Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...
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3.2 Die Verlierer der Wende<br />
Der Zusammenbruch der DDR und die deutsche Wiedervere<strong>in</strong>igung brachten grundlegende<br />
Veränderungen für das Leben der DDR-Bürger aber auch der ausländischen Arbeitskräfte mit<br />
sich. Politische und gesellschaftliche Veränderungen erfassten sehr schnell die DDR-<br />
Wirtschaft und der radikale Wandel wirkte sich direkt negativ auf das Leben der<br />
Vertragsarbeitnehmer aus. Denn während sich für die Bürger der DDR e<strong>in</strong>e Erweiterung ihrer<br />
bürgerlichen Rechte und e<strong>in</strong>e Verbesserung ihrer materiellen und kulturellen Lebensqualität<br />
abzeichneten, wurde den ausländischen Vertragsarbeitern die deutliche Verschlechterung<br />
ihrer Aufenthaltsbed<strong>in</strong>gungen bewusst. 179 Zum Zeitpunkt der Wende lebten noch etwa<br />
190.000 Ausländer <strong>in</strong> der DDR, von denen rund 90.000 Vertragsarbeiter waren. 180 Den<br />
größten Anteil der Vertragsarbeiter zu dieser Zeit bildeten, wie schon <strong>in</strong> der Vorwendezeit,<br />
die vietnamesischen Vertragsarbeiter. Die Regierungsabkommen der Vertragsarbeiter waren<br />
noch bis 31.12.1990 <strong>in</strong> Kraft und hatten darüber h<strong>in</strong>aus Geltung, solange die ausländischen<br />
Arbeiter <strong>in</strong> DDR-Betrieben tätig waren. Offiziell galten somit Verträge, die bei der E<strong>in</strong>reise<br />
1989 geschlossen wurden, bis 1994/95 und durften nicht e<strong>in</strong>seitig gekündigt werden. 181<br />
E<strong>in</strong>seitige Kündigungen wären rechtswidrig gewesen, hätten unmittelbar völkerrechtliche<br />
Konsequenzen mit sich gebracht und die freundschaftlichen Beziehungen zu den<br />
Partnerländern bee<strong>in</strong>trächtigt. Als erster Schritt wurden alle für 1990 vorgesehenen E<strong>in</strong>reisen<br />
<strong>in</strong> die DDR von der DDR-Regierung storniert.<br />
Die Situation der Betriebe wurde immer problematischer, da die vormals bezahlten<br />
Subventionen nun durch die Stornierungen der Regierungsverträge gekürzt oder e<strong>in</strong>gestellt<br />
wurden. Dies entzog vielen Betrieben die zum Wirtschaften nötigen f<strong>in</strong>anziellen Mittel, was<br />
e<strong>in</strong>en Großteil von ihnen <strong>in</strong> den Konkurs führte. Darüber h<strong>in</strong>aus kam es <strong>in</strong> vielen Betrieben zu<br />
Produktionse<strong>in</strong>schränkungen und Profilveränderungen, die entweder <strong>in</strong> Kurzarbeit oder<br />
Entlassungen mündeten. Viele der großen Komb<strong>in</strong>ate zerbrachen und mussten sich <strong>in</strong><br />
Unterbetriebe aufteilen oder schließen. Zusätzlich zum knappen Budget bereiteten vielen<br />
Betrieben nun die durch die ausländischen Arbeiter entstandenen Mehrkosten große<br />
Probleme, wie die F<strong>in</strong>anzierung der Wohnheime oder der Heimflüge. Laut Vertrag durften die<br />
179 Vgl.: Marburger, S. 31.<br />
180 Vgl.: Berger, Almuth: Nach der Wende: Die Bleiberechtsregelung und der Übergang <strong>in</strong> das vere<strong>in</strong>te<br />
Deutschland, <strong>in</strong>: Kar<strong>in</strong> Weiss (Hrsg.): Erfolg <strong>in</strong> der Nische? Die Vietnamesen <strong>in</strong> der DDR und <strong>in</strong><br />
Ostdeutschland, Münster 2005, S. 70.<br />
181 Vgl.: Ebenda, S. 71; zum Folgenden, ebenda, S. 71 f.<br />
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