<strong>de</strong>n erwirtschaftet. Das heißt,<br />
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