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Infodienst Krankenhäuser Nr. 60 - Gesundheit & Soziales - Ver.di

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Eine Krankenhausökonomie von Gut und Böse<br />

Tarif- und<br />

Branchenpolitik<br />

Eine Antwort auf <strong>di</strong>e Kritiken<br />

von Günter Busch, Marc Kappler<br />

und Fabian Rehm*<br />

* siehe <strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> Es ist schön, dass wir eine kontroverse<br />

Debatte führen, aber leider<br />

58, S. 25ff.<br />

gehen Günter Busch, Marc Kappler<br />

** siehe Michael und Fabian Rehm auf <strong>di</strong>e inhaltliche<br />

Wendl: Kapitalismus<br />

als Innotisch<br />

nicht ein. Ich war von ver.<strong>di</strong><br />

Substanz meiner Darstellung** fakvation,<br />

<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> gebeten worden, nach der Entscheidung<br />

von Fresenius AG und Rhön-<br />

57, S. 20f.<br />

Klinikum AG (RKA) für eine Fusion<br />

der Helios-Kliniken und der RKA-<br />

Kliniken <strong>di</strong>e dahinter stehende strategische<br />

Konzeption zu erläutern.<br />

Diese Konzeption stammt nicht<br />

von mir, aber ich kenne sie in den<br />

Grundzügen und ersten Überlegungen<br />

seit über 20 Jahren, weil<br />

<strong>di</strong>e frühere Gewerkschaft ÖTV seit<br />

Anfang der 1980er Jahre Tarifverträge<br />

mit der damaligen Rhön-<br />

Klinikum GmbH vereinbart hatte<br />

und <strong>di</strong>e Entwicklung <strong>di</strong>eses Unternehmens<br />

einschließlich der juristischen<br />

Durchsetzung der Unternehmensmitbestimmung<br />

eng von der<br />

ÖTV, später von ver.<strong>di</strong> begleitet<br />

wurde und <strong>di</strong>ese Gewerkschaften<br />

auch im Aufsichtsrat vertreten<br />

waren bzw. sind.<br />

1. Der Erfolg der<br />

Rhön-Klinikum AG<br />

Im nach dem Mitbestimmungsgesetz<br />

von 1976 gebildeten Aufsichtsrat<br />

der RKA sind Fragen der Unternehmensstrategie<br />

von Anfang an<br />

sehr offen auch mit der Arbeit-<br />

Die von Michael Wendl, Günter Busch und anderen hier im <strong>Info<strong>di</strong>enst</strong><br />

Krankenhäuser publizierte Kontroverse bietet aus Sicht der<br />

Redaktion eine gute Grundlage für <strong>di</strong>e in unserem Fachbereich zu<br />

führende Debatte um <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>änderungen des Krankenhausmarktes<br />

und <strong>di</strong>e erforderliche politische Ausrichtung hierzu.<br />

Die Kontroverse wurde zwischenzeitlich weitergeführt in der Zeitschrift<br />

»Sozialismus«. Siehe Günter Busch: Öffentliche Daseinsvorsorge<br />

bei Privatisierung? In: Sozialismus 1/2013, sowie<br />

Michael Wendl: Kapitalistische Krankenhäuser als Innovation?<br />

und Hartmut Reiners: Ökonomisierung des <strong>Gesundheit</strong>swesens =<br />

Privatisierung = Heuschreckeninvasion? In: Sozialismus 2/2013. ■<br />

Redaktion <strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> Krankenhäuser<br />

nehmerbank und mit der zustän<strong>di</strong>gen<br />

Gewerkschaft <strong>di</strong>skutiert worden.<br />

Der wirtschaftliche Erfolg der<br />

RKA auf dem Sektor der Kliniken<br />

basierte von Anfang an darauf,<br />

dass eine hoch leistungsfähige<br />

Me<strong>di</strong>zin für <strong>di</strong>e breite Bevölkerung<br />

unter Anlehnung an industrielle<br />

<strong>Ver</strong>fahren und Prinzipien der<br />

Skalenökonomie und des Fließoder<br />

Flussprinzips konzipiert und<br />

umgesetzt wurde.<br />

Sie hatte ihren wirtschaftlichen<br />

Basiserfolg bei komplizierten und<br />

technisch aufwän<strong>di</strong>gen Herzoperationen<br />

in den 1980er Jahren erzielt,<br />

als <strong>di</strong>e Kassenpatienten bei den<br />

Universitätskliniken noch in den<br />

Warteschlangen für <strong>di</strong>e entsprechenden<br />

Operationen gestanden<br />

hatten, weil zunächst <strong>di</strong>e Privatpatienten<br />

behandelt wurden, und <strong>di</strong>e<br />

RKA <strong>di</strong>ese Warteschlangen systematisch<br />

»wegoperiert« hatte. Deshalb<br />

war <strong>di</strong>eses Konzept einer modernen<br />

Me<strong>di</strong>zin, <strong>di</strong>e allen Patienten ohne<br />

Standes- oder Klassenschranken zugutekommt,<br />

auch aus einer Sicht,<br />

<strong>di</strong>e auf <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>sorgung der Patienten<br />

gerichtet ist, interessant.<br />

Die RKA hat nicht nur öffentliche<br />

Kliniken gekauft und wirtschaftlich<br />

zu führen versucht, sondern zielte<br />

von Anfang an darauf, zugleich<br />

<strong>di</strong>e Rationalisierungsreserven, <strong>di</strong>e in<br />

dem irrationalen Nebeneinander<br />

von ambulanter und stationärer<br />

<strong>Ver</strong>sorgung einerseits und den<br />

sachlich nicht gerechtfertigten<br />

Unterschieden zwischen den privat<br />

<strong>Ver</strong>sicherten und den Kassenpatienten<br />

in Fragen der Behandlung nach<br />

wie vor bestehen, zu nutzen.<br />

Der wirtschaftliche Erfolg der<br />

RKA-Kliniken ist nur verständlich,<br />

wenn wir zugleich <strong>di</strong>e Ineffizienz<br />

und <strong>di</strong>e berufsstän<strong>di</strong>sche <strong>Ver</strong>krustung<br />

der öffentlichen Krankenhäuser<br />

und <strong>di</strong>e Orientierung der leitenden<br />

Ärzte an der <strong>Ver</strong>sorgung und<br />

Abrechnung der Privatpatienten,<br />

also an einer Strategie des Rent-<br />

Seeking betrachten. Das Motiv für<br />

<strong>di</strong>ese Sicht und den daraus resultierenden<br />

Umbau der Krankenhäuser<br />

ist kapitalistisch – deshalb auch<br />

meine Überschrift »Kapitalismus<br />

als Innovation«.<br />

Wenn wir <strong>di</strong>e Kombination von<br />

Sachkapital und menschlicher Arbeitskraft<br />

rational im Sinne einer<br />

Skalenökonomie nutzen wollen,<br />

dann sind <strong>di</strong>e Unterschiede der<br />

Patienten nach der Kassenart, oder<br />

eine bestimmte hochgra<strong>di</strong>g hierarchische<br />

und stän<strong>di</strong>sche Organisation<br />

der Arbeit in den Krankenhäusern,<br />

aber auch bei der ambulanten<br />

<strong>Ver</strong>sorgung, nicht nur nicht sinnvoll,<br />

sondern sie sind Blockaden<br />

im Rahmen einer wirtschaftlichen<br />

Steuerung, <strong>di</strong>e gesellschaftliche<br />

Ressourcen, also auch Steuern und<br />

Beiträge zur Sozialversicherung<br />

rational einzusetzen versucht.<br />

Wir müssen ebenfalls sehen, dass<br />

mit dem Einstieg privater Klinikträger<br />

<strong>di</strong>e auf dem Krankenhaussektor<br />

zu recht kritisierte stagnierende<br />

Entwicklung der Investitionen wieder<br />

angeschoben wurde.<br />

Es ist bemerkenswert, dass sich<br />

meine Kritiker mit <strong>di</strong>eser Darstellung<br />

der Entwicklungsblockaden für<br />

<strong>di</strong>e öffentlichen Krankenhäuser, mit<br />

ihrer Rolle als einer statischen »<strong>Ver</strong>geudungsökonomie«<br />

gerade nicht<br />

auseinandersetzen.<br />

Mir ist auch klar, warum sie das<br />

nicht tun. Sie vertei<strong>di</strong>gen faktisch<br />

stän<strong>di</strong>sch organisierte und strukturell<br />

nicht wirtschaftliche Krankenhäuser,<br />

weil sie aus ideologischen<br />

Gründen <strong>di</strong>e öffentlichen Krankenhäuser<br />

mit chronischen Defiziten<br />

für <strong>di</strong>e ethisch und politisch besseren<br />

Krankenhäuser halten. Sie leiden<br />

politisch enorm darunter, dass<br />

<strong>di</strong>e Privatisierung der Krankenhäu-<br />

■ 12<br />

<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> Krankenhäuser <strong>Nr</strong>. <strong>60</strong> ■ März 2013

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