Infodienst Krankenhäuser Nr. 60 - Gesundheit & Soziales - Ver.di
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Berufspolitik<br />
Bildungswerk ver.<strong>di</strong> in Niedersachsen schult<br />
Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland<br />
Krankenhäuser sind von akuter<br />
Personalnot betroffen. Insbesondere<br />
im ländlichen Raum finden<br />
sich zu wenige BewerberInnen für<br />
vakante Arztstellen. In Nordostniedersachsen<br />
sind zur Zeit bis zu<br />
20 Prozent der offenen Stellen<br />
nicht besetzt. Die Anwerbung von<br />
ÄrztInnen aus dem Ausland ist<br />
eine Strategie, der Situation<br />
entgegenzuwirken. Zahlreiche<br />
Personalvermittlungen haben sich<br />
darauf spezialisiert. So kamen im<br />
Klinikum Uelzen im letzten Jahr<br />
18 neue Kollegen aus 9 Ländern<br />
hinzu, in Dannenberg ist ca. <strong>di</strong>e<br />
Hälfte der Ärzteschaft international.<br />
Während <strong>di</strong>e Anerkennung der<br />
fachlichen Ausbildung im Gegensatz<br />
zu anderen Berufsabschlüssen<br />
unproblematischer möglich ist,<br />
wird im Arbeitsalltag deutlich, wie<br />
stark sich neben <strong>Ver</strong>stän<strong>di</strong>gungsschwierigkeiten<br />
kulturelle Unterschiede<br />
auswirken. Das <strong>Ver</strong>hältnis<br />
zwischen Arzt und Patient ist in<br />
Deutschland anders, ebenso wie<br />
<strong>di</strong>e ausgeprägten Hierarchien, <strong>di</strong>e<br />
in den hiesigen Kliniken nach wie<br />
vor vorherrschen.<br />
Aktuell werden <strong>di</strong>e internationalen<br />
Ärzte wenig begleitet, oft fangen<br />
sie von einem auf den anderen<br />
Tag an zu arbeiten, müssen<br />
Diagnosen übermitteln, Angehörigengespräche<br />
führen oder im OP<br />
auf Zuruf arbeiten. Hinzu kommen<br />
<strong>di</strong>e Spezifika des deutschen <strong>Gesundheit</strong>swesens.<br />
Arztbriefe zu<br />
schreiben, das Abrechnungswesen<br />
zu durchschauen.<br />
Im Rahmen eines EU-geförderten<br />
Projekts hat das Bildungswerk<br />
ver.<strong>di</strong> jetzt in Kooperation mit der<br />
Charité-International-Academy<br />
eine langfristige Qualifizierungsreihe<br />
entwickelt, um <strong>di</strong>e internationalen<br />
Ärzte mit dem nötigen<br />
Know-how auszustatten.<br />
■ 52<br />
Die Situation der Ärzte ist in verschiedenen<br />
und in<strong>di</strong>viduelle Coachingangetisch:<br />
Hinsichten problemabote<br />
vertieft wird. »Dieses Ange-<br />
»Die Sprachkenntnisse sind bot ist so in seiner Breite absolut<br />
einerseits oft nicht ausreichend, neu und innovativ«, bewertet Trainer<br />
um am gesellschaftlichen Leben<br />
Tim Quester das Angebot.<br />
teilzuhaben. Gleichzeitig erschweren<br />
Martin Rosenbrock, <strong>Ver</strong>wal-<br />
<strong>di</strong>e extensiven Arbeitszeiten tungs<strong>di</strong>rektor der Capio-Klinik in<br />
ein geregeltes Privatleben. Die Dannenberg: »Wir haben ein besonderes<br />
Folge ist eine geringe Integration<br />
Interesse, <strong>di</strong>e Ärzte lang-<br />
und der <strong>Ver</strong>bleib in der eigenen fristig an unser Haus und an <strong>di</strong>e<br />
Peer group«, schildert Christian Region zu binden. Wir bedauern,<br />
Koller, Programmkoor<strong>di</strong>nator der dass <strong>di</strong>e Kollegen oft bis zur Berufsanerkennung<br />
Charité <strong>di</strong>e Problemlage, »auf beruflicher<br />
bleiben und<br />
Ebene sind <strong>di</strong>e Informationen<br />
dann gehen.«<br />
über das deutsche Gesund-<br />
Die auslän<strong>di</strong>schen Ärzte schließen<br />
heitssystem, das Me<strong>di</strong>zinrecht, eine Lücke. Doch es ist keineswegs<br />
aber auch Kenntnisse über <strong>di</strong>e so, dass es nicht ausreichend Me<strong>di</strong>ziner<br />
Diagnostik <strong>di</strong>e Felder, auf denen<br />
gäbe, aller<strong>di</strong>ngs arbeiten<br />
<strong>di</strong>e Bedarfe besonders groß sind.« von den Me<strong>di</strong>zinabsolvierenden<br />
Die Gesprächsführung ist ein aktuell nur 48 Prozent am Patienten.<br />
weiterer zentraler Bestandteil des<br />
Der überwiegende Teil zieht<br />
Projekts, denn mehr als das richtige<br />
andere Tätigkeitsbereiche vor.<br />
Vokabular spielt <strong>di</strong>e innere Wir wollen im Rahmen des<br />
Haltung und <strong>di</strong>e sprachliche Umsetzung<br />
Projekts auch erheben, was <strong>di</strong>e<br />
eine Rolle hinsichtlich Gründe sind, dass sich <strong>di</strong>e Me<strong>di</strong>zi-<br />
eines langfristigen Therapieerfolgskenhäusern<br />
ner gegen <strong>di</strong>e Tätigkeit in Kran-<br />
und Praxen entscheiner<br />
Ermöglicht durch <strong>di</strong>e EU-Förderung<br />
den. Und was <strong>di</strong>e Träger ggf. an<br />
kann eine langfristige und Handlungsmöglichkeiten haben,<br />
nachhaltige Fortbildung angeboten<br />
um <strong>di</strong>ese stillen Reserven vielleicht<br />
werden. Über 18 Monate neh-<br />
wieder zu gewinnen. ■<br />
men <strong>di</strong>e Ärzte monatlich an einem Anja Kramer, Bildungswerk<br />
zweitägigen Modul teil, das durch ver.<strong>di</strong> in Niedersachsen e.V. Region<br />
arbeitsplatzbezogene Methoden Lüneburg<br />
Weitere Infos: http://www.bw-ver<strong>di</strong>.de/vor-ort/lueneburg/eu-projekte/orfeo.html<br />
kurz: http://www.bw-ver<strong>di</strong>.de/orfeo oder bei anja.kramer@bw-ver<strong>di</strong>.de<br />
<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> Krankenhäuser <strong>Nr</strong>. <strong>60</strong> ■ März 2013<br />
LAFLOR / ISTOCKPHOTO.COM