Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...
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2.3 Sprachliche, soziale und kulturelle Differenzen<br />
E<strong>in</strong>es der größten Probleme der Vietnamesen <strong>in</strong> der DDR war, wie schon erwähnt, die<br />
Sprachbarriere. Der obligatorische Sprachkurs nach ihrer E<strong>in</strong>reise fiel meist sehr spärlich aus.<br />
Der 3 monatige Intensivsprachkurs war oft die e<strong>in</strong>zige Möglichkeit, die Deutsche Sprache zu<br />
erlernen. Herr Thai V.D. berichtet, dass für aufgeschlossene und lernwillige Vertragsarbeiter<br />
Büchermaterial zum Selbststudium der deutschen Sprache angeboten wurde. Die<br />
ausländischen Arbeiter konnten so ihre Freizeit nutzen, um sich sprachlich fortzubilden. Dies<br />
taten jedoch se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nicht allzu viele, sondern nur diejenigen, die wirklich Interesse<br />
an der Fremdsprache hatten. 115 Wer etwas Deutsch sprechen konnte, hatte nach der Me<strong>in</strong>ung<br />
von Herrn Thai V.D. auch weniger Schwierigkeiten Kontakte zu deutschen Arbeitskollegen<br />
herzustellen. Viele vietnamesische Vertragsarbeiter hatten jedoch nicht das Bedürfnis Deutsch<br />
zu lernen. Für Herrn Bao D.V. war die Motivation dazu dadurch nicht vorhanden, weil er die<br />
Sprache zum Arbeiten nicht essentiell benötigte. Er betont jedoch, dass er schon früh sehr gut<br />
Deutsch verstanden hatte. Das war wichtig, um den Anweisungen der Gruppenleiter Folge<br />
leisten zu können. 116 Es waren deshalb vor allem die sprachlichen Defizite, welche die<br />
Vertragsarbeiter an den Rand der DDR-Gesellschaft drängten. Nicht selten wurden sie<br />
aufgrund sprachlicher Mängel am Arbeitsplatz benachteiligt. Diese Benachteiligung war<br />
sogar von Staats wegen legitimiert und <strong>in</strong> den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen der Verträge festgehalten:<br />
„(…) In den Rahmenverträgen (…) wurde festgelegt, daß die Werktätigen nicht mit Arbeiten<br />
beschäftigt werden [durften], für deren sichere Ausführung sie nicht die erforderlichen<br />
Kenntnisse der deutschen Sprache [besaßen]“. 117<br />
Doch auch andere <strong>in</strong>terkulturelle Unterschiede bereiteten den ausländischen Werktätigen <strong>in</strong><br />
der DDR Schwierigkeiten. Die Umstellung auf die deutsche Ernährung brachte für viele<br />
Ausländer Probleme mit sich. Die meisten Vietnamesen mussten sich an das deutsche Essen<br />
erst gewöhnen und viele klagten über Magenbeschwerden, Krankheiten oder<br />
Mangelersche<strong>in</strong>ungen. 118 Die Gewöhnung an das Kant<strong>in</strong>enessen <strong>in</strong> den Betrieben fiel den<br />
vietnamesischen Vertragsarbeitern schwer, vor allem deswegen, weil <strong>in</strong> Deutschland die<br />
Hauptmahlzeit des Tages mittags und <strong>in</strong> Vietnam traditionell abends e<strong>in</strong>genommen wird. 119<br />
115 Vgl.: Interview Herr Thai V.D..<br />
116 Vgl.: Interview Herr Bao D.V..<br />
117<br />
Jasper, S. 177.<br />
118 Vgl.: Beth, Uta und Anja Tuckermann: Geschichte, Arbeit und Alltag vietnamesischer Migrant_<strong>in</strong>nen, <strong>in</strong>:<br />
Kien Nghi Ha (Hrsg.): Asiatische Deutsche. <strong>Vietnamesische</strong> Diaspora and Beyond, Berl<strong>in</strong> 2012, S. 108.<br />
119 Vgl.: Feige, S. 46; zum Folgenden, ebenda.<br />
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