Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...
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vietnamesischen Community. Nur durch Privatdarlehen von vietnamesischen Freunden und<br />
Bekannten konnte sie sich den Wunsch nach e<strong>in</strong>em eigenen Imbissstand f<strong>in</strong>anzieren. E<strong>in</strong><br />
Vorteil, den Frau Nguyen T.B.T. hatte, war die Hilfe ihres deutschen Nachbars. Dieser half<br />
Frau Nguyen T.B.T. bei organisatorischen und bürokratischen Angelegenheiten, welche die<br />
meisten ausländischen, selbstständigen Unternehmer anfangs überfordern: Interne<br />
Kassenbuchabrechnungen, Kontakte zur Industrie und Handelskammer, Anmeldungen beim<br />
Gewerbeamt sowie die notwendigen Anmeldungen und Meldepflichten bei der<br />
Berufsgenossenschaft. Frau Nguyen T.B.T. verdankt diesem hilfsbereiten Nachbarn e<strong>in</strong>en<br />
erleichterten Start <strong>in</strong>s selbstständige Berufsleben, <strong>in</strong> dessen Genuss nicht viele der ehemaligen<br />
vietnamesischen Vertragsarbeiter kamen. Doch auch hier, berichtet Frau Nguyen T.B.T.,<br />
verließen sich viele der Vietnamesen auf die Unterstützung der ethnischen Community und<br />
bekamen Hilfe von Freunden und Bekannten, die bereits Erfahrungen <strong>in</strong> diesem Bereich<br />
gesammelt hatten.<br />
Kar<strong>in</strong> Weiss betont die Wichtigkeit dieser vietnamesischen Community. Die bildete nicht nur<br />
die Basis für soziale Beziehungen, sondern stand auch für materielle Sicherheit und<br />
Hilfsangebote <strong>in</strong> Notsituationen. Für die meisten vietnamesischen Vertragsarbeiter war ihre<br />
soziale Bezugsgruppe der Ersatz für die traditionelle Sozialversicherung: „Die Bezugsgruppe<br />
[sicherte] die Kreditwürdigkeit und Versorgung <strong>in</strong> Zeiten von Arbeitslosigkeit oder Krankheit<br />
und [half], neu ankommende Familienangehörige <strong>in</strong> Deutschland (…) zu versorgen.“ 217<br />
Obwohl Frau Nguyen T.B.T. zu Beg<strong>in</strong>n ihrer Arbeit nicht die f<strong>in</strong>anziellen Mittel zur<br />
Gründung des Imbisses besaß und sich für ihre Verhältnisse sehr hoch verschulden musste,<br />
war der Schritt zur Selbstständigkeit für sie der e<strong>in</strong>zige Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bessere Zukunft:<br />
„Ich hab auch gedacht, es ist am Anfang sehr schwer. (…) Ke<strong>in</strong>e Auto und nix Geld<br />
und so und ich sag: Jetzt fang ich an mit selbstständig machen! Ich fahr mit me<strong>in</strong>em<br />
Sohn zum K<strong>in</strong>dergarten, e<strong>in</strong>e Hand me<strong>in</strong> Sohn und e<strong>in</strong>e Hand mit Nudeln, Gemüse <strong>in</strong><br />
der Tüte und zum Imbiss: verkaufen.“ 218<br />
Während ihr Mann weiterh<strong>in</strong> als angestellter Maler se<strong>in</strong> Geld verdiente, begann Frau Nguyen<br />
T.B.T. ihren Imbiss zu eröffnen. Nach e<strong>in</strong>er schwierigen Anfangsphase mit wenig Kunden,<br />
konnte sie nach e<strong>in</strong>iger Zeit erste Erfolge verzeichnen und ihren Kundenstamm vergrößern.<br />
Daraufh<strong>in</strong> beendete ihr Mann se<strong>in</strong>e Arbeit als Maler und arbeitete bei ihr im Imbissbetrieb<br />
mit. Ihr Erfolgsrezept, so Nguyen T.B.T., war die Komb<strong>in</strong>ation des Angebots aus deutscher<br />
217<br />
218<br />
Weiss: Nach der Wende, S. 88.<br />
Gesprächsrunde Diên Hông e.V..<br />
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