Anhörung zum Bleiberecht für langjährig geduldete ... - Pro Asyl
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Abdullah Birsen<br />
Inzwischen konnte ein Teilerfolg<br />
in dem „Fall” Abdullah<br />
Birsen erreicht werden.<br />
Auf der Grundlage einer<br />
Eilentscheidung des<br />
Verwaltungsgerichts Braunschweig<br />
musste Abdullah<br />
Birsen aus dem Ausreisezentrum<br />
entlassen werden.<br />
Er lebt nun seit Anfang August<br />
bei seinem Bruder in<br />
Goslar.. Abdullah Birsen ist<br />
weiterhin nur „geduldet”.<br />
Die Redaktion<br />
schweig empfinde ich wie ein Gefängnis, das ist kein<br />
Leben dort in Braunschweig. Die Leute (d.h. die<br />
dort lebenden Flüchtlinge, Anmerkung d. Red.)<br />
dort wussten, dass ich hierher nach Hannover kommen<br />
und fünf Minuten reden werde. Sie sind zu mir<br />
gekommen, ich habe eine Liste der Namen aufgeschrieben,<br />
und sie haben gesagt, bitte, wir brauchen<br />
Hilfe. Einer sagte zu mir, "Wir haben kein Taschengeld",<br />
einer sagte, "Ich rauche, habe kein Geld" - ja<br />
was soll ich machen. Einer sagte, "Wir brauchen<br />
Kleider", einer sagte, "Ich habe Hunger". Also hier<br />
in Deutschland, glaube ich, darf man nicht Hunger<br />
haben. Einer von ihnen sagte, "das Fernsehen und<br />
die Zeitung müssen hierher kommen, damit alle<br />
Menschen sehen, wie schwer das Leben hier im<br />
'<strong>Pro</strong>jekt X' ist". Das ist nur Krankheit. Dort werden<br />
die Menschen nur krank gemacht, sonst nichts.<br />
Hossein Davud war mein Freund, wir haben in<br />
einem Zimmer gewohnt. Die haben Hossein Davud<br />
nach Syrien geschickt, er ist zwei Jahre im Gefängnis<br />
geblieben, und er ist jetzt rausgekommen. Vom<br />
Gefängnis ist er krank geworden im Kopf, aber keiner<br />
hat dagegen etwas gesagt. Die Behörden dort<br />
machen, was sie wollen.<br />
Nachdem ich meinen Vortrag am 24.04.2004 * vor<br />
dem Flüchtlingsrat gehalten habe, wurde ich zweimal<br />
vernommen, dabei wurde ich massiv zur Rechenschaft<br />
gezogen, weil ich die Behörden durch<br />
meinen Vortrag kritisiert habe. Sie haben dies <strong>zum</strong><br />
Teil persönlich genommen. Herr Z. sagte zu mir,<br />
"Ich schwöre, dass ich da<strong>für</strong> sorge, dass Sie in die<br />
Türkei oder nach Syrien abgeschoben werden." Bei<br />
der letzten Befragung war ein Dolmetscher anwesend.<br />
Also ich möchte wissen, wie lange ich noch in diesem<br />
Lager in Braunschweig, in diesem Gefängnis,<br />
bleiben muss. Ich möchte zurück zu meiner Theatergruppe,<br />
ich möchte zurück zu meiner yezidischen<br />
Kultur, mit dem yezidischen Verein arbeiten.<br />
Ich möchte meine Freiheit, ich möchte auch leben.<br />
Warum bin ich nach Deutschland gekommen? Ich<br />
möchte ein anderes Leben führen, ich möchte meine<br />
Zukunft aufbauen, ich möchte nicht mein ganzes<br />
Leben in Braunschweig, in diesem "<strong>Pro</strong>jekt X", in<br />
diesem Gefängnis dort sitzen bleiben. Also, ich<br />
möchte meine Freiheit - bitte, bitte, bitte.<br />
(Applaus)<br />
* Am 24.04.2004hat Abdullah Birsen einen Vortrag über die Situation im <strong>Pro</strong>jekt X während der Mitgliederversammlung<br />
des Niedersächsischen Flüchtlingsrates gehalten.<br />
FLÜCHTLINGSRAT - Zeitschrift <strong>für</strong> Flüchtlingspolitik in Niedersachsen, Heft 102, Oktober 2004<br />
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