Die abwechslungsarme Auswahl an Obst und Gemüse machte den Vietnamesen obendre<strong>in</strong> zu schaffen. Um dem entgegenzuwirken, kochten die Vietnamesen für gewöhnlich geme<strong>in</strong>sam unter sich <strong>in</strong> den Wohnheimen, wo sie täglich aus Weißkohl oder Ch<strong>in</strong>akohl sowie, falls vorhanden, Geflügel, Schwe<strong>in</strong>ebauch, R<strong>in</strong>dfleisch und Eiern ihre eigenen Mahlzeiten zubereiteten. In e<strong>in</strong>igen Gegenden pflegten Vietnamesen sogar Verb<strong>in</strong>dungen zu Bauern, um so e<strong>in</strong>facher und günstiger an frisches Geflügel, Eier oder Schwe<strong>in</strong>efleisch zu gelangen. Typische vietnamesische Nudelsuppen wurden aus Spaghetti oder DDR-Makkaroni gekocht. Ihre improvisierten Mahlzeiten ergänzten sie durch vietnamesische, auf privatem Weg bezogene Lebensmittel. Die vietnamesischen Vertragsarbeiter legten auch <strong>in</strong> der DDR großen Wert auf das Festhalten an Traditionen. Traditionelle Feiertage, wie Nationalfeiertage oder Mitherbstfeste, wurden auch <strong>in</strong> der DDR ausgerichtet und gefeiert. 120 E<strong>in</strong>e Vielzahl der Vietnamesen hatte das Bedürfnis ihren Gruppenzusammenhalt und ihre Heimatgefühle auch <strong>in</strong> der Fremde zu pflegen. Herr Thai V.D. betont, dass sie auch bewusst neue, deutsche Kulturelemente <strong>in</strong> diese Feiern <strong>in</strong>tegrierten. E<strong>in</strong>erseits, um sich an die deutschen Gepflogenheiten anzupassen, andererseits, um sich <strong>in</strong> der DDR heimischer zu fühlen. 121 E<strong>in</strong>e unerwartet ger<strong>in</strong>ge Rolle spielte die Religiosität im Leben der Vietnamesen. Von den für diese Arbeit befragten Vietnamesen bezeichneten sich alle als religionslos. Herr Thai V.D. erklärt, dass die typische Vorstellung des „buddhistischen Vietnamesen“ nicht mehr auf se<strong>in</strong>e Generation, sondern eher auf die Generation se<strong>in</strong>er Mutter und Großmutter zutreffe. Darüber h<strong>in</strong>aus spiele Religion <strong>in</strong> kommunistischen Systemen generell e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige Rolle. Religionsbed<strong>in</strong>gte kulturelle Unterschiede existierten bei vietnamesischen Arbeitern deshalb <strong>in</strong> der DDR nicht. Fast alle Vietnamesen pflegten jedoch, unabhängig von religiösen Motiven, traditionelle Bräuche, die sie auch <strong>in</strong> Deutschland weiterführten. Herr Thai V.D. verweist hier auf den Hausaltar, der, se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach, <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em vietnamesischen Haushalt fehlen dürfe. Bei diesem Altar handelt es sich um e<strong>in</strong>en prunkvoll geschmückten Schre<strong>in</strong>, der zum Gedenken der Toten genutzt wird und am Todestag e<strong>in</strong>es Bekannten, Verwandten oder Familienmitgliedes mit Kerzen, Räucherstäbchen und frischem Obst bestückt wird. Es ist zu erkennen, dass sich die vietnamesischen Vertragsarbeiter <strong>in</strong> der DDR, trotz der kulturellen und sozialen Unterschiede, auf ihre eigene Art und Weise gut zu Recht fanden. E<strong>in</strong>e starke Gruppenbildung und Abkapselung zur deutschen Gesellschaft ist dennoch zu 120 Vgl.: Interview Herr V<strong>in</strong>h L.V.. 121 Vgl.: Interview Herr Thai V.D.; zum Folgenden, ebenda. 39
verzeichnen und auf die sprachliche und räumliche Distanzierung zurückzuführen. Schon die getrennte Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> separaten Wohnheimen förderte e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terne Gruppendynamik der Vietnamesen. In den Augen von Herrn Thai V.D., hatten die meisten Vietnamesen jedoch ke<strong>in</strong>e Probleme, sich im Alltagsleben der DDR zu behaupten. Für ihn zeichnen sich Vietnamesen durch ihre enorme Anpassungsfähigkeit aus, was ihnen ermöglicht, sich auch unter schwierigen Umständen gut zurechtzuf<strong>in</strong>den. 40
- Seite 1 und 2: Eberhard Karls Universität Tübing
- Seite 3 und 4: 5. Diên Hông - Gemeinsam unter ei
- Seite 5 und 6: nach der Wiedervereinigung als eine
- Seite 7 und 8: Verwendung der maskulinen Form gew
- Seite 9 und 10: Ausgrenzung von Minderheiten durch
- Seite 11 und 12: der 90er Jahre vermittelt 22 , geli
- Seite 13 und 14: zehnjährigen Bestehen über die T
- Seite 15 und 16: Methodisches Vorgehen Um einen Übe
- Seite 17 und 18: Bei den für diese Arbeit geführte
- Seite 19 und 20: verbessern, die Aus- und Weiterbild
- Seite 21 und 22: ihres DDR-Aufenthalts ihren deutsch
- Seite 23 und 24: Die hier dargestellten rechtlichen
- Seite 25 und 26: vietnamesische Gesellschaft und spi
- Seite 27 und 28: Arbeitern zuständig waren. Da die
- Seite 29 und 30: aus begonnen, einen Bebauungsplan f
- Seite 31 und 32: anderen Vertragsarbeiter. 84 Anhand
- Seite 33 und 34: 2. Integration und Ausländerfeindl
- Seite 35 und 36: Anlagen. Trotzdem galten vor allem
- Seite 37 und 38: 2.2 Der Alltag und die reale Lebens
- Seite 39 und 40: dass sie ihren heutigen Ehemann, de
- Seite 41: 2.3 Sprachliche, soziale und kultur
- Seite 45 und 46: DDR klar von ihm distanzierte und s
- Seite 47 und 48: ganze Wohnblöcke, die ausschließl
- Seite 49 und 50: das Vorkommen von Konflikten meist
- Seite 51 und 52: Bevölkerung ignorierte: „(…) d
- Seite 53 und 54: Erwachsenen, die von der Jugend auf
- Seite 55 und 56: wirtschaftlich schwächeren Länder
- Seite 57 und 58: Wahlen vorzubereiten, die Grundlini
- Seite 59 und 60: kommunalen Ausländerwahlrechts bei
- Seite 61 und 62: 3.2 Die Verlierer der Wende Der Zus
- Seite 63 und 64: Die „Wiener Konvention über das
- Seite 65 und 66: Dadurch erhielten viele Vertragsarb
- Seite 67 und 68: Mit der bundeseinheitlichen Bleiber
- Seite 69 und 70: Aufenthaltsgenehmigung, ohne Berufs
- Seite 71 und 72: das Überleben in Deutschland, vor
- Seite 73 und 74: Branche Anteil Gastronomie (Imbiss,
- Seite 75 und 76: vietnamesischen Community. Nur durc
- Seite 77 und 78: 4. Integration und Ausländerfeindl
- Seite 79 und 80: Lernfähigkeit, Flexibilität und S
- Seite 81 und 82: Diese rechtsextremistischen Gruppie
- Seite 83 und 84: Vorwände für deren Verfolgung war
- Seite 85 und 86: 4.2 Rostock-Lichtenhagen: Deutscher
- Seite 87 und 88: Asylbewerberaufnahmestelle geboten,
- Seite 89 und 90: den Deutschen, Ausländer raus!“
- Seite 91 und 92: Polizeidirektor Siegfried Kordus be
- Seite 93 und 94:
zunächst kein ernsthaftes politisc
- Seite 95 und 96:
diese Arbeit Befragten Vietnamesen
- Seite 97 und 98:
in der städtischen Gesellschaft de
- Seite 99 und 100:
VietnamesInnen, abgebaut werden“
- Seite 101 und 102:
Vorstellungen vieler vietnamesische
- Seite 103 und 104:
sichern und die Erfahrungen aus dem
- Seite 105 und 106:
Selbständigkeit bot dabei vielen V
- Seite 107 und 108:
Quellen und Literaturverzeichnis Em
- Seite 109 und 110:
Unbekannt: Lichtenhäger wollen Pro
- Seite 111 und 112:
Ehrlich, Ute: Vietnamesen in den ne
- Seite 113 und 114:
Niethammer, Lutz: Fragen - Antworte
- Seite 115 und 116:
Anhang 1 Beyer, Elfriede: Keiner ha
- Seite 117 und 118:
Anhang 3 Vetter, Ulrich Ben: Lichte
- Seite 119:
Erklärung Hiermit versichere ich d