Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...
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leisten.“ 197 Nach achtjährigem Besitz e<strong>in</strong>er Aufenthaltsbefugnis konnte Antrag auf den Erhalt<br />
e<strong>in</strong>er unbefristeten Aufenthaltserlaubnis gestellt werden. Die Zahl der E<strong>in</strong>bürgerungen von<br />
Rostocker Vietnamesen nach der Wende bis 1996 liegt nicht vor, jedoch wird diese von Herrn<br />
Nguyen Do Th<strong>in</strong>h, aus eigenen Recherchen heraus, auf rund 10 Personen geschätzt.<br />
Die Massenentlassungen aus den Großbetrieben trafen, wie erwähnt, vor allem die<br />
ausländischen Vertragsarbeiter. Diese fielen deshalb meist schnell <strong>in</strong> die Gruppe der „schwer<br />
vermittelbaren“ Arbeitslosen. Die Zeit der deutschen Wiedervere<strong>in</strong>igung beschreiben die<br />
ehemaligen vietnamesischen Vertragsarbeiter aus Rostock als besonders hart. Herr V<strong>in</strong>h L.V.<br />
betont, dass vor allem die Jahre 1991 und 1992 e<strong>in</strong>e sehr schlimme Zeit für ihn und se<strong>in</strong>e<br />
vietnamesischen Kollegen darstellten. Laut se<strong>in</strong>er Aussage, mussten sie sich als ausländische<br />
Arbeitskräfte <strong>in</strong> der DDR um nicht allzu viel kümmern. Die Arbeit wurde zugeteilt, sämtliche<br />
organisatorischen Anliegen wurden von den Funktionären und Gruppenleitern übernommen,<br />
Wohnraum wurde gestellt und man hatte ke<strong>in</strong>e anderen Sorgen, als die täglichen Arbeiten <strong>in</strong><br />
der vorgegebenen Zeit zu erledigen. Die Wende brachte deutliche Veränderungen mit sich.<br />
Die von den ehemaligen Vertragsarbeitern erwartete Selbstorganisation überforderte viele.<br />
Man verlor se<strong>in</strong>en Arbeitsplatz, musste sich um e<strong>in</strong>e eigene Wohnung kümmern,<br />
aufenthaltsrechtliche Belange klären oder klären lassen und sich <strong>in</strong> dem neuen System<br />
zurechtf<strong>in</strong>den. 198 Auch für Herrn Long N.D. und Herrn Bao D.V. bildeten die<br />
Selbstorganisation und der Überlebenskampf im neuen Deutschland anfangs die größten<br />
Herausforderungen. Während Herr Bao D.V. 1990 se<strong>in</strong>e Arbeit bei der Deutschen Reichsbahn<br />
verlor und bis 1992 Arbeitslosengeld bezog, hielt sich Herr Long N.D. von 1990 bis 1992 mit<br />
Kurzarbeit über Wasser, bevor er ab 1992 Arbeitslosengeld beantragte. 199 E<strong>in</strong> weiteres,<br />
schwerwiegendes Problem sieht wiederum Herr Thai V.D. im Verlust vieler Kontakte zu<br />
anderen, befreundeten Vietnamesen, da sich <strong>in</strong> dieser Krisenzeit jeder um se<strong>in</strong> eigenes<br />
Schicksal kümmern musste und viele die Stadt verließen. 200 Nachdem auch ihm se<strong>in</strong>e Arbeit<br />
gekündigt worden war, zog er nach Hamburg, da er dort die Chance auf Arbeit größer<br />
e<strong>in</strong>schätzte. In Hamburg arbeitete er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb, der Kaffeebecher herstellte und zog<br />
nach e<strong>in</strong>iger Zeit nach Berl<strong>in</strong>, um dort als selbstständiger Unternehmer zu arbeiten, bevor er<br />
nach Rostock zurückkehrte.<br />
197<br />
Berger: Nach der Wende, S. 75.<br />
198 Vgl.: Interview Herr V<strong>in</strong>h L.V..<br />
199 Vgl.: Interview Herr Long N.D.; Herr Bao D.V..<br />
200 Vgl.: Interview Herr Thai V.D..<br />
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