Impuls 2007 - iti-germany.de
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„Europäisch kooperieren und produzieren“<br />
Entschuldigung, aber das muss ich so <strong>de</strong>utlich sagen.<br />
Auslän<strong>de</strong>rsteuer ist immer wie<strong>de</strong>r ein Thema, das<br />
man gern anmerkt, aber keiner reagiert – ich sag’s aber<br />
trotz<strong>de</strong>m wie<strong>de</strong>r.<br />
Die Stärkung und <strong>de</strong>r Aufbau von Produktionshäusern<br />
ist eine Selbstverständlichkeit, weil das allen<br />
Künstlern hilft. Das hat Thomas Lehmen heute sehr<br />
<strong>de</strong>utlich gesagt und ich kann das aus unserer Sicht nur<br />
unterstützen. Es hat nicht je<strong>de</strong>r die Möglichkeit, die<br />
Kraft und die Energie, so etwas selber aufzubauen, so<br />
wie wir das gemacht haben, und ich bin froh, dass wir<br />
das überhaupt noch tun können.<br />
Projektför<strong>de</strong>rung vs.<br />
Institutionelle För<strong>de</strong>rung<br />
Häuser aus finanzieller Sicht<br />
nicht generell wichtig. Es ist ein Zusammentreffen von<br />
Partnern. So etwas begrün<strong>de</strong>t sich darauf, dass man<br />
gemeinsame Interessen verfolgt, die nicht nur in finanzieller<br />
Hinsicht bestehen. Man muss auch wirklich an<br />
<strong>de</strong>m Künstler, <strong>de</strong>m Ensemble und <strong>de</strong>r künstlerischen<br />
Arbeit interessiert sein. Aus Sicht <strong>de</strong>r Künstler muss<br />
man <strong>de</strong>m Koproduzenten vertrauen können, d.h. wenn<br />
Absprachen getroffen wer<strong>de</strong>n, muss man sich darauf<br />
verlassen können, dass diese auch wirklich eingehalten<br />
wer<strong>de</strong>n und dass <strong>de</strong>r Koproduzent einem <strong>de</strong>n Rücken<br />
stärkt. Das ist vielleicht die konservative Vorstellung von<br />
einem guten Intendanten: Auch wenn die Premiere<br />
kein Erfolg ist, steht er trotz<strong>de</strong>m hinter <strong>de</strong>m Ensemble.<br />
Das halte ich nach wie vor für gültig.<br />
Projektför<strong>de</strong>rung vs.<br />
Institutionelle För<strong>de</strong>rung<br />
Koproduktionen sind<br />
für Künstler und auch für die<br />
Ein großes Problem ist das<br />
kurzfristige För<strong>de</strong>rn, das immer<br />
mehr Einzug hält. Man<br />
bekommt schnell Projektgel<strong>de</strong>r, die man in kürzester<br />
Zeit für unsinnige, spekulative Verträge und Kostenvoranschläge<br />
ausgeben muss, und eigentlich könnte<br />
man dieses Geld viel langfristiger anlegen und damit<br />
die wirkliche Arbeit längerfristig unterstützen. Das<br />
wür<strong>de</strong> bei<strong>de</strong>n Seiten nützen und wäre viel rentabler für<br />
die künstlerische Arbeit und die Aufführung selber.<br />
Wenn man nun fragt, was sich ein Künstler<br />
wünscht…<br />
Wenn es um Geld geht, wäre ich schon zufrie<strong>de</strong>n,<br />
wenn man zehn Prozent <strong>de</strong>r Agrarsubventionen in die<br />
Kultur stecken wür<strong>de</strong>; das wäre wirklich ein ernst zu<br />
nehmen<strong>de</strong>r Vorschlag, und von da aus könnte man<br />
dann weiter diskutieren.<br />
Freundt:<br />
Ich möchte die an<strong>de</strong>re Seite <strong>de</strong>s Produktionsprozesses,<br />
<strong>de</strong>n Produzenten, ansprechen. Hanns-Dietrich<br />
Schmidt von „Ruhr 2010 – Kulturhauptstadt Europas“<br />
ist bei uns. Die Kulturhauptstädte agieren ja auch als<br />
Produzenten mit beträchtlichem Potential.<br />
Schmidt:<br />
Ja, ich möchte Ihr Augenmerk, wenn wir über „Europäisch<br />
koproduzieren“ re<strong>de</strong>n, natürlich auch auf das<br />
Projekt „Kulturhauptstadt“ lenken. Seit seiner Gründung<br />
1985 hat sich dieses Projekt sehr stark gewan<strong>de</strong>lt. Am<br />
Anfang waren es Städte wie Athen, Berlin und Amsterdam.<br />
Die haben gemacht, was sie ohnehin machten<br />
- mit ein bisschen mehr Geld. Entschuldigung.<br />
Aber allein die Tatsache, dass Deutschland 2010<br />
durch das Ruhrgebiet vertreten wird, zeigt schon, dass<br />
es da eine starke Verän<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r Konzeption gegeben<br />
hat. Und es ist natürlich<br />
nicht nur das Ruhrgebiet, es<br />
Kulturför<strong>de</strong>rung<br />
sind auch Städte wie Stavanger, Liverpool und Linz, die<br />
in Zukunft Kulturhauptstädte sein wer<strong>de</strong>n. Das zeigt,<br />
dass die Konzeptionen <strong>de</strong>r Kulturhauptstädte viel pol<strong>iti</strong>scher,<br />
viel problemorientierter gewor<strong>de</strong>n sind; dass es<br />
nicht mehr darum geht, ein auf ein Jahr aufgeblasenes<br />
Festival zu zeigen, son<strong>de</strong>rn dass neue Themenbereiche<br />
dazugekommen sind, die auch für Sie als Produzenten<br />
neue Fragestellungen beinhalten. Ich nenne drei Bereiche:<br />
Das ist zunächst<br />
einmal <strong>de</strong>r Bereich<br />
Thematische Schwerpunkte vs.<br />
Urbanität/Stadtent-<br />
Freie För<strong>de</strong>rung<br />
wicklung, Bereich zwei: Migration, Bereich drei: Kreativwirtschaft.<br />
Das geht natürlich weg von <strong>de</strong>n klassischen<br />
Theaterstrukturen, aber es for<strong>de</strong>rt Sie als Produzenten<br />
vor Ort auf, auch an<strong>de</strong>re und neue I<strong>de</strong>en zu<br />
entwickeln, die sehr spezifisch mit <strong>de</strong>r Konzeption <strong>de</strong>r<br />
einzelnen Kulturhauptstädte zu tun haben.<br />
Die Kulturhauptstädte, die bereits nominiert sind<br />
– das geht bis 2012 – sind untereinan<strong>de</strong>r sehr gut vernetzt.<br />
Wir kommunizieren darüber, was es an Projekten<br />
gibt und an internationalen Projekten auch weiterhin<br />
geben sollte. Wir sind da überhaupt nicht zu, man kann<br />
durchaus noch mit I<strong>de</strong>en, mit Projekten bei uns andocken.<br />
Aber niemand macht mehr einen „Call-for-Projects“,<br />
<strong>de</strong>nn da wird man erst mal mit Projekten zugeschüttet,<br />
die irgendjemand schon immer mal machen<br />
wollte. Allein bei uns in Essen wur<strong>de</strong>n über 650 Projekte<br />
eingereicht, <strong>de</strong>nen man anmerkte, dass da einer ein uraltes<br />
Ding leicht umgeföhnt hatte und nun versuchte,<br />
uns das zu zeigen. Ich fin<strong>de</strong> es wichtig, dass sich die<br />
Produzenten wirklich mit <strong>de</strong>r Konzeption beschäftigen,<br />
mit <strong>de</strong>m Inhalt <strong>de</strong>r einzelnen Kulturhauptstädte.<br />
Ich nehme aus dieser Run<strong>de</strong> mit, dass wir die Aufgabe<br />
haben, in einem Forum, sei es im Internet, die<br />
Schwerpunkte <strong>de</strong>r einzelnen Kulturhauptstädte noch<br />
<strong>de</strong>utlicher zu machen; damit auch Sie als Produzenten<br />
wissen, worum es uns geht. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite ist<br />
es auch so, wenn Sie neu <strong>de</strong>nken, weggehen aus <strong>de</strong>n<br />
Theaterräumen, hin<strong>de</strong>nken zu Cross-Over-Projekten,<br />
haben Sie durchaus noch Chancen, in diesen brummen<strong>de</strong>n<br />
Städten, diesen brummen<strong>de</strong>n Regionen in Europa,<br />
die sich mit Kultur beschäftigen, wo produziert<br />
wird, anzudocken.<br />
Ein zweiter Punkt, <strong>de</strong>n ich noch ganz kurz erwähnen<br />
möchte: Durch die gestiegene Wichtigkeit <strong>de</strong>r Kulturhauptstadt<br />
gibt es auch in <strong>de</strong>n einzelnen Län<strong>de</strong>rn,<br />
die die Kulturhauptstädte in Zukunft stellen, ganz harte<br />
nationale Ausscheidungen. Das war in Deutschland genauso<br />
<strong>de</strong>r Fall. Und auch da, in <strong>de</strong>n einzelnen Städten,<br />
<strong>de</strong>n einzelnen Län<strong>de</strong>rn, wer<strong>de</strong>n verstärkt europäische<br />
Partner gesucht, um sich in diesem Bewerbungsprozess<br />
besser zu platzieren. Das wird in Zukunft Polen, Frankreich,<br />
Spanien und die Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong> betreffen. Auch da<br />
gibt es einzelne Städte, die Koproduzenten suchen, um<br />
sich in diesem Bewerbungsprozess national besser zu<br />
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