Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...
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DDR klar von ihm distanzierte und sich von Beg<strong>in</strong>n an als „antifaschistischer Staat“<br />
def<strong>in</strong>ierte. Die Bewegung des „Neofaschismus“, die sich aus dem Rechtsextremismus<br />
entwickelte, ist so zu def<strong>in</strong>ieren, dass bei ihr deutliche Anzeichen für e<strong>in</strong>e politische<br />
Orientierung auf den deutschen Faschismus festzustellen s<strong>in</strong>d. Neofaschistische und<br />
rassistische Taten von ostdeutschen Jugendlichen, auf die im Folgenden e<strong>in</strong>gegangen wird,<br />
wurden <strong>in</strong> der DDR als Ausprägungen e<strong>in</strong>es vorpolitischen Bewusstse<strong>in</strong>s begriffen. Die hier<br />
gelieferten Def<strong>in</strong>itionen erheben ke<strong>in</strong>en Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sollen <strong>in</strong><br />
gewissem Rahmen die Begriffsbestimmungen klären, auf die sich das folgende Kapitel<br />
bezieht.<br />
Zu Beg<strong>in</strong>n soll e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> fremdenfe<strong>in</strong>dliche Motive der ostdeutschen Bevölkerung<br />
gegenüber den ausländischen Vertragsarbeitern im Alltag gegeben werden. Anschließend<br />
wird e<strong>in</strong> Überblick über die Entstehung und Entwicklung rechtsextremistischer<br />
Handlungsweisen und fremdenfe<strong>in</strong>dlichen Verhaltens <strong>in</strong> der DDR, unter Berücksichtigung<br />
von DDR-spezifischen politischen, historischen und ideologischen Bed<strong>in</strong>gungen gegeben. Im<br />
Anschluss daran werden beispielhaft rechtsextreme E<strong>in</strong>stellungen und Gruppierungen unter<br />
ostdeutschen Jugendlichen <strong>in</strong> der DDR analysiert.<br />
Obwohl die ausländischen Arbeitnehmer durch die gezielte soziale Isolation weitgehend von<br />
der ostdeutschen Bevölkerung getrennt lebten, wurden sie trotzdem Zielscheibe von<br />
Beschimpfungen und Hass. 125 Da die DDR-Volkswirtschaft ke<strong>in</strong>en Arbeitskräftemangel zu<br />
verzeichnen hatte, wirkte sich die Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit hier <strong>in</strong> anderem Maße aus. Mike<br />
Dennis bezeichnet die Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>in</strong> Ostdeutschland, die sich vor allem gegen<br />
Vietnamesen richtete, als e<strong>in</strong>e Art „sozio-ökonomischen Chauv<strong>in</strong>ismus“, den er auf die DDR-<br />
Mangelwirtschaft zurückzuführt. Denn, obwohl die ausländischen Vertragsarbeitnehmer<br />
nahezu ausschließlich <strong>in</strong> die DDR geholt worden waren, um als günstige Arbeitskräfte die<br />
DDR-Wirtschaft zu unterstützen, wurden sie im Umkehrschluss paradoxerweise für<br />
Versorgungsengpässe und den wirtschaftlichen Niedergang verantwortlich gemacht: „Nach<br />
Me<strong>in</strong>ung jedes zweiten Befragten DDR-Bürgers hatten sie (…) als „Aufkäufer“ und<br />
„Allesfresser“ durch ihr „Hamstern“ die schlechte Versorgungslage <strong>in</strong> der (…) DDR mit zu<br />
verantworten“. 126<br />
In diesem Zusammenhang muss - <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kurzen Exkurs - erwähnt werden, dass<br />
vietnamesische Vertragsarbeiter vorwiegend an Warentransfers <strong>in</strong> ihre Heimat <strong>in</strong>teressiert<br />
125 Vgl.: Dennis, S. 40; zum Folgenden, ebenda.<br />
126<br />
Müggenburg, S. 23.<br />
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