Impuls 2007 - iti-germany.de
Impuls 2007 - iti-germany.de
Impuls 2007 - iti-germany.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Panel:<br />
„För<strong>de</strong>rer, Projektin<strong>iti</strong>atoren und Netzwerke –<br />
Wer setzt die <strong>Impuls</strong>e?“<br />
Mary Ann DeVlieg (General Secretary IETM GL , Brüssel),<br />
Martin Berg (Leiter Abteilung Tanz / Theater Goethe-<br />
Institut GL ), Georg Schwarz (Projektmanager Allianz<br />
Kulturstiftung GL , München), Bertram Müller (Künstlerischer<br />
Leiter tanzhaus nrw, Düsseldorf),<br />
Flóra Tálasi (Projektleiterin „Bipolar“ <strong>de</strong>r Kulturstiftung<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s GL , Berlin)<br />
Mo<strong>de</strong>ration: Bettina Milz (Dramaturgin, Stuttgart)<br />
Milz:<br />
In dieser Diskussionsrun<strong>de</strong> sollen nun die Kunstermöglicher<br />
zu Wort kommen,<br />
Kommunikation<br />
die in ihren sehr unterschiedlichen<br />
Kulturinstitutionen in <strong>de</strong>r<br />
zwischen Künstlern<br />
und För<strong>de</strong>rern<br />
Verantwortung sind, Künstler<br />
auszuwählen, künstlerische Projekte zu ermöglichen<br />
und als Produzenten und Veranstalter eine Verantwortung<br />
für diese Produktionen übernehmen. Wir wollen<br />
uns hier mit <strong>de</strong>r Frage beschäftigen, wie heute Koproduktionen<br />
entstehen können, welche Bedingungen<br />
sie brauchen und welche Formen von Netzwerken<br />
in dieser großen Flut sinnvoll sind.<br />
Ein weiteres, wichtiges Thema, das wir hier besprechen<br />
sollten, ist die Kommunikation, und ich <strong>de</strong>nke,<br />
dass auch die hier am Tisch vertretenen Institutionen<br />
Defizite und Möglichkeiten dazu<br />
Mobilität auftun können. Ein an<strong>de</strong>res großes<br />
Thema ist für mich die Frage <strong>de</strong>r<br />
Mobilität und <strong>de</strong>r Voraussetzung von Mobilität im<br />
Sinne einer künstlerischen Heimat und eines Ortes, an<br />
<strong>de</strong>m Gedanken, die unsicher sind, erst einmal einen sicheren<br />
Ort fin<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>r ganzen Mobilitäts<strong>de</strong>batte,<br />
das betrifft die Museen genauso wie die Theater, wird<br />
im Moment oft außer Acht gelassen, dass die stabile<br />
Gestaltung von Produktionsorten genauso wichtig<br />
ist, aber lei<strong>de</strong>r oft nicht stattfin<strong>de</strong>t. Das muss unbedingt<br />
weiter ausgebaut wer<strong>de</strong>n. Denn ich glaube, dass sowohl<br />
das Abfahren als auch das Ankommen, also die<br />
Tatsache, dass man einen Ort für Produktionen hat,<br />
eminent wichtig ist.<br />
Die erste Frage möchte ich gern an Mary Ann De-Vlieg<br />
richten, weil das IETM GL 1981 in meinen Augen ein ganz<br />
großer Hoffnungsträger war. In diesen Jahren hatten Produktionen<br />
wie Wooster Group, Needcompany, Rosas, all<br />
diese großartigen internationalen Künstler, die man zum<br />
ersten Mal gesehen hat, eine Möglichkeit in Deutschland<br />
aufzutreten. Deutschland wur<strong>de</strong> zu einem Produktionsort<br />
für internationale Kunst. Können Sie etwas über die Motivation<br />
zur Gründung von IETM GL sagen?<br />
DeVlieg:<br />
Ja, sicher, aber ich bin etwas verlegen, da eines <strong>de</strong>r<br />
frühen Gründungsmitglie<strong>de</strong>r von IETM GL , Nele Hertling,<br />
auch hier sitzt. Ich kam erst etwas später dazu.<br />
Aber soweit ich es verstan<strong>de</strong>n habe, kam <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> für<br />
IETM GL von Leuten, die die Mittel und das Interesse hatten,<br />
junge aufstreben<strong>de</strong> Künstler in ihren Län<strong>de</strong>rn weiterzubringen;<br />
die davon überzeugt waren, dass diese<br />
Künstler eine pos<strong>iti</strong>ve Konfrontation<br />
mit Menschen aus an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn<br />
verdient hätten.<br />
Koproduktionen fan<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>r Zeit vor allem im audiovisuellen<br />
Bereich und in <strong>de</strong>n richtig großen Theatern<br />
– vor allem in Opernhäusern – statt. Mittelgroße<br />
o<strong>de</strong>r kleine Koproduktionen konnten nicht so einfach<br />
umgesetzt wer<strong>de</strong>n. Ich habe über dieses Phänomen<br />
1992 meine Masters Thesis geschrieben, und so wie<br />
ich es verstehe, waren diese Leute tatsächlich Pioniere.<br />
Sie haben, glaube ich, auch <strong>de</strong>n Begriff „Netzwerk“ als<br />
erste verwen<strong>de</strong>t, und zwar mit <strong>de</strong>r festen Absicht, ihr<br />
Netzwerk von jenen Nachkriegsinstitutionen abzugrenzen,<br />
in <strong>de</strong>nen die Leute als Vertreter ihrer Län<strong>de</strong>r auftraten.<br />
IETM GL waren vielleicht die ersten, die sagten:<br />
Nein, je<strong>de</strong>r im kulturellen Bereich, ob Schauspieler,<br />
ob Produzent etc., repräsentiert sich und seine Arbeit<br />
selbst. Sie repräsentieren nicht ihr Land, ihre Stadt<br />
o<strong>de</strong>r ihre Region. Das war in großem Maße eine Bewegung<br />
hin zu Individualität und Unabhängigkeit in <strong>de</strong>r<br />
Kunst. Denn zu Anfang stand IETM GL für unabhängige<br />
Strukturen. Natürlich stellen wir uns jetzt 26 Jahre später<br />
grundlegen<strong>de</strong> Fragen: Was ist darstellen<strong>de</strong> Kunst?<br />
Was be<strong>de</strong>utet unabhängig? Was be<strong>de</strong>utet Theater?<br />
Aber in jenen frühen Tagen han<strong>de</strong>lte es sich um eine<br />
Pionierbewegung.<br />
Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich in diesem<br />
Panel sagen soll, und es geht mir wie <strong>de</strong>n meisten<br />
Rednern hier: Wir streichen Dinge von unserer Liste,<br />
<strong>de</strong>nn vor uns wur<strong>de</strong>n bereits viele Aspekte angeschnitten.<br />
Pol<strong>iti</strong>ker haben über Projekte gesprochen, Künstler<br />
haben über Pol<strong>iti</strong>k und Projekte gesprochen. Ich wer<strong>de</strong><br />
versuchen, zwischen <strong>de</strong>m Aspekt <strong>de</strong>s pol<strong>iti</strong>schen Han<strong>de</strong>lns<br />
und <strong>de</strong>n Projekten eine Verbindung herzustellen.<br />
Der erste Punkt dazu fiel mir ein, als Herr Reiche sprach.<br />
Ich glaube, er sagte so etwas wie: Europa braucht Kultur,<br />
um Ziele wie die <strong>de</strong>r Agenda von Lissabon GL zu erreichen.<br />
Ich bin immer misstrauisch in Bezug auf das<br />
Wort „brauchen“, <strong>de</strong>nn ich bin<br />
nicht sicher, dass etwas o<strong>de</strong>r jemand<br />
irgen<strong>de</strong>twas o<strong>de</strong>r irgend-<br />
Künstler-<br />
Netzwerke<br />
Europäische<br />
Kulturpol<strong>iti</strong>k<br />
jeman<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>res braucht. Aber in <strong>de</strong>r Zwischenzeit,<br />
während sich hier unterschiedliche pol<strong>iti</strong>sche Rhetoriken<br />
entwickelten, hat <strong>de</strong>r Kulturbereich – wenigstens<br />
aus <strong>de</strong>r Perspektive von IETM GL – langsam und<br />
leise Europa erreicht.<br />
Wie viele von Ihnen waren an einem europäischen<br />
Projekt beteiligt? [Handzeichen aus <strong>de</strong>m Publikum]<br />
– Mehr als die Hälfte. Und wie viele von Ihnen wür<strong>de</strong>n<br />
sich wie<strong>de</strong>r engagieren o<strong>de</strong>r gern auf dieser Ebene weiterarbeiten?<br />
[…] Vielleicht hätte ich die Frage an<strong>de</strong>rs<br />
stellen sollen: Wie viele von Ihnen möchten das nicht?<br />
Es sind offenbar Leute hier, die auf das Thema sensibel<br />
reagieren.<br />
Das Kreative Potential<br />
27