Infodienst Krankenhäuser Nr. 60 - Gesundheit & Soziales - Ver.di
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Servicebetriebe<br />
Klinikum Nürnberg Service GmbH:<br />
Zaubertrank? Brauchen wir nicht!<br />
Wir befinden uns im Jahre 2013<br />
n. Chr. Am ganzen Klinikum in<br />
Nürnberg wird nach TVöD bezahlt<br />
… Am ganzen Klinikum?<br />
Nein! Für ca. <strong>60</strong>0 Beschäftigte<br />
der Klinikum Nürnberg Service<br />
GmbH (KNSG) gilt nicht der TVöD,<br />
sondern <strong>di</strong>e Entgelt- und (einige)<br />
Mantel-Regelungen aus dem<br />
Gebäudereinigerhandwerk, <strong>di</strong>e der<br />
Arbeitgeber einseitig anwendet.<br />
Um etwaigen Missverständnissen<br />
an <strong>di</strong>eser Stelle der Geschichte<br />
gleich vorzubeugen: Die gut<br />
<strong>60</strong>0 Kolleginnen und Kollegen der<br />
KNSG haben nicht etwa, wie aus<br />
einem berühmten Gallier-Comic<br />
bekannt, erbitterten Widerstand<br />
gegen den TVöD geleistet. Nein!<br />
Vielmehr wurde ihnen <strong>di</strong>eses<br />
Ausgliederungsmodell, wie bundesweit<br />
mittlerweile an ganz vielen<br />
sog. Servicegesellschaften<br />
üblich, seitens des Arbeitgebers<br />
»übergestülpt«, um auf ihrem<br />
Rücken in erster Linie Steuern und<br />
Lohnkosten zu sparen sowie bauliche<br />
Maßnahmen zu finanzieren.<br />
Und dementsprechend, und damit<br />
sind wir wieder in der Geschichte,<br />
ist das Leben nicht leicht für <strong>di</strong>e<br />
Kolleginnen und Kollegen.<br />
Noch! Denn ähnlich den zwischenzeitlich<br />
tarifierten Servicegesellschaften<br />
in Memmingen und<br />
Fürth sowie weiteren (noch) nicht<br />
tarifierten im Freistaat Bayern hatten<br />
sich <strong>di</strong>e KNSGler zu Beginn<br />
des Jahres 2011 entschlossen,<br />
ihrerseits etwas gegen Ungleichbehandlung<br />
und schlechte Entlohnung<br />
zu unternehmen. Und bis<br />
heute hören sie nicht auf »Widerstand<br />
zu leisten«. Denn sie wissen:<br />
Nur wenn sie ihrem Arbeitgeber<br />
das Leben schwerer machen, werden<br />
sich ihre Lebensbe<strong>di</strong>ngungen<br />
ein Stück weit erleichtern.<br />
Dass es dazu einen langen Atem<br />
braucht und auch noch brauchen<br />
wird, war von vornherein klar.<br />
Ebenso der Weg zum Ziel. Unter<br />
Anwendung des Konzeptes der<br />
»Be<strong>di</strong>ngungsgebundenen Tarifarbeit«<br />
war und ist es Zielstellung,<br />
über einen guten Organisationsgrad<br />
Handlungs- und Aktionsfähigkeit<br />
herzustellen, um anschließend<br />
fair und auf Augenhöhe mit<br />
der Arbeitgeberseite verhandeln<br />
zu können. Unterstützung bekamen<br />
und bekommen <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
vor Ort von den haupt- und<br />
ehrenamtlichen ver.<strong>di</strong>-<strong>Ver</strong>tretern.<br />
So ist es gelungen <strong>di</strong>e Mitgliederzahl<br />
von anfangs 30 auf zwischenzeitlich<br />
218 Mitglieder zu<br />
erhöhen. Unter großer Mitgliederbeteiligung<br />
wurde im Januar 2013<br />
eine Tarifkommission gewählt.<br />
Ende Februar 2013 sollen dann<br />
auch <strong>di</strong>e Forderungen konkretisiert<br />
werden, um dann zeitnah<br />
erste Gespräche mit der Arbeitgeberseite<br />
zu führen.<br />
Allen Beteiligten ist klar, dass<br />
noch nichts gewonnen ist. Aber<br />
das Fundament ist gelegt! Und es<br />
bleibt nach wie vor Aufgabe, noch<br />
besser (stärker) zu werden, zumal<br />
es jetzt in <strong>di</strong>e »heiße Phase« geht.<br />
Da ist es besonders erfreulich,<br />
dass insbesondere im letzten halben<br />
Jahr mehr als 100 Beschäftigte<br />
ver.<strong>di</strong> beigetreten sind.<br />
Die Kolleginnen und Kollegen<br />
der KNSG haben den Beweis erbracht,<br />
dass es sich lohnt am Ball<br />
zu bleiben und konsequent an<br />
dem gemeinsamen Ziel »Tarifvertrag<br />
2013 für <strong>di</strong>e KNSG« zu<br />
arbeiten. Das ver<strong>di</strong>ent nicht nur<br />
Respekt und Hochachtung, sondern<br />
kann und sollte auch anderen<br />
Beschäftigten in Servicegesellschaften<br />
Ansporn sein und Mut<br />
machen! ■<br />
Thorsten Hautmann, ver.<strong>di</strong>-<br />
Bundesverwaltung, Projekt Servicegesellschaften<br />
Die frisch gewählte Tarifkommission<br />
Interview mit Bettina Musall,<br />
BR-Vorsitzende der KNSG<br />
?¿ Warum wart ihr bei der<br />
KNSG bei der Mitgliederentwicklung<br />
gerade zuletzt so erfolgreich?<br />
Unsere Mitgliederentwicklung<br />
haben wir unseren Kolleginnen<br />
und Kollegen der KNSG zu verdanken.<br />
Durch »neuen Wind« im Betriebsrat<br />
konnten wir in vielen Einzel-<br />
und Gruppengesprächen und<br />
mit viel Überzeugungskraft aufzeigen,<br />
warum es sinnvoll ist, sich<br />
aktiv einzubringen und ver.<strong>di</strong> beizutreten.<br />
Das Wichtigste in solchen<br />
Gesprächen ist es, keinen<br />
Druck auf <strong>di</strong>e Beschäftigten auszuüben.<br />
Mit viel »Mundpropaganda«<br />
werben sich heute noch Beschäftigte<br />
der KNSG gegenseitig, um<br />
einen Haustarifvertrag zu erreichen.<br />
ver.<strong>di</strong> hat in zwei bayrischen<br />
Städten Haustarifverträge in Servicegesellschaften<br />
abgeschlossen.<br />
Das macht Mut. Auch ver.<strong>di</strong>-Aktionen<br />
wie z.B. Flyer, Informationsblätter<br />
usw. zeig(t)en Wirkung bei<br />
unseren Beschäftigten. Deshalb<br />
waren wir erfolgreich und werden<br />
unsere Mitgliederentwicklung<br />
auch weiter so erfolgreich umsetzen<br />
bis auch WIR einen Haustarifvertrag<br />
abschließen können. ■<br />
?¿ Worauf wird es aus deiner<br />
Sicht in den nächsten Wochen und<br />
Monaten besonders ankommen?<br />
Besonders in nächster Zeit ist es<br />
wichtig, dass unsere Mitgliederentwicklung<br />
weiter positiv ist und<br />
unsere Mitglieder mitziehen.<br />
■ 30<br />
<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> Krankenhäuser <strong>Nr</strong>. <strong>60</strong> ■ März 2013