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Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...

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Wohnraumkapazitäten im Gebäude der ZAST vollkommen ausgeschöpft waren, und auch die<br />

von der Stadt Rostock gestellten Notunterkünfte die Situation nicht entspannten, sahen sich<br />

viele Asylbewerber gezwungen, vor und um das Gebäude der Mecklenburger Allee zu<br />

campieren. Für viele Asylsuchende brachte diese Situation enorme Belastungen mit sich, da<br />

sie „teils über mehrere Tage h<strong>in</strong>weg unter katastrophalen Bed<strong>in</strong>gungen unter freiem Himmel<br />

auf der Wiese vor der ZAST schlafen mussten.“ 252 E<strong>in</strong> Flüchtl<strong>in</strong>g schildert die Zustände vor<br />

der ZAST:<br />

„Alles war voll (…). Es war katastrophal. So viele Leute. Was ich da gesehen habe,<br />

war erschreckend. Und ich habe gefragt, ‚warum seid ihr hier draußen?‘ Mir wurde<br />

gesagt, daß sie ke<strong>in</strong> Asyl mehr bekommen. Da waren Leute mit kranken K<strong>in</strong>dern. Wir<br />

wurden erniedrigt, wir hatten Hunger. Und wir waren schmutzig. Wir wollten etwas<br />

Wärme und e<strong>in</strong>en Platz, wo wir mit unseren K<strong>in</strong>dern bleiben konnten.“ 253<br />

Die Bevölkerung Rostock-Lichtenhagens organisierte sich und verfasste geme<strong>in</strong>sam aufgrund<br />

der offensichtlich unhaltbaren Zustände mehrere Schreiben an das zuständige<br />

Innenm<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong> Schwer<strong>in</strong>: „Tenor dieser Briefe war weniger e<strong>in</strong>e ausländerfe<strong>in</strong>dliche<br />

Haltung als vielmehr die Sorge vor e<strong>in</strong>er Eskalation.“ 254 Die sich immer mehr zuspitzende<br />

Situation vor und um das Gebäude der ZAST veranlasste auch Rostocks Oberbürgermeister<br />

Klaus Kilimann e<strong>in</strong>en Brief an das Schwer<strong>in</strong>er Innenm<strong>in</strong>isterium zu senden, <strong>in</strong> dem er „von<br />

dramatisch gestiegener Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit sprach und sogar Tötungen nicht mehr<br />

ausschloss“. 255 Die Antwort auf diese Nachricht erhielt Kilimann, nach Auskunft Jochen<br />

Schmidts, erst e<strong>in</strong>en Monat nach Absenden des Briefes. Nicht e<strong>in</strong>mal der Aufforderung der<br />

Anwohner, mobile Toiletten für die Asylbewerber aufzustellen, kam die Stadt Rostock nach,<br />

was die Situation im Frühjahr 1992 noch zusätzlich verschärfte, da die täglich rund 300 frei<br />

campierenden Asylbewerber ihre Notdurft unter freiem Himmel verrichten mussten. Jochen<br />

Schmidt führt bei der Begründung der Stadt für die Weigerung der Verteilung mobiler<br />

Toiletten e<strong>in</strong>en Kommentar von Oberbürgermeister Kilian an: „Das hätte bedeutet, daß wir<br />

e<strong>in</strong>en Zustand legalisieren, den wir nicht haben [wollten].“ 256<br />

Auch von der geplanten Verlegung der ZAST <strong>in</strong> das im Kreis Rostock gelegene<br />

H<strong>in</strong>richshagen sah die Stadt, laut Thomas Prenzel, ab. Das <strong>in</strong> H<strong>in</strong>richshagen bef<strong>in</strong>dliche<br />

ehemalige Militärgebiet hätte deutlich mehr Raumkapazitäten für e<strong>in</strong>e<br />

252<br />

253<br />

254<br />

255<br />

256<br />

Prenzel, S. 16.<br />

Zit. nach: Saunders, Mark und Siobhan Cleary: The Truth Lies <strong>in</strong> Rostock, Dokumentarfilm,<br />

BRD/GB 1993; Prenzel, S. 16.<br />

Schmidt, S. 64.<br />

Ebenda, S. 170 f.<br />

Ebenda, S. 64.<br />

83

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