Impuls 2007 - iti-germany.de
Impuls 2007 - iti-germany.de
Impuls 2007 - iti-germany.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
„Europäisch kooperieren und produzieren“<br />
EU-För<strong>de</strong>rung<br />
Son<strong>de</strong>rregelung für Künstler<br />
Bolwin:<br />
Darf ich dazu noch eine kurze Bemerkung machen?<br />
Es ist vorhin so selbstverständlich gesagt wor<strong>de</strong>n,<br />
dass es keine Son<strong>de</strong>rregelung<br />
für Künstler geben<br />
wird. Das muss ein Vertreter<br />
<strong>de</strong>r europäischen Kommission natürlich auch sagen.<br />
Aber ich fin<strong>de</strong>, dass wir das nicht akzeptieren dürfen.<br />
Wir müssen klipp und klar sagen, dass die Künste in<br />
Europa eine beson<strong>de</strong>re Rolle spielen und dass daraus<br />
auch ein beson<strong>de</strong>res Problem erwächst. Die Kunstschaffen<strong>de</strong>n<br />
sind in einer Weise miteinan<strong>de</strong>r vernetzt<br />
und produzieren <strong>de</strong>rart grenzüberschreitend, wie es<br />
das in an<strong>de</strong>ren Branchen gar nicht gibt. Und <strong>de</strong>swegen<br />
müssen wir sehr wohl unseren Wunsch artikulieren,<br />
dass wir eine Son<strong>de</strong>rregelung für die Künste<br />
wollen. Denn ansonsten kommen wir keinen Schritt<br />
weiter. Wir brauchen uns doch nichts vorzumachen.<br />
Kein Mensch wird diese komplizierten Probleme, die<br />
wir hier nur ansatzweise diskutiert haben, gleichze<strong>iti</strong>g<br />
für die Metallindustrie, für die Druckindustrie, für<br />
<strong>de</strong>n gesamten Bereich <strong>de</strong>r Filmindustrie und dann<br />
noch für die darstellen<strong>de</strong>n Künste lösen. Ich glaube,<br />
dann können wir es vergessen. Man muss sich<br />
darüber im Klaren sein, dass das, was Nele Hertling<br />
sagte die Künste seien <strong>de</strong>r Motor Europas dann einfach<br />
nicht funktionieren wird. Auch mit <strong>de</strong>r Pol<strong>iti</strong>k<br />
muss man darüber eine grundsätzliche Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
führen, ob das jetzt gewünscht ist o<strong>de</strong>r<br />
nicht. Wenn es gewünscht ist, dann haben wir das<br />
Recht auf einen Son<strong>de</strong>rstatus. Und wenn wir einen<br />
Son<strong>de</strong>rstatus haben, dann brauchen wir auch beson<strong>de</strong>re<br />
Regelungen.<br />
Heun:<br />
Wollen Sie noch einen Satz dazu sagen?<br />
Sabathil:<br />
Ich bin sicher, dass Ihr Dokument in Brüssel bekannt<br />
ist und dass es auf die Agenda, die ausgearbeitet wur<strong>de</strong>,<br />
Einfluss hatte. Ich warne trotz<strong>de</strong>m vor zu hohen<br />
Erwartungen. Ich weiß aus meiner langjährigen Praxis,<br />
dass die Kohleindustrie, die Optiker, die Apotheker und<br />
die Schiffbauer auch alle einen Son<strong>de</strong>rstatus haben<br />
wollen. Ich möchte Sie nicht ausbremsen. Ich möchte<br />
Sie auch nicht mit <strong>de</strong>r Kohleindustrie und <strong>de</strong>n Apothekern<br />
vergleichen, aber es ist sicher ein Problem, einen<br />
Son<strong>de</strong>rstatus einzufor<strong>de</strong>rn. Das ist ein Thema, an das<br />
man in Brüssel gewöhnt ist. Auf diesem Gebiet wur<strong>de</strong><br />
schon sehr viel versucht, was dann doch nicht zum Erfolg<br />
geführt hat.<br />
Die allgemeinen Regelungen sind an sich schon<br />
schwierig. Daher erfor<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rstatus eine doppelte<br />
Argumentation. Ich kann Ihnen da im Moment<br />
keine Hoffnungen machen, aber ich <strong>de</strong>nke, es ist eine<br />
Gelegenheit. Wir haben zur Zeit einen Kommissar, <strong>de</strong>r<br />
beson<strong>de</strong>rs auf diesem engen Gebiet tätig ist. Sie wissen,<br />
wie groß die Kommission gewor<strong>de</strong>n ist. Vielleicht<br />
wer<strong>de</strong>n die Aussichten so besser. Aber die allgemeine<br />
Situation ist, was Sozialversicherungsrecht, Steuerrecht<br />
usw. betrifft, nicht gera<strong>de</strong> so, dass die Mitgliedsstaaten<br />
all <strong>de</strong>n speziellen Wünschen Tor und Tür öffnen wür<strong>de</strong>n.<br />
Wir diskutieren seit fünf, sechs Jahren über Ausnahmeregelungen<br />
für Restaurants in <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>s<br />
Mehrwertsteuersatzes. Das ist nur ein ganz konkretes<br />
Beispiel.<br />
Heun:<br />
Ich <strong>de</strong>nke, Sie spüren das Unwohlsein im Auditorium,<br />
wenn Kunst und Kultur mit bestimmten Wirtschaftszweigen<br />
auf ein Level gebracht wer<strong>de</strong>n. Ich interpretiere<br />
das gera<strong>de</strong> so. Denn wir hatten heute bereits<br />
einen relativen Konsens darüber, dass Kunst und Kultur<br />
so etwas wie das Gegenprogramm zur Ökonomisierung<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft sind. Und vielleicht leg<strong>iti</strong>miert das<br />
dann doch einen Son<strong>de</strong>rstatus.<br />
Aber ich begrüße es, dass sie die Offenheit haben,<br />
uns zu sagen, wie schwierig dieser Weg ist.<br />
Ich möchte jetzt noch mal auf die <strong>de</strong>utsche Situation<br />
zu sprechen kommen. Wir befin<strong>de</strong>n uns in einem<br />
Umfeld, wo es ganz starke Mobilitätseinschränkungen<br />
gibt. Wir haben von Martin Berg vom Goethe-Institut GL<br />
gehört, dass die Mittel <strong>de</strong>s Goethe-Instituts GL mittlerweile<br />
so stark gekürzt wur<strong>de</strong>n, dass es sich seinerseits<br />
um Drittmittel bemühen muss, um Projekte durchführen<br />
zu können. Da die Frage an Herrn Meier-Klodt: Wie<br />
sehen Sie die Situation? Ist es tatsächlich realistisch,<br />
dass <strong>de</strong>r Etat <strong>de</strong>s Goethe-Instituts GL<br />
Kulturför<strong>de</strong>rung<br />
in <strong>de</strong>r heutigen Zeit wie<strong>de</strong>r nennenswert<br />
erhöht wird? Welche<br />
nationale Ebene<br />
zu-<br />
sätzlichen Strategien hat das Auswärtige Amt in seiner<br />
Aktionsplanung?<br />
Meier-Klodt:<br />
Es ist meiner Meinung nach nicht nur realistisch,<br />
son<strong>de</strong>rn in diesem Jahr bereits geschehen. Alle Anzeichen<br />
<strong>de</strong>uten darauf hin, dass es auch in diesem Trend<br />
weitergehen wird. Die Lage <strong>de</strong>r Mittlerorganisationen<br />
<strong>de</strong>r auswärtigen Kultur- und Bildungspol<strong>iti</strong>k hat sich<br />
über viele Jahre relativ kontinuierlich verschlechtert.<br />
Und das Stichwort <strong>de</strong>r Gegenmaßnahme ist hier gefallen:<br />
Pol<strong>iti</strong>sche Lobby. Das gilt aus meiner Sicht für ganz<br />
Europa. Erstmals in diesem ersten halben Jahr ist mit<br />
<strong>de</strong>r Mitteilung GL ein starkes Strategiepapier zum Thema<br />
Kultur in Europa verfasst wor<strong>de</strong>n. Im Rahmen unserer<br />
Präsi<strong>de</strong>ntschaft ist das Wort ‚Kultur’, wenn auch<br />
mit <strong>de</strong>m Zusatz Kulturwirtschaft bzw. Kreativwirtschaft,<br />
relativ häufig gefallen. Über diesen Komplex kann man<br />
vielleicht noch einmal getrennt sprechen. In einem<br />
Wort wür<strong>de</strong> ich sagen: Solange das kulturpol<strong>iti</strong>sche<br />
Ziel im Vor<strong>de</strong>rgrund bleibt, ist es auch keine Schan<strong>de</strong>,<br />
wenn es im Zusammenhang mit an<strong>de</strong>ren Zielen<br />
genannt wird. Aber das ist, wie gesagt, ein an<strong>de</strong>res<br />
Thema.<br />
Und gleiches gilt eben auch für <strong>de</strong>n nationalen<br />
Bereich. Um hier noch einmal die Größenordnung in<br />
Erinnerung zu rufen: Schwerpunktmäßig wird Kulturpol<strong>iti</strong>k<br />
zunächst einmal in <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn gemacht. Das<br />
heißt, wenn wir gute <strong>de</strong>utsche auswärtige Kulturpol<strong>iti</strong>k<br />
machen, dann machen wir auch gute europäische Kulturpol<strong>iti</strong>k,<br />
o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st stärken wir sie. Das umfasst<br />
generell die pol<strong>iti</strong>sche Aufmerksamkeit. Ohne jetzt hier<br />
pro domo re<strong>de</strong>n zu wollen, glaube ich, dass mit Außenminister<br />
Steinmeier, nach langer Zeit ein Minister<br />
das Auswärtige Amt leitet, <strong>de</strong>r die Kulturpol<strong>iti</strong>k<br />
pol<strong>iti</strong>sch ganz hoch hängt. Wir re<strong>de</strong>n seit Jahrzehnten<br />
54