Impuls 2007 - iti-germany.de
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„Europäisch kooperieren und produzieren“<br />
das, was uns im Vergleich zu an<strong>de</strong>ren eint, benennen<br />
und nach vorn bringen. Wir benötigen min<strong>de</strong>stens<br />
ein Prozent dieses großen europäischen Haushalts<br />
auch für Kulturfragen. Wir wissen, dass fünf bis sieben<br />
Prozent für kulturelle Dinge ausgegeben wer<strong>de</strong>n,<br />
da <strong>de</strong>r europäische Sozialfond<br />
GL und <strong>de</strong>r EFRE-Fond GL ,<br />
EU-Kulturför<strong>de</strong>rung<br />
also <strong>de</strong>r Regionalentwicklungsfond,<br />
für Kulturfragen geöffnet wor<strong>de</strong>n sind, und<br />
große, kulturelle Projekte daraus finanziert wer<strong>de</strong>n.<br />
Aber wir brauchen das, was mit Kultur <strong>2007</strong> GL , also für<br />
die jetzige För<strong>de</strong>rperio<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n Weg gebracht wor<strong>de</strong>n<br />
ist, auch in einem größerem Umfang, um solche<br />
Projekte unbürokratischer und besser auf <strong>de</strong>n Weg<br />
zu bekommen. Denn wenn wir, und das ist mein Ziel,<br />
irgendwann dahin kommen wollen, dass es die „Bun<strong>de</strong>srepublik<br />
Europa“ o<strong>de</strong>r die „Vereinigten Staaten von<br />
Europa“ gibt, dann wer<strong>de</strong>n wir die Kultur und das Bewusstsein<br />
von europäischer Kultur brauchen und dann<br />
wird Kultur nicht nur Begleiter, son<strong>de</strong>rn Türöffner und<br />
Wegbereiter sein.<br />
Schnei<strong>de</strong>r:<br />
Danke. Da spricht ein ehemaliger Län<strong>de</strong>rminister,<br />
<strong>de</strong>r für die Kultur zuständig war.<br />
Reiche:<br />
Aber als Län<strong>de</strong>rminister immer schon das Gleiche<br />
gesagt hat.<br />
Hertling:<br />
Ich möchte gern eine Frage stellen. Sie haben die<br />
Bayern genannt. Wie optimistisch sind Sie, dass die<br />
Mitteilung <strong>de</strong>r EU-Kommission GL , die in <strong>de</strong>r Tat einen<br />
sehr großen Schritt nach vorn be<strong>de</strong>utet, von <strong>de</strong>n europäischen<br />
Staaten mitgetragen wird? Im Steering Committee<br />
GL war es Ján Figel, <strong>de</strong>r dafür plädiert hat, dass<br />
wir alle versuchen, in unseren eigenen Län<strong>de</strong>rn Lobbyarbeit<br />
dafür zu leisten, weil er in <strong>de</strong>m alten Konstrukt<br />
<strong>de</strong>r Nationalstaaten die Gefahr sieht. Sind Sie da optimistisch,<br />
und wie geht <strong>de</strong>r Weg weiter?<br />
Reiche:<br />
Wer in Europa nicht an Wun<strong>de</strong>r glaubt, <strong>de</strong>r ist<br />
kein Realist. Und in diesem Sinne bin ich Realist. Weil<br />
ich glaube, die Bayern können ja beichten, das ist ihr<br />
großer Vorteil, sie sitzen immer mit diesen gekreuzten<br />
Fingern da, protestieren und zum Schluss bauen sie das<br />
größte Schloss mitten in Brüssel, direkt neben <strong>de</strong>m Europäischen<br />
Parlament, weil sie genau wissen, dass sie<br />
zwar gegen Europa protestieren können, dass da aber<br />
auch viel zu holen ist und dass sie da vor allen Dingen<br />
auch viel bewegen können. Und daher glaube ich,<br />
dass Herr Goppel* in <strong>de</strong>r Kultusministerkonferenz GL und<br />
dann bei vielen an<strong>de</strong>ren Stellen Rotz und Wasser heulen<br />
und dagegen protestieren wird. Letztlich wer<strong>de</strong>n<br />
aber auch die Bayern mitmachen müssen, weil wir nur<br />
über die Kultur in Europa voran kommen, und auch<br />
Bayern wird nur stark in einem starken Europa.<br />
* Seit Oktober 2003 ist Thomas Goppel nach viereinhalb Jahren als Generalsekretär<br />
<strong>de</strong>r CSU Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst<br />
Hertling:<br />
So wie die an<strong>de</strong>ren Europäer.<br />
Reiche:<br />
Die an<strong>de</strong>ren Europäer erst recht. Denn die haben<br />
nicht diese fö<strong>de</strong>ralen Be<strong>de</strong>nken, wie sie Deutschland<br />
immer hat. Und wenn man sich vorstellt, dass wir kürzlich<br />
das Grundgesetz unsinnigerweise dahin geän<strong>de</strong>rt<br />
haben, dass auf europäischer Ebene in Kulturfragen immer<br />
ein Län<strong>de</strong>rvertreter spricht, wie im Moment fatalerweise<br />
Herr Goppel, dann wird einem <strong>de</strong>utlich, wie stark<br />
Deutschland da auch bremsen kann. Aber ich hoffe<br />
und <strong>de</strong>nke, dass wir gera<strong>de</strong> mit diesem großen Kapitel<br />
über europäische Kulturpol<strong>iti</strong>k im Bericht <strong>de</strong>r Enquête-<br />
Kommission GL ein paar <strong>Impuls</strong>e geben können.<br />
Schnei<strong>de</strong>r:<br />
Wir sollten uns auf die Frage konzentrieren: Wo<br />
ist Europa in <strong>de</strong>r Lage, nicht nur zu würdigen und zu<br />
wertschätzen, was im kulturellen Bereich an Kooperation<br />
stattfin<strong>de</strong>t, son<strong>de</strong>rn weiter zu unterstützen o<strong>de</strong>r zukünftig<br />
zu för<strong>de</strong>rn. Herr Berger, wie wür<strong>de</strong>n Sie nach all<br />
diesen Konferenzen, Überlegungen und Debatten das<br />
letzte halbe Jahr resümieren?<br />
Berger:<br />
Ich muss sagen, die Bilanz aus Sicht <strong>de</strong>r Kulturpol<strong>iti</strong>k<br />
ist relativ gut. Die Bun<strong>de</strong>sregierung hat innerhalb <strong>de</strong>r<br />
EU-Ratspräsi<strong>de</strong>ntschaft GL ein wesentliches, auch kulturpol<strong>iti</strong>sches<br />
Projekt vorangetrieben, in<strong>de</strong>m wir die Revision<br />
<strong>de</strong>r Fernsehrichtlinie GL pol<strong>iti</strong>sch über die Bühne<br />
gebracht haben. Und wir haben es geschafft, was für<br />
die Kulturpol<strong>iti</strong>ker und Kulturschaffen<strong>de</strong>n von großem<br />
Interesse ist, das Thema Kulturwirtschaft in <strong>de</strong>r Europäischen<br />
Agenda zu verankern. Am 24. Mai haben wir im<br />
Bereich „Kultur und Audiovisuelles“<br />
<strong>de</strong>r EU-Kommission eine Ratsresolution<br />
zur Kulturwirtschaft beschlos-<br />
Kulturwirtschaft<br />
sen, die wir ausdrücklich als Etappenziel verstehen. Der<br />
Rat <strong>de</strong>r Kulturminister hat sich darauf verständigt, eine<br />
Reihe von konkreten Maßnahmen im Bereich <strong>de</strong>r Kulturwirtschaft<br />
vorzuschlagen. Das betrifft beispielsweise<br />
<strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Ausbildung. In allen Ausbildungsbereichen<br />
für Kulturschaffen<strong>de</strong> soll in Zukunft <strong>de</strong>r<br />
Bereich <strong>de</strong>r Wirtschafts- und Betriebswissenschaft<br />
stärker verankert wer<strong>de</strong>n, um all <strong>de</strong>nen, die mit ihrer<br />
Kreativität künftig Geld verdienen wollen, ein besseres<br />
Instrumentarium an die Hand zu geben, mit <strong>de</strong>ssen<br />
Hilfe sie im wirtschaftlichen Prozess überleben können.<br />
Wir haben gesagt, dass das Rückgrat <strong>de</strong>r Kulturindustrie<br />
die kleinen und mittleren Unternehmen sind.<br />
Man muss sich beson<strong>de</strong>rs im Kulturbereich um diese so<br />
genannten KMUs* kümmern. Dies hat – relativ unbemerkt,<br />
weil es nur in einem Halbsatz steht – sogar <strong>de</strong>r<br />
Europäische Rat zum Thema Lissabon-Prozess GL im März<br />
anerkannt, in<strong>de</strong>m er bemerkte, dass <strong>de</strong>n KMUs im kulturwirtschaftlichen<br />
Bereich beson<strong>de</strong>res Augenmerk zu<br />
widmen sei. Wir haben auch gesagt, dass man gera<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n KMUs im Kulturbereich Hilfestellung leisten sollte,<br />
wenn es um Finanzierungsfragen geht. Das heißt nun<br />
* Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist die Sammelbezeichnung für Unternehmen,<br />
die bestimmte Größenmerkmale nicht überschreiten. Die Einordnung als<br />
KMU ist unabhängig von <strong>de</strong>r gewählten Rechtsform. Unternehmen, die die Größenordnungen<br />
überschreiten, wer<strong>de</strong>n dann als Großunternehmen bezeichnet.<br />
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