Anhörung zum Bleiberecht für langjährig geduldete ... - Pro Asyl
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Lothar Flachsbart - <strong>Asyl</strong>beratung von amnesty international in Hannover<br />
18. Das Schicksal der Familie Kisivu<br />
Lothar Flachsbart<br />
Mein Name ist Lothar Flachsbart, ich arbeite bei<br />
amnesty international Hannover in der <strong>Asyl</strong>beratung.<br />
Die Familie Kisiwu kann heute nicht hier sein,<br />
deswegen möchte ich stellvertretend die Erlebnisse<br />
schildern, mit einer, Gott sei Dank, negativ endenden<br />
Abschiebung. Dieser Bericht, den ich hier gebe,<br />
ist einem Petitionsantrag entnommen, den die Anwältin<br />
dieser Familie an den Niedersächsischen<br />
Landtag gestellt hat. Darüber ist allerdings bis heute<br />
noch nicht entschieden worden, wie<br />
mir die Rechtsanwältin bestätigt hat.<br />
Bei der aus der Demokratischen Republik<br />
Kongo, ehemals Zaire, kommenden<br />
Familie Kisiwu handelt sich<br />
um Freddy Ndungidi Kisiwu, 38 Jahre<br />
alt; seine Ehefrau Tschianana Nguya,<br />
31 Jahre alt; um den Sohn Fabrice, er<br />
ist jetzt 15 Jahre alt, um die Tochter<br />
Josephat, sie ist zehn Jahre alt sowie<br />
um Priscilla, sie ist zwei Jahre alt.<br />
Frau und Herr Kisiwu leben seit fast zehn Jahren in<br />
Deutschland. Nach der Einreise in unser Land haben<br />
sie <strong>Asyl</strong> beantragt. Auch die Kinder haben <strong>Asyl</strong>anträge<br />
gestellt. Alle Anträge sind rechtmäßig abgelehnt<br />
worden. Noch vor dem Eintritt der Rechtskraft<br />
des Urteils gegen die in Deutschland geborene<br />
und damals ein Jahr alte Priscilla Kisiwu, hat die<br />
Ausländerbehörde Hameln einen Abschiebeversuch<br />
über Holland unternommen. Dieser gestaltete sich<br />
folgendermaßen: Die Polizei und eine Vertreterin<br />
der Ausländerbehörde suchten in der Nacht vom<br />
16. auf den 17. Februar 2004 laut Schilderung des<br />
Ehepaares Kisiwu um 3:3O Uhr die Wohnung der<br />
Familie auf und führte die Festnahmen durch. Dieses<br />
Vorgehen verstößt gegen § 1O4 StPO, denn danach<br />
ist eine solche Maßnahme erst ab<br />
6.00 Uhr erlaubt. Freddy Kisiwu wurden<br />
Handschellen angelegt und er wurde <strong>zum</strong><br />
Amtsgericht gefahren, welches dann einen<br />
Abschiebebeschluss traf. Dieses Vorgehen<br />
verstieß ebenfalls gegen das Bundesrecht,<br />
da in der Bundesrepublik Freiheitsentziehung<br />
grundsätzlich nur auf einen vorherigen<br />
Haftbefehl hin erfolgen darf.<br />
Eine Ausnahme begründende Gefahr im<br />
Verzug war im vorliegenden Fall nicht gegeben,<br />
da die zuständigen Verwaltungsorgane nicht<br />
daran gehindert waren‚ den Haftbeschluss vor der<br />
Maßnahme zu beantragen. Als der Vater der Familie<br />
abgeführt wurde, blieb die übrige Familie in der<br />
Wohnung, um Sachen zu packen. Währenddessen<br />
stellte sich heraus, dass der 14-jährige Fabrice verschwunden<br />
war. Darauf hin gab die Polizei die Anweisung,<br />
mit dem Packen der Sachen aufzuhören.<br />
Dadurch konnte die Mutter nur eine Windel <strong>für</strong> die<br />
kleine Priscilla mitnehmen. Nicht einmal Babynahrung<br />
konnte sie mitnehmen. Die Polizei wollte offenbar<br />
selbst alles Notwendige einpacken. Die Frau<br />
und die zwei Kinder wurden dann abgeführt.<br />
Im Laufe des Abschiebeversuchs<br />
wurde dem Familienvater<br />
mehrmals schlecht. Obwohl<br />
ein Arzt die Flugfähigkeit<br />
bescheinigt hatte, kam es<br />
während des Fluges <strong>zum</strong><br />
Atemstillstand des Herrn Kisiwu.<br />
Daraufhin wurde er gleich<br />
nach der Ankunft in Amsterdam<br />
in eine Klinik gebracht.<br />
Als er im Rollstuhl zurück<br />
kam, war der Flug nach Afrika<br />
bereits verpasst. Der nächste Flug sollte am 19. Februar<br />
2004 stattfinden. Die Familie schlief auf dem<br />
Boden im Flughafengebäude. Am nächsten Morgen<br />
erhielt die Familie von der holländischen Polizei<br />
zwei Euro und rief bei Bekannten in Deutschland<br />
an, um sich nach ihrem verschwundenen Sohn zu<br />
erkundigen. Von ihm fehlte und fehlt noch immer<br />
jede Spur. Fabrice ist auf der Flucht. Die holländischen<br />
Beamten haben daraufhin die Abschiebung<br />
abgebrochen und die Familie nach Deutschland<br />
zurückgeschoben. Dies alles musste eine Familie ertragen,<br />
deren Vater sozialversicherungspflichtig arbeitet.<br />
Der Sohn Fabrice ist an einer Realschule in<br />
Emmerthal bei Hameln hervorragend integriert.<br />
Die Klassenlehrerin, der Realschulrektor und 23<br />
Schüler haben eine Petition an den niedersächsischen<br />
Landtag unterschrieben.<br />
Fabrice ist im Fußballverein<br />
Preußen-Hameln 07<br />
als aktives Mitglied und als<br />
ein hervorragender Spieler<br />
und Mensch bekannt. Der<br />
Verein hat sich in einem<br />
Schreiben an das Gericht<br />
<strong>für</strong> den Spielkameraden<br />
eingesetzt. Auch die 10-<br />
jährige Josephat hat sich<br />
eine besondere Anerkennung<br />
bei der Fußballmannschaft TSG Emmerthal<br />
verdient Die Kinder der Familie sind hier aufgewachsen.<br />
Sie können sich ein Leben in einem anderen<br />
Land nicht vorstellen. Zaire assoziiert sich bei<br />
ihnen nur mit Angst. (Applaus)<br />
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