Anhörung zum Bleiberecht für langjährig geduldete ... - Pro Asyl
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Christian Schwarz-Schilling - Internationaler Streitschlichter<br />
die jeweils den ganzen Menschen betreffen, die<br />
große Gruppen von Menschen betreffen, die aber<br />
nur von einem Segment der Politik, nämlich der Innenpolitik,<br />
ausformuliert und bestückt werden. Alle<br />
anderen Gesichtspunkte, die mit dem Menschen etwas<br />
zu tun haben, bleiben außen vor, weil es nur eine<br />
Gruppe von Menschen ist, nämlich die Innnenpolitiker,<br />
die hier in kollegialer Solidarität übereinstimmend<br />
ihre Entscheidungen treffen. Das Gesamtparlament<br />
ist in der Praxis ausgeblendet. Wo<br />
sind die Innenminister, die zur Konferenz kommen<br />
und sagen: "Also liebe Leute, jetzt habe ich hier wieder<br />
drei Fälle auf dem Tisch liegen, die mit unserer<br />
jetzigen Regelung einfach nicht lösbar sind, deswegen<br />
sage ich, hier müssen dringend Änderungen<br />
eintreten." Stattdessen sagt dieser Innenminister zu<br />
seinen Beamten - sofern er die Unsinnigkeit der<br />
strikten Anwendung vorgesehener Regelungen<br />
sieht: " Leute, macht diesen Fall jetzt nicht so Aufsehen<br />
erregend, vielleicht<br />
können wir dadurch, dass<br />
wir den Fall erst einmal<br />
wieder nach unten in den<br />
Aktenstoß packen die<br />
nächsten Monate darüber<br />
Ruhe bewahren - vielleicht<br />
gibt´s ja später mal ´ne Regelung,<br />
wir verhandeln ja<br />
noch weiter, sodass wir diese<br />
Frage jetzt nicht aufgreifen<br />
sollten."<br />
Für ein in Ordnung befindliches<br />
Rechtswesen eine<br />
merkwürdige Situation!<br />
Oder wenn Ihnen dann ein<br />
anderer Innenminister sagt,<br />
"Ja, also, was wollen Sie<br />
denn eigentlich, wenn Sie<br />
wirklich einen schwierigen<br />
Fall haben, dann melden<br />
Sie sich doch mal bei mir,<br />
ich werde dann sehen, was<br />
wir in der Sache tun können<br />
und wie wir eine Regelung<br />
finden können, die<br />
das <strong>Pro</strong>blem aus der Welt schafft". Ja wo oder in<br />
welchem Land leben wir eigentlich? (Applaus), dass<br />
man mit guten Beziehungen die Sache weiter nach<br />
vorne bringt? Das ist nicht der Staat, den wir wollen!<br />
Wir wollen, dass jeder gleiches Recht hat, vor einem<br />
legal verankerten Staat. Und was machen die<br />
Petitionsausschüsse? Was machen die Innenausschüsse?<br />
Wer hat sich wirklich mit diesen Fragen beschäftigt?<br />
Es kann doch nicht wahr sein, dass diese<br />
Fülle von Fällen bei den Ausschüssen kollektiv immer<br />
gleich negativ verabschiedet werden und jeweils<br />
immer nur eine entsprechende Empfehlung von<br />
dem gleichen Minister kommt, dessen Behörde entschieden<br />
hat und dessen Behörde die dazu gehörige<br />
Verordnung ausgearbeitet hat! Meine Damen und<br />
Herren, ich glaube hier ist ein grundsätzliches <strong>Pro</strong>blem,<br />
und wenn wir die <strong>Pro</strong>blematik nicht in dieser<br />
Frage, wo es eigentlich offensichtlich wird, aufgreifen,<br />
könnte es in anderen, komplexeren Fragen<br />
noch viel gefährlicher werden. (Applaus)<br />
Meine Damen und Herren, ich habe mich damals,<br />
vor einigen Monaten dieser Kampagne von <strong>Pro</strong><br />
<strong>Asyl</strong> "Wer lange hier lebt muss bleiben dürfen" angeschlossen,<br />
so stark ich konnte. Ich habe viele <strong>Pro</strong>minente<br />
angeschrieben, ich habe teilweise befriedigende,<br />
meistens aber keine befriedigenden Antworten<br />
bekommen. Und man merkt natürlich immer<br />
schon, wo die aktenmäßigen Versatzstücke benutzt<br />
werden, wo also längst ausgediente Argumente<br />
dann jeweils von den Referenten zusammengestellt<br />
werden. Und dann macht man sich so seine Gedanken,<br />
wer wie seine Briefe<br />
schreibt und beantwortet.<br />
Ich hoffe wirklich, dass wir<br />
im Zuwanderungsgesetz<br />
auch nach meinem Gesamteindruck<br />
der Antworten<br />
zu einem Kompromiss<br />
kommen, obwohl dieser<br />
Kompromiss, wie man ja<br />
schon heute sehen kann,<br />
weitere Härtefälle produzieren<br />
wird - nicht nur andere<br />
beseitigen, sondern<br />
eben neue wieder produzieren<br />
wird. Wo Dinge zu<br />
eingegrenzt und restriktiv<br />
festgelegt werden, wo zeitliche<br />
Grenzen ohne die<br />
Praxis des Lebens eingezogen<br />
werden, wo man jetzt<br />
schon sieht, dass die Kompromisslinien<br />
sich in diese<br />
Richtung bewegen, da weiß<br />
man schon jetzt, dass es<br />
nicht funktionieren wird,<br />
<strong>zum</strong>indestens nicht in dem<br />
Umfang, wie es funktionieren<br />
könnte. Z. Bsp. wenn ein Mensch, der hier jahrelang<br />
gelebt hat, der seine Arbeitsstelle hat und der<br />
von seinem Arbeitgeber durch Zertifikat besonders<br />
gelobt wird, bei der Vorsprache beim Arbeits- oder<br />
Ausländeramt zu hören bekommt: "Ja, wo ist denn<br />
das "besondere öffentliche Interesse", dass Sie hier<br />
weiter leben und arbeiten müssen." Wenn diese Formulierung<br />
nun dahin abgeändert wird, dass man das<br />
Wort "besonders" streicht und nur noch das "öffentliche<br />
Interesse" als notwendig anerkennen will,<br />
dann weiß ich nicht, worin hier ein großer Unterschied<br />
besteht, denn die Tatsache, dass friedliebende<br />
Menschen, die längere Zeit hier sind auch<br />
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