Impuls 2007 - iti-germany.de
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lang es, nicht nur die Belgra<strong>de</strong>r Lokalpol<strong>iti</strong>k, son<strong>de</strong>rn die<br />
offizielle serbische Pol<strong>iti</strong>k und pol<strong>iti</strong>sche Vertreter aller<br />
Balkanlän<strong>de</strong>r an einen Tisch zu bekommen. Das klingt<br />
sehr harmlos, war aber ein extrem schwieriger Prozess.<br />
In einer sehr offenen Diskussion über Chancen von Zivilgesellschaft,<br />
sprich Kunst und Kultur, – die durch die<br />
Anwesenheit von Europapol<strong>iti</strong>kern erst möglich wur<strong>de</strong><br />
– konnte bei <strong>de</strong>n Zuhörern in Serbien ein Denkprozess<br />
angeregt und eine Aktivität ermöglicht wer<strong>de</strong>n, die bereits<br />
jetzt Früchte trägt. Es ist sozusagen <strong>de</strong>r Dialog „Zivilgesellschaft<br />
und Pol<strong>iti</strong>k“, <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> an Stellen, wo<br />
es bisher un<strong>de</strong>nkbar war, sehr viel bewirkt, und ich bin<br />
überzeugt davon, dass auch bei uns diese Wirksamkeit<br />
noch viel zu wenig genutzt wird. Das ist die eigentliche<br />
Hauptzielrichtung: die Zivilgesellschaft in die<br />
Verantwortung zu bringen, um mit dieser Kraft die<br />
Pol<strong>iti</strong>k in Europa hin zu einer kulturellen Pol<strong>iti</strong>k, zu einer<br />
pol<strong>iti</strong>schen Kultur zu bringen. Das ist <strong>de</strong>r Hauptansatz,<br />
hier liegt <strong>de</strong>r Schwerpunkt <strong>de</strong>r Aktivitäten.<br />
Schnei<strong>de</strong>r:<br />
Wenn ich noch einmal nachfragen darf: Welche<br />
konkreten Ziele verfolgen Sie? Welche Strukturen sollen<br />
entstehen? Vielleicht können Sie das noch einmal<br />
pointieren.<br />
Kulturpol<strong>iti</strong>sche<br />
Netzwerke<br />
In<strong>iti</strong>ative „Europa eine<br />
Seele geben“<br />
Hertling:<br />
Im Prinzip kann ich nur wie<strong>de</strong>rholen:<br />
Unser Ziel ist es, <strong>de</strong>m<br />
Selbstbewusstsein <strong>de</strong>r Zivilgesellschaft<br />
eine Plattform zu ge-<br />
ben und es im pol<strong>iti</strong>schen Prozess zu stärken. In <strong>de</strong>r<br />
letzten Konferenz, die diese In<strong>iti</strong>ative im November<br />
2008 plant, sollen <strong>de</strong>r nationalen und europäischen<br />
Pol<strong>iti</strong>k zwei so genannte Weißbücher GL übergeben wer<strong>de</strong>n,<br />
um anhand zahlreicher Belege konkret zu zeigen,<br />
wie kulturelle und künstlerische Prozesse Strukturen in<br />
Europa beeinflussen und verän<strong>de</strong>rn können. Daran<br />
arbeitet kontinuierlich eine große Arbeitsgruppe. Die<br />
an<strong>de</strong>re I<strong>de</strong>e, mit <strong>de</strong>r diese zivilgesellschaftliche Kraft<br />
bewiesen wer<strong>de</strong>n kann und soll, beschäftigt sich mit<br />
<strong>de</strong>m Thema Städte und Regionen. Es geht darum,<br />
in Städten und Regionen das Bewusstsein dafür zu<br />
schärfen, dass dort die europäische Kultur entsteht<br />
und <strong>de</strong>mzufolge dort die Verantwortung für europäische<br />
Kultur wachsen muss. Auch hier gibt es sehr<br />
konkrete Arbeitsschritte mit vielen Partnern quer durch<br />
Europa bis nach Istanbul. Wir gehen hier sogar so weit<br />
zu sagen, dass Istanbul ein Mo<strong>de</strong>ll für ein zukünftiges<br />
Europa sein könnte. Bei <strong>de</strong>r Bewerbung Istanbuls um<br />
die Kulturhauptstadt Europas 2010 ist es <strong>de</strong>r Zivilgesellschaft<br />
gelungen, <strong>de</strong>n Zuschlag zu bekommen, gera<strong>de</strong><br />
weil keine kulturpol<strong>iti</strong>schen Strukturen in <strong>de</strong>r Stadt existierten<br />
und eine breite Kooperation daher nicht erst<br />
bereits bestehen<strong>de</strong> Strukturen zu überwin<strong>de</strong>n hatte.<br />
Das kann als Mo<strong>de</strong>ll dafür stehen, wie zivile Kraft außerhalb<br />
von festgelegten Strukturen etwas erreichen kann.<br />
Und eine Stadt wie Istanbul könnte hier in <strong>de</strong>r Tat zu<br />
einem Mo<strong>de</strong>ll für Europa wer<strong>de</strong>n.<br />
Mobilität<br />
Noch ein Wort zur Mobilität,<br />
einem Thema, mit <strong>de</strong>m wir uns<br />
sehr entschie<strong>de</strong>n auseinan<strong>de</strong>rsetzen,<br />
auch in Kontakten zu <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Kommissionen<br />
in Brüssel. Es geht dabei nicht nur um Reise-<br />
mittel, es geht auch um sehr praktische Fragen, wie<br />
z.B. die Visa-Beschaffung. Wir kämpfen mit <strong>de</strong>m Stability<br />
Pact GL , mit Kommissar Olli Rehn* für eine Verbesserung<br />
dieser Situation, die ich an einem Beispiel noch<br />
einmal illustrieren möchte. Auf unserem Forum in Belgrad<br />
konnten Referenten und Teilnehmer nicht erscheinen,<br />
weil sie in letzter Sekun<strong>de</strong> kein Visum bekommen<br />
hatten. Die Tatsache, dass Bulgarien und Rumänien<br />
jetzt EU-Mitglie<strong>de</strong>r sind, hat eine neue Grenze mit einer<br />
neuen Visa-Frage östlich von Bulgarien und Rumänien<br />
geschaffen und damit Kontakte abgeschnitten, die<br />
über Jahre gut funktioniert haben. Dazu kommt in dieser<br />
Region die Problematik <strong>de</strong>r europäischen Budgets,<br />
die entwe<strong>de</strong>r für EU-Mitglie<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Nicht-Mitglie<strong>de</strong>r<br />
gedacht sind, und merging funds sind auf bei<strong>de</strong>n Seiten<br />
ganz schwierig zu organisieren. Es entsteht also eine<br />
neue Abschottung in eine Richtung, in <strong>de</strong>r wir sie absolut<br />
nicht erwartet haben. Auch so konkrete Fragen<br />
gehören zum Thema Mobilität, und hier nutzen wir<br />
ebenfalls unsere Kontakte über das Steering Committee<br />
GL , um diese Frage sehr direkt anzugehen und eine<br />
Lösung zu fin<strong>de</strong>n.<br />
Schnei<strong>de</strong>r:<br />
Ich glaube, es ist wichtig, dass man immer wie<strong>de</strong>r<br />
darauf hinweist, dass Europa nicht die Europäische Union<br />
allein ist. Europa ist auch nicht ein Staatengebil<strong>de</strong>,<br />
son<strong>de</strong>rn Europa sind natürlich die Europäer. Vor zwei<br />
Wochen lud die Kulturpol<strong>iti</strong>sche Gesellschaft GL zum 4.<br />
Kulturpol<strong>iti</strong>schen Bun<strong>de</strong>skongress GL „kultur.macht.europa<br />
– europa.macht.kultur“ GL ein und entwickelte vor<br />
<strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r Ergebnisse dieser Veranstaltung<br />
ein Papier mit <strong>de</strong>zidierten For<strong>de</strong>rungen in Bezug auf<br />
unser Feld, die darstellen<strong>de</strong>n Künste in Europa. Herr<br />
Sievers, wenn Sie <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>skongress GL in Bezug zu<br />
unser Problematik hier bringen – welche Punkte wür-<br />
<strong>de</strong>n Sie benennen?<br />
Sievers:<br />
Die Kulturpol<strong>iti</strong>sche Gesellschaft<br />
GL ist eine Vereinigung,<br />
Kulturpol<strong>iti</strong>sche<br />
Netzwerke<br />
Bsp. Kulturpol<strong>iti</strong>sche<br />
Gesellschaft<br />
die aus Einzelpersonen besteht, im Unterschied zu an<strong>de</strong>ren<br />
Verbän<strong>de</strong>n, die in unterschiedlichsten Pos<strong>iti</strong>onen<br />
an <strong>de</strong>n unterschiedlichsten Knotenpunkten dieses sehr<br />
komplizierten Netzwerkes ‚Kulturpol<strong>iti</strong>k’ in Deutschland<br />
aktiv sind. Ich weiß nicht, ob es in Europa eine vergleichbare<br />
Organisation gibt, bislang bin ich noch auf<br />
keine gestoßen, aber durch diese Beson<strong>de</strong>rheit haben<br />
wir auch die Möglichkeit, bestimmte Themen zu setzen<br />
und in <strong>de</strong>n Köpfen und im Bewusstsein von Menschen<br />
zu verankern. Das versuchen wir mit unterschiedlichen<br />
Mitteln zu erreichen, z.B. durch Tagungen, Konferenzen,<br />
aber auch durch unsere Zeitschrift „Kulturpol<strong>iti</strong>sche<br />
Mitteilungen“, durch Bücher, Publikationen usw.<br />
Denn Kulturpol<strong>iti</strong>k wird letztlich in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nsten<br />
Organisationen von Menschen gemacht. Das vielleicht<br />
als Vorbemerkung. Die internationale Orientierung ist<br />
im Übrigen bei uns schon seit 30 Jahren präsent. Das<br />
steht schon in <strong>de</strong>r Grundsatzerklärung. Kulturpol<strong>iti</strong>k<br />
ist grundsätzlich immer international auszurichten.<br />
Als wir uns in <strong>de</strong>r Kulturpol<strong>iti</strong>schen Gesellschaft GL im<br />
* Olli Rehn, finnischer Pol<strong>iti</strong>ker und EU-Erweiterungskommissar in <strong>de</strong>r Kommission<br />
von José Manuel Durão Barroso<br />
Die Pol<strong>iti</strong>schen Debatten<br />
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