Anhörung zum Bleiberecht für langjährig geduldete ... - Pro Asyl
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Rita Süssmuth- Sachverständigenrat <strong>für</strong> Zuwanderung und Integration<br />
7. Grußwort<br />
der Vorsitzenden desSachverständigenrates<br />
<strong>für</strong> Zuwanderung und Integration der<br />
Deutschen Bundesregierung<br />
<strong>Pro</strong>f. Dr. Dr. h.c. mult. Rita Süssmuth<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
die Veranstalter dieser <strong>Anhörung</strong> haben mich gebeten,<br />
meine Position als Vorsitzende der Unabhängigen<br />
Kommission Zuwanderung <strong>zum</strong> Thema <strong>Bleiberecht</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>langjährig</strong> <strong>geduldete</strong> Flüchtlinge darzulegen.<br />
Gern komme ich dieser Bitte nach.<br />
Als wir im Juli des Jahres 2001<br />
den Abschlussbericht unserer<br />
vom Ministerium des Inneren<br />
eingesetzten Unabhängigen<br />
Kommission Zuwanderung<br />
unter dem Titel "Zuwanderung<br />
gestalten - Integration<br />
fördern" der Öffentlichkeit<br />
vorstellten, verbanden wir damit<br />
gleichzeitig die Hoffung,<br />
dass die Arbeitsergebnisse und<br />
Empfehlungen der Kommission<br />
in absehbarer Zeit in neue<br />
gesetzliche Regelungen münden<br />
würden. Denn, so die Ergebnisse<br />
unserer Arbeit, im<br />
Bereich Migration und Zuwanderung<br />
herrscht ein deutlicher<br />
Regelungsbedarf, um den<br />
aktuellen Herausforderungen<br />
besser begegnen und auf neue<br />
Entwicklungen internationaler Migrationsprozesse -<br />
aber auch auf den Bedarf nach qualifizierten Fachkräften<br />
- in unserem Land angemessen reagieren zu<br />
können. Aus verschiedenen Gründen ist es zu gesetzlichen<br />
Neuregelungen bisher nicht gekommen.<br />
Die zurückliegenden Jahre seit der Veröffentlichung<br />
unseres Abschlussberichtes waren von schweren internationalen<br />
Erschütterungen, von dem schrecklichen<br />
terroristischen Anschlag am 11. September<br />
2001 in den USA, von den Kriegen in Afghanistan<br />
und zuletzt im Irak sowie den daraus erwachsenen<br />
politischen <strong>Pro</strong>blemen gekennzeichnet.<br />
In diesem Rahmen wächst der Bundesrepublik<br />
Deutschland eine immer größere Verantwortung<br />
<strong>für</strong> die Bewahrung des Friedens und <strong>für</strong> die Achtung<br />
der Menschenrechte zu. Dabei muss die Bundesrepublik<br />
Deutschland ihre Verpflichtung und<br />
Verantwortung als wichtiges Mitglied der Staatengemeinschaft<br />
nicht zuletzt <strong>für</strong> den Geltungsbereich<br />
und die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention<br />
und der Europäischen Menschenrechtskonvention<br />
wahrnehmen.<br />
Der Einsatz <strong>für</strong> die weltweite<br />
Achtung der Menschenrechte<br />
und die Stärkung des Völkerrechts<br />
bedeutet auch, den<br />
<strong>langjährig</strong> in Deutschland lebenden<br />
Flüchtlingen eine<br />
menschenwürdige Existenz<br />
und eine rechtlich-formale Integration<br />
mit den dazugehörigen<br />
Rechten und Pflichten zu<br />
ermöglichen.<br />
Hier hat sich insbesondere in<br />
Bezug auf Flüchtlinge, die aus<br />
humanitären oder faktischen<br />
Gründen nicht in ihren Heimatstaat<br />
zurückkehren können,<br />
eine sowohl aus rechtlichen<br />
als auch aus menschlichen<br />
Gründen inakzeptable<br />
Praxis herausgebildet. Obwohl<br />
Duldungen nach der Intention des Ausländerrechts<br />
nicht länger als <strong>für</strong> ein Jahr erteilt werden sollen,<br />
sieht die Wirklichkeit anders aus. In weit über der<br />
Hälfte der Fälle wird die Jahresfrist um ein vielfaches<br />
überschritten. Die Duldungen sind daher zu einem<br />
"Ersatzaufenthaltsrecht" geworden, welches<br />
die Betroffenen in administrativer Hinsicht zu Menschen<br />
zweiter und dritter Klasse degradiert. Geduldete<br />
Flüchtlinge dürfen ihre Familien nicht nachholen,<br />
sie erhalten herabgesetzte Sozialleistungen, ihre<br />
Freizügigkeit ist ebenso wie die Möglichkeit, eine<br />
Erwerbstätigkeit auszuüben, stark eingeschränkt.<br />
Für die Betroffenen ist eine solche Situation extrem<br />
belastend. Fachleute weisen immer wieder darauf<br />
hin, dass dies zu psychischen oder physischen Erkranken<br />
führen kann.<br />
FLÜCHTLINGSRAT - Zeitschrift <strong>für</strong> Flüchtlingspolitik in Niedersachsen, Heft 102, Oktober 2004<br />
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