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Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...

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2.2 Der Alltag und die reale Lebenssituation der Vertragsarbeiter<br />

Die gezielte Isolierung und die vorherrschende Des<strong>in</strong>formationspolitik über den Aufenthalt<br />

ausländischer Werktätiger <strong>in</strong> der DDR erschwerten die Bed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>en vorurteilsfreien<br />

Kontakt zwischen DDR-Bürgern und ausländischen Vertragsarbeitern auf der Basis von<br />

Vertrautheit, Respekt, Toleranz und Freundschaft. Die DDR-Regierung vermied e<strong>in</strong>e<br />

Öffentlichkeitsarbeit <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf den Aufenthalt ausländischer Arbeitskräfte <strong>in</strong> der DDR,<br />

um zu verschleiern, „dass die Vertragsarbeitnehmer aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten der<br />

DDR <strong>in</strong>s Land geholt“ worden waren. 100 Es war gerade diese Des<strong>in</strong>formationspolitik seitens<br />

der Regierung, die zu e<strong>in</strong>er großen Unkenntnis über die tatsächlichen Lebensbed<strong>in</strong>gungen der<br />

ausländischen Werktätigen führte. Dies förderte nicht nur das Entstehen von Gerüchten und<br />

Vorurteilen gegenüber Ausländern, sondern prägte auch e<strong>in</strong> auf Ablehnung und Distanzierung<br />

basierendes Verhältnis. Die Regierungsabkommen unterlagen bis kurz vor der politischen<br />

Wende strikter Geheimhaltung und Daten <strong>in</strong> Bezug auf die Vertragsarbeitnehmer durften<br />

nicht veröffentlicht werden. Arbeitermigration wurde als Ausbildungswanderung verharmlost<br />

und wissenschaftliche Forschungsprojekte über die Lebenssituation von Ausländern <strong>in</strong> der<br />

DDR nicht genehmigt. Wissenschaftliche Mitarbeiter <strong>in</strong> Universitäten und Betrieben mussten<br />

sich schriftlich dazu verpflichten, jegliche Kontakte zu Ausländern zu meiden und umgehend<br />

zu melden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass im Jahr der deutschen Wiedervere<strong>in</strong>igung<br />

rund 60 Prozent der ostdeutschen Bevölkerung angaben, ke<strong>in</strong>en persönlichen Kontakt zu<br />

Ausländern gehabt zu haben, beziehungsweise wenig über diese zu wissen. So verbrachten<br />

zwei von drei Ausländern ihre Freizeit unter sich, ohne Deutsche. Paradoxerweise standen<br />

diese Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> komplettem Widerspruch zu den, laut Regierungsabkommen<br />

versprochenen, Möglichkeiten der kulturellen, sportlichen und sozialen Weiterbildung der<br />

Vertragsarbeiter durch die Betriebe.<br />

In der Anfangsphase der Ausländerbeschäftigung gab es noch Versuche, die ausländischen<br />

Arbeitskräfte durch e<strong>in</strong> Patenprogramm <strong>in</strong> Gastfamilien e<strong>in</strong>zugliedern, um ihnen so e<strong>in</strong><br />

„Gefühl der Heimat zu vermitteln“. Diese Art der Integration brachen staatliche Stellen<br />

jedoch mit der rapide ansteigenden Zahl an Vertragsarbeitern ab. 101 Auszüge aus<br />

Erfahrungsberichten verdeutlichen diese Situation, e<strong>in</strong> ehemaliger Personalleiter e<strong>in</strong>es DDR-<br />

Betriebes er<strong>in</strong>nert sich:<br />

100<br />

Müggenburg, S. 24; zum Folgenden, ebenda, S. 24.<br />

101 Vgl.: Dennis, S. 37.<br />

34

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