Zwischen Zwei Welten: Vietnamesische VertragsarbeiterInnen in ...
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Vorwände für deren Verfolgung waren, laut Helga Marburger, schon seit Jahrzehnten aus den<br />
alten Bundesländern bekannt: 243<br />
- „Sie nehmen Arbeitsplätze weg und okkupieren Wohnraum.“<br />
- „Sie s<strong>in</strong>d unberechtigte Nutznießer von Sozialleistungen, die eigentlich Deutschen<br />
zustehen.“<br />
- „Sie gefährden die deutsche Kultur.“<br />
- „Sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> gefährliches Krim<strong>in</strong>alitätspotential.“<br />
Die für diese Arbeit geführten Interviews mit den ehemaligen vietnamesischen<br />
Vertragsarbeitern aus Rostock bestätigen die Grundauffassung, dass rechtsextreme und<br />
fremdenfe<strong>in</strong>dliche Tendenzen <strong>in</strong> der Wende- und Nachwendezeit zunahmen. Herr Long N.D.<br />
berichtet von e<strong>in</strong>er Zunahme fremdenfe<strong>in</strong>dlicher Übergriffe im Alltag und von konkreten<br />
Übergriffen auf Ausländer, zum Beispiel an Bushaltestellen, die öfters mit<br />
Körperverletzungen e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>gen. 244 Herr Long N.D. macht den Systemwechsel für die<br />
zunehmende Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit verantwortlich, da das „strenge System“ der DDR<br />
Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit nicht zuließ und erst die neu gewonnenen Freiheiten im Zuge der<br />
Wende fremdenfe<strong>in</strong>dliche E<strong>in</strong>stellungen hervorbrachten. Auch Herr V<strong>in</strong>h L.V. spricht von<br />
e<strong>in</strong>er durch Angst geprägten Zeit. Er berichtet, dass er und se<strong>in</strong>e vietnamesischen Kollegen<br />
sich nur noch <strong>in</strong> Gruppen <strong>in</strong>s Freie getraut haben. Er fügt h<strong>in</strong>zu, dass auch schon zu DDR-<br />
Zeiten Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit gegenüber Vertragsarbeitern bestanden hatte, die sich <strong>in</strong><br />
Beschimpfungen äußerte. Herr V<strong>in</strong>h L.V. betont, dass das Verhältnis zwischen Ausländern<br />
und Deutschen nach der Wende deutlich angespannter wurde. Auch er führt die Ursachen<br />
dafür darauf zurück, dass es <strong>in</strong> der DDR „Pr<strong>in</strong>zipien“ gegeben hatte, die solche<br />
Ausschreitungen verh<strong>in</strong>derten oder unterbanden, während die neu erlangte Freiheit <strong>in</strong> der<br />
Bundesrepublik solche Entwicklungen ermöglichte. 245 Die Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit, die den<br />
ausländischen Vertragsarbeitern entgegengebracht wurde, brachte nicht nur schwere<br />
psychische Belastungen, sondern, wie man anhand der Aussagen erkennt, auch<br />
e<strong>in</strong>schneidende Beh<strong>in</strong>derungen im Alltagsleben mit sich: „Öffentliche Verkehrsmittel,<br />
243 Vgl.: Marburger, S. 48.<br />
244 Vgl.: Interview Herr Long N.D..<br />
245 Vgl.: Interview Herr V<strong>in</strong>h L.V..<br />
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