Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...

Arbeitgebern ein Daueraufenthaltsrecht nachweisen konnten.“ 323
Darüber hinaus konnten
vietnamesische Eltern nun erstmals den Anspruch auf Bezug von Erziehungs- und Kindergeld
erheben. 324
Nach diesem bedeutenden politischen Schritt ist festzustellen, dass sich die
generelle Lage der vietnamesischen Migranten in Rostock ab 1997 erheblich verbesserte. Die
mit dem Erhalt der unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung gesicherte Lebenssituation
ermöglichte den Familien vieler Vietnamesen Jahre später nach Deutschland zu kommen. Die
veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen erleichterten zusätzlich vielen Vietnamesen ab
1997 den Einstieg ins Berufsleben. 325 Aufgrund einer integrativen Politik verbesserte sich
auch die Wohnsituation vieler Rostocker Vietnamesen kontinuierlich. Immer mehr
Vietnamesen verließen in den Folgejahren die ehemaligen Wohnheime der Großbetriebe und
zogen mit ihren Familien in „normale“, in verschiedenen Stadtteilen gelegene, Wohnungen.
So konnten, laut Nguyen Do Thinh, potentielle Brennpunkte abgebaut und Kontakte zu
deutschen Nachbarn geknüpft werden. 326 Ab 1997 war im Verein Diên Hông ein allgemeiner
Rückgang im Beratungsbedarf zu verzeichnen, der, so Astrid Krebs, einerseits auf einen
stärkeren Rückzug der Vietnamesen auf die eigene Familie und andererseits tendenziell auf
eine Individualisierung der vietnamesischen Familien zurückzuführen war. 327 Michael Hugo,
damaliger Geschäftsführer von Diên Hông, bewertete diesen Rückgang, in einem 1998
geführten Interview, als positiv:
”Es könnte so sein, das ein gewisser Teil der interessierten Vietnamesen/Innen aus
dieser Art freiwillig-unfreiwilligem Ghetto ausgebrochen und einfach ein Stück in
dieser Stadt angekommen ist. Auch der Kontakt mit deutschen Leuten zeigt sich daran,
daß mir einige jugendliche Vietnamesen bekannt sind, die in deutschen Sportvereinen,
Tanzvereinen und Musikschulen regelmäßig einen Teil ihrer Freizeit verbringen.” 328
Hugo betont weiterhin, dass für die gesamte Zielgruppe ein Mindestmaß an Integration und
die vorrangigen Ziele von Bleiberecht und beruflicher Qualifizierung erreicht wurden. Diese
durchweg positive Entwicklung veranlasste den Verein Diên Hông - Gemeinsam unter einem
Dach e.V. im Juli 1997 dazu, sich gegenüber anderen Migrantengruppen zu öffnen und sich
nicht ausschließlich auf die Integration Rostocker Vietnamesen zu beschränken. 329
Diese
Entscheidung des Vereins wurde von der vietnamesischen Community kritisch beurteilt,
jedoch musste sich der Verein gegenüber neuen Zielgruppen öffnen, „um sein Überleben zu
323
Buschbeck, S. 75.
324 Vgl.: Diên Hông: Projektbericht, S. 41.
325 Vgl.: Krebs, S. 43.
326 Vgl.: Nguyen, Do Thinh: Arbeitsfeldanalyse, S. 5.
327 Vgl.: Krebs, S. 43.
328
Zit. nach: Interview Michael Hugo, in: Krebs, S. 44.
329 Vgl.: Krebs, S. 44, zum Folgenden, ebenda, S. 44 f.
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