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Subjektsätze als alternative Argumentrealisierungen im Deutschen ...

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. Dass ein Baum vor dem Fenster steht, behindert die Aussicht.<br />

Drittens zeigt sich, dass die bei den betrachteten indogermanischen Sprachen<br />

beobachtete sprachübergreifende Ähnlichkeit in der Bereitschaft zur<br />

Subjektsatzselektion nicht so ohne Weiteres auf andere Sprachen zu übertragen ist. So<br />

erlaubt <strong>im</strong> Gegensatz zum <strong>Deutschen</strong>, Rumänischen, Polnischen, Englischen,<br />

Portugiesischen oder Spanischen das Saramaccan (vgl. z. B. Byrne 1987), eine<br />

atlantische Kreolsprache, <strong>Subjektsätze</strong> offenbar nur bei Prädikaten, die „adjektivische“<br />

Konzepte ausdrücken, v. a. solche die eine Einstellung bezüglich des Bestehens eines<br />

durch den Subjektsatz beschriebenen Sachverhalts ausdrücken (Typ 'wahr') oder die<br />

eine qualitativ-subjektive Evaluierung des Sachverhalts ausdrücken (Typ 'wichtig').<br />

Letztere ('gut', 'schwierig') gehören auch zu den wenigen Prädikaten, die <strong>im</strong> Vito<br />

(Austronesisch) <strong>Subjektsätze</strong> erlauben (Berg/Bachet 2006: 217f.). Im Ute (Utoaztekisch)<br />

(Givón 1980) – und ähnlich wohl auch <strong>im</strong> Chamorro (Austronesisch) (Chung<br />

1991) – treten dazu auch vereinzelt Prädikate mit „Psych“-Bedeutung (Typ<br />

'überraschend'). Wiederum andere Sprachen erlauben auch dort, wo propositionale<br />

Größen <strong>als</strong> Argumente von Verben auftreten, überhaupt keine <strong>Subjektsätze</strong>. So können<br />

nach S<strong>im</strong>pson (1991: 21f.) <strong>im</strong> Warlpiri (Pama-Nyungan) finite Sätze nicht eingebettet<br />

werden und insofern auch keine Argumentfunktion haben. Anstelle eines Subjektsatzes<br />

(oder eines anderen Komplementsatzes) kann lediglich ein Pronomen mit<br />

Propositionsbezug stehen, das auf eine vorher ausgedrückte Proposition verweist.<br />

Nun ist es aber wohl nicht erforderlich, die Folgerung aus den obigen Ergebnissen<br />

unserer Untersuchungen in Frage zu stellen. Aus Sprachwandelperspektive deutet sich<br />

nämlich Folgendes an: Im Sranan, einer weiteren atlantischen Kreolsprache, treten nach<br />

Plag (1993) <strong>Subjektsätze</strong> diachron erst bei Adjektiven, dann bei Verben auf. Andere<br />

Sprachen erlauben <strong>Subjektsätze</strong> ausschließlich bei adjektivischen Matrixprädikaten, z.<br />

B. Yapesisch (Austronesisch) (Jensen 1977: 257). Das Ute zeigt allerdings, dass sich<br />

die Beschränkung auf „adjektivische“ Prädikate wohl nicht nur über eine syntaktische<br />

Restriktion erklären lässt derart, dass Adjektive prädestinierter sind für die Selektion<br />

von <strong>Subjektsätze</strong>n <strong>als</strong> Verben. Im Ute werden Verben und Adjektive in prädikativer<br />

Position kategoriell nicht unterschieden: beide sind für verbtypische grammatische<br />

Kategorien markiert. Die Liste von subjektsatzselegierenden Prädikaten umfasst aber<br />

trotzdem größtenteils solche mit „adjektivischen“ Bedeutungen: 'be good', 'be fortunate',<br />

'be sad', 'be terrible', 'be true', 'be surprising', 'be necessary', 'be easy' etc. (Givón 1980).<br />

Als erste Annäherung lassen sich die Beobachtungen auf eine sowohl diachron wie<br />

auch typologisch zu interpretierende Hierarchie zurückführen:<br />

1 < 2 < 3<br />

Typ 1: evaluative, wahrheitswertbezogene und deontische Prädikate<br />

Typ 2: emotive und kognitive Prädikate<br />

Typ 3: konnektive Prädikate (u. a.)

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