Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...
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von nun an geltende Legalisierung von Kündigungen: „‚Zw<strong>in</strong>gende Gründe‘ ließen sich leicht<br />
f<strong>in</strong>den, und die Betriebe machten von dieser Möglichkeit extensiven Gebrauch.“ 189 Auch die<br />
Kürzungen der ehemaligen f<strong>in</strong>anziellen Vergünstigungen bedeuteten oft hohe f<strong>in</strong>anzielle<br />
E<strong>in</strong>bußen für die Vertragsarbeiter.<br />
Vorteile ergaben sich vor allem für Vertragsarbeiter, die für die restliche Vertragszeit <strong>in</strong> der<br />
DDR bleiben wollten. Auf der e<strong>in</strong>en Seite bot sich nun, zum<strong>in</strong>dest theoretisch, die<br />
Gelegenheit, auf <strong>in</strong>dividueller Basis e<strong>in</strong>en Arbeitsplatz zu suchen oder e<strong>in</strong> eigenes Gewerbe<br />
anzumelden. Auf der anderen Seite erwies sich auch dies für die Betroffenen oft schwerer als<br />
gedacht. Aufgrund hoher Arbeitslosigkeit gestaltete sich e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Arbeitsplatzsuche<br />
meist sehr kompliziert. Darüber h<strong>in</strong>aus verweigerten viele Arbeitgeber die E<strong>in</strong>stellung von<br />
Vertragsarbeitern, da, ihrer Me<strong>in</strong>ung nach, die verbleibende Aufenthaltszeit nicht mehr<br />
ausreiche, um die Arbeiter an ihren Arbeitsstellen e<strong>in</strong>zulernen. Vor allem Vietnamesen<br />
nahmen die Möglichkeit wahr, e<strong>in</strong> ambulantes Gewerbe auszuüben. Mit Marktständen und<br />
Imbissbuden, an denen sie Frühl<strong>in</strong>gsrollen oder Reisgerichte anboten, sowie mit Blumenoder<br />
Textilgeschäften fanden viele Vietnamesen ihre Nische auf dem Arbeitsmarkt. 190 Doch<br />
aufgrund fehlender Immobilien und der für viele Ausländer unbezahlbaren Gewerbemieten<br />
hielt sich die Anzahl derer, die tatsächlich e<strong>in</strong> Gewerbe eröffneten, stark <strong>in</strong> Grenzen. Der<br />
größte Teil der ausländischen Arbeitskräfte entschied sich daher für e<strong>in</strong>e vorzeitige<br />
Heimreise. In Anbetracht dessen erklären sich auch 1991 die stets rückläufigen<br />
E<strong>in</strong>wohnerzahlen ausländischer Vertragsarbeiter 191 :<br />
Herkunftsland<br />
Erwerbstätige am<br />
Erwerbstätige am<br />
31.03.1991<br />
30.06.1991<br />
Vietnam 13.500 4000<br />
Mosambik 1.535 962<br />
Angola 100 50<br />
Mit der Entscheidung die DDR zu verlassen, entstand für viele Vertragsarbeiter das Problem,<br />
dass viele Betriebe ihren Verpflichtungen, die Ausreise- und Abf<strong>in</strong>dungszahlungen<br />
betreffend, nicht nachkamen oder aktiv versuchten, diese zu umgehen, obwohl im Fall<br />
zahlungsunfähiger Betriebe das F<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>isterium für die Mehrkosten aufgekommen wäre.<br />
189<br />
Marburger, S. 34.<br />
190 Vgl.: Berger: Nach der Wende, S. 73.<br />
191<br />
Zit. nach: Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Ausländer (Hrsg.): Daten und Fakten<br />
zur Ausländersituation, 13. Aufl., Bonn Juli 1992, S. 39; Sextro, S. 127.<br />
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