Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...
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aus begonnen, e<strong>in</strong>en Bebauungsplan für Rostock anzufertigen, der bis 1965 die Entstehung<br />
von fünf neuen Wohngebieten mit Wohnraum für über 75. 000 Menschen und den<br />
gleichzeitigen Aufbau des Stadtzentrums vorsah. Die Ausführung dieser Pläne <strong>in</strong> so kurzer<br />
Zeit ersche<strong>in</strong>t im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> sehr unrealistisch. Man erkennt jedoch anhand dieser<br />
Bestrebungen die neue Tendenz <strong>in</strong> der Planung ganzer Wohngebiete an der Peripherie<br />
Rostocks. Im Anschluss an das Wohngebiet Reutershagen I wurde somit bereits 1958 mit dem<br />
Bau des neuen Wohngebietes Reutershagen II begonnen. Schon bald setzte sich die<br />
Plattenbauweise als schnellste und effektivste Bauart durch, auch wenn sich durch diese die<br />
Gestaltungsmöglichkeiten der <strong>in</strong>dustriell gefertigten Häuser deutlich reduzierten. Es wurde<br />
der <strong>in</strong> Rostock entwickelte Plattentyp P1 zum Bau von vier bis fünfstöckigen Häusern<br />
verwendet. Nach Reutershagen II wurde die Südstadt Rostocks ausgebaut, jedoch endete<br />
damit die Phase der westlichen und südlichen Ergänzung des Stadtgebietes. Ab 1965 erfolgte<br />
aufgrund der topografischen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e konsequente Weiterentwicklung des<br />
Siedlungsraumes Richtung Warnemünde. In den nördlich von Rostock gelegenen<br />
landwirtschaftlichen Regionen entstanden so zwischen 1965 und 1987 die Stadtgebiete Lütten<br />
Kle<strong>in</strong>, Evershagen, Lichtenhagen, Schmarl und Groß Kle<strong>in</strong>, und auf der gegenüberliegenden<br />
Seite der Warnow die Gebiete Dierkow und Toitenw<strong>in</strong>kel. Innerhalb von rund dreißig Jahren<br />
wurden <strong>in</strong> Rostock neun Stadtteile mit rund 54. 000 Wohnungen errichtet, <strong>in</strong> denen weit mehr<br />
als die Hälfte aller Rostocker lebten. Die Stadtentwicklung <strong>in</strong> Rostock steht beispielhaft für<br />
die „generelle Stadtplanung“ der DDR, wie sie <strong>in</strong> vielen ostdeutschen Großstädten zu dieser<br />
Zeit angewandt wurde. 77<br />
In Rostock war die Wohnlage der Arbeiter an den Standort des Betriebes gebunden. So lebten<br />
die Seehafenarbeiter <strong>in</strong> Lichtenhagen, die Arbeiter der Deutschen Reichsbahn <strong>in</strong> der Südstadt<br />
oder <strong>in</strong> Toitenw<strong>in</strong>kel und die Angestellten des Fischkomb<strong>in</strong>ats <strong>in</strong> Marienehe. 78 In Rostock-<br />
Lichtenhagen beispielsweise standen <strong>in</strong> der Mecklenburger Allee mehrere Wohnheime, <strong>in</strong><br />
denen ausschließlich vietnamesische Vertragsarbeiter untergebracht waren. Für Nguyen Do<br />
Th<strong>in</strong>h, selbst ehemaliger Vertragsarbeiter und langjähriger Vorsitzender des Rostocker<br />
vietnamesisch-deutschen Vere<strong>in</strong>s Diên Hông e.V., kam diese Isolierung der Vertragsarbeiter<br />
praktisch e<strong>in</strong>er Ghettoisierung gleich. 79<br />
77 Vgl: Betker, Frank: E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Notwendigkeit. Kommunale Stadtplanung <strong>in</strong> der DDR und nach der<br />
Wende (1945 - 1994), München 2005, S. 74.<br />
78 Vgl.: Interview Herr Long N.D.; Herr Bao D.V..<br />
79 Vgl.: Nguyen, Do Th<strong>in</strong>h: Arbeitsfeldanalyse, S. 6.<br />
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