Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...

„Sigfried Kordus (…) hielt das (…) für falsch, weil damit nicht nur den Angreifenden
ein Erfolgserlebnis beschert wurde, das sie zu weiteren Aggressionen ermutigen
würde. Gleichzeitig wären auch die Beamten im Einsatz entmutigt worden, die nun ein
leeres Gebäude zu schützen hatten. Die Menschen im vietnamesischen Wohnheim sah
man in der Einsatzleitung trotz der Angriffe der vergangenen Tage nicht als gefährdet
an.“ 273
Jochen Schmidt betont, dass die Angriffe auf die ZAST und die damit verbundenen
Missstände auf die vietnamesischen Vertragsarbeiter und deren Familien bezogen waren, und
die Polizei dies letztendlich hätte realisieren müssen. Schmidt kritisiert diese Nachlässigkeit,
indem er darauf aufmerksam macht, dass gerade Polizeidirektor Kordus einen öffentlichen
Artikel in einer Broschüre des Bundesinnenministeriums mit dem Titel „Wehrhafte
Demokratie und Rechtsextremismus. Texte zur Inneren Sicherheit“ verfasst hatte. In diesem
Artikel machte Kordus auf die zunehmende Ausländerfeindlichkeit vor allem auch gegenüber
Vietnamesen in Rostock aufmerksam:
„Ab August 1990 kam es wiederholt zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen
Gruppierungen Jugendlicher und Heranwachsender mit Ausländern (…). Die
zunehmende Ausländerfeindlichkeit richtete sich ebenfalls gegen die noch in Rostock
lebenden vietnamesischen Bürger. Im Stadtgebiet wurden Karten aufgefunden, die zur
‚Ausländervernichtung’ aufriefen. Die Karten waren unterzeichnet mit
‚Ausländervernichtung - Kommando Wolf’ und enthielten Parolen wie ‚Wir kriegen
Euch alle, Deutschland bleibt Deutsch - Sieg Heil!’ oder ‚Vitschis werden
erdrosselt’.“ 274
Demnach hätte auf die Räumung der ZAST, laut Schmidt, auch eine Räumung des
Sonnenblumenhauses folgen müssen, um nicht nur die Asylbewerber, sondern auch die im
benachbarten Haus lebenden Vietnamesen zu schützen.
Im Verlauf des Nachmittages des 24.08.1992 beobachteten anwesende Polizisten in
Lichtenhagen, dass die Situation in der Mecklenburger Allee, trotz der Evakuation der ZAST,
erneut eskalieren könnte. Die Einsatzleiter zweier anwesender Hamburger Hundertschaften
forderten deshalb bei dem örtlichen Einsatzleiter Jürgen Deckert Verstärkung an. Jedoch
konnten an diesem Tag keine weiteren Einsatzkräfte mobilisiert werden, da diese zum Schutz
und zur Sicherung einer zeitgleich in Rostock stattfindenden Konferenz des
Bundesinnenministers Rudolf Seiters mit dem Inspekteur des Bundesgrenzschutzes Fredi
Hitz, Ministerpräsidenten Berndt Seite, Innenminister Lothar Kupfer, dem Abteilungsleiter
Öffentliche Sicherheit im Schweriner
Innenministerium, Olaf von Brevern, und
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Prenzel, S. 21; Schmidt, S. 36.
Zit. nach: Kordus, Siegfried: Aktuelle Fragen der Inneren Sicherheit am Beispiel der Stadt Rostock, in:
Der Bundesminister des Innern (Hrsg.): Wehrhafte Demokratie und Rechtsextremismus. Texte zur
Inneren Sicherheit, Bonn 1992, S. 88; Schmidt. S. 36.
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