Anhörung zum Bleiberecht für langjährig geduldete ... - Pro Asyl
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Abdullah Birsen<br />
terhalt <strong>für</strong> meine Familie um meinen Anteil gekürzt.<br />
Nun gab ich auf, brach den Schulbesuch ab und trat<br />
die gemeinnützige Arbeit an, was mir zusehends<br />
schwerer fiel. Mein linker Arm wurde mir in der<br />
Türkei im Alter zwischen fünf und sechs Jahren<br />
vom türkischen Militär bei einer Mißhandlung gebrochen<br />
und hat sich auch wegen fehlender ärztlicher<br />
Versorgung nicht richtig entwickelt. Bei körperlicher<br />
Belastung ermüdet dieser Arm schnell und<br />
ich habe Schmerzen. So akzeptierte das Sozialamt<br />
nach einem halben Jahr, dass ich der vierstündigen<br />
Tätigkeit nicht mehr nachgehen konnte.<br />
Mein Wunsch ist nach wie vor, hier in Deutschland<br />
eine Ausbildung <strong>zum</strong> Bankkaufmann zu machen<br />
und mit Mustafa zusammen bei unserer Familie zu<br />
bleiben. Wohin sollten wir auch in der Türkei? Unser<br />
Heimatort Basak im Osten der Türkei wurde<br />
dem Erdboden gleichgemacht. Viele unserer Verwandten<br />
dort sind verstorben, verschollen, in Verfolgung<br />
umgekommen - oder aber, wie die erwähnten,<br />
als asylberechtigt anerkannten Angehörigen in<br />
verschiedenen Gegenden oder auch Bundesländern<br />
Deutschlands sesshaft geworden. Darüber hinaus<br />
ist der Osten auch der Ort der Verfolgung gewesen.<br />
In diese Gegend können wir nicht zurückgehen. Im<br />
Westen und in den größeren Städten wird nur türkisch<br />
gesprochen. Wir sind nie in der Türkei zur<br />
Schule gegangen, wir können überhaupt kein türkisch.<br />
Wir sprechen nur kurdisch, was wir zu Hause<br />
sprachen, und wir sprechen Deutsch, weil wir das<br />
hier gelernt haben.<br />
Unser Zuhause ist seit gut 12 Jahren Deutschland.<br />
Wir sind hier in Deutschland sozialisiert und integriert,<br />
hier sind unsere Wurzeln, in Vereinen, bei<br />
Freunden und in unserer Familie. Hier ist unser Zuhause.<br />
Warum dürfen wir nicht zuhause bleiben?<br />
(Applaus)<br />
20. DasLebenimAusreisezentrum"<strong>Pro</strong>jekt X"<br />
Abdullah Birsen<br />
Mein Name ist Abdullah Birsen, ich bin 37 Jahre alt,<br />
kurdischer Yezide, Scheich, aus Syrien. Als ich drei<br />
Jahre alt war, flohen meine Eltern nach Syrien, seit<br />
über zehn Jahren bin ich in Deutschland. Ich bin<br />
auch im yezidischen Verein in Niedersachsen aktiv.<br />
Und ich schreibe Theaterstücke. Im Jahr 1998 wurde<br />
ich als <strong>Asyl</strong>berechtigter nach § 51 anerkannt. Der<br />
Bundesbeauftragte <strong>für</strong> <strong>Asyl</strong>angelegenheiten legte jedoch<br />
dagegen Widerspruch ein. Ende 1999 wurde<br />
die <strong>Asyl</strong>anerkennung daraufhin aufgehoben. Am 25.<br />
Mai 2000 haben sie mich nach Braunschweig in ein<br />
sogenanntes Ausreisezentrum gebracht. Ich lebe<br />
seit vier Jahren in diesem "<strong>Pro</strong>jekt X" ( in der Zentralen<br />
Anlaufstelle <strong>für</strong> <strong>Asyl</strong>bewerberinnen und <strong>Asyl</strong>bewerber,<br />
ZASt, Braunschweig).<br />
Bis heute wurden über 22 Mal <strong>Anhörung</strong>en mit mir<br />
durchgeführt, und ich habe alle Beweise gegeben,<br />
dass ich staatenlos bin. Ich habe über zehn Zeugennamen<br />
angegeben aus meinem Dorf, ich war in der<br />
syrischen Botschaft, ich habe eine Identitätsbescheinigung<br />
als Staatenloser aus Syrien vorgelegt, ich habe<br />
eine Bescheinigung aus der Türkei bekommen,<br />
dass ich dort nicht registriert bin. Aber die glauben<br />
bis heute noch nicht, dass ich staatenlos bin. Braun-<br />
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