Infodienst Krankenhäuser Nr. 60 - Gesundheit & Soziales - Ver.di
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Tarif- und<br />
Branchenpolitik<br />
Offensive Interessenvertretung<br />
im Krankenhausalltag<br />
Tagung für betriebliche Interessenvertretungen im Krankenhaus<br />
(15./16. November 2012, Berlin)<br />
Seit der Einführung der Fallpauschalen<br />
(DRGs) hat sich <strong>di</strong>e deutnen<br />
Interessen, dann kommt das<br />
ten, ihr handelt gegen eure eigesche<br />
Krankenhauslandschaft stark bei den Beschäftigten so an, als<br />
verändert. Die Ökonomisierung würde man ihre Tätigkeit nochmals<br />
abwerten«, erklärte Dörre.<br />
und Privatisierung des Kliniksektors<br />
schreitet massiv voran. Betriebliche<br />
Interessenvertretungen wirksamste Hebel der Pflegeteams,<br />
Doch zugleich liegt genau hier der<br />
– so einhelliges Fazit der ver.<strong>di</strong>- sich gegen <strong>di</strong>e zunehmende Leistungsver<strong>di</strong>chtung<br />
und <strong>Ver</strong>schlech-<br />
Tagung – müssen, um erfolgreich<br />
zu sein, heute anders aufgestellt terung ihrer Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen<br />
sein als noch vor zehn Jahren. zur Wehr zu setzen, betonte Ellen<br />
Das Beispiel der Pflegekräfte Paschke: »Wenn alle Interessenvertretungen<br />
gleichzeitig <strong>di</strong>e<br />
zeigt: »Die helfenden Tätigkeiten<br />
werden einem Ökonomisierungsdruck<br />
ausgesetzt, der dazu führt, Einhaltung aller gesetzlichen und<br />
Dienstpläne nur noch strikt bei<br />
dass Belegschaften minimiert werden,<br />
dass über Löhne und Gehälgen<br />
würden, würde das Kranken-<br />
tariflichen Vorschriften genehmiter<br />
konkurriert wird, dass eine hauswesen zusammenbrechen –<br />
rigide Budgetierung Leistungsintensivierung<br />
nach sich zieht oder nur noch auf Basis der Selbstaus-<br />
denn <strong>di</strong>eses System funktioniert<br />
dass <strong>di</strong>e Pflegenden zur Übernahme<br />
von Tätigkeiten gezwunbeutung<br />
der Beschäftigten.«<br />
gen werden, <strong>di</strong>e bislang nichts mit Sich zur Wehr setzen – gerade<br />
ihrem Berufsbild zu tun hatten«, unter widrigen Umständen<br />
kritisiert Klaus Dörre, Professor für Dies zeigten auch <strong>di</strong>e Beispiele<br />
Soziologie an der Universität Jena. aus der betrieblichen Praxis, <strong>di</strong>e<br />
»Fatal ist«, so Dörre, »der Arbeitgeber<br />
nutzt an <strong>di</strong>eser Stelle den. Da wurde anhand des<br />
auf der Tagung vorgestellt wur-<br />
das Berufsethos der Pflege, nämlich<br />
das Helfen und Unterstützen Hamburg gezeigt, dass gewerk-<br />
Agaplesion Diakonieklinikums<br />
als Leitbild des Berufs, massiv aus. schaftliche Strukturen auch an<br />
Es werden unbezahlte und häufig einer kirchlichen Einrichtung erfolgreich<br />
etabliert werden können<br />
berufsfremde Tätigkeiten als Gratisarbeit<br />
genutzt – der Berufsstolz<br />
macht es möglich.«<br />
Die Herausforderung für <strong>di</strong>e<br />
Interessenvertretungen besteht<br />
nun genau darin, mit <strong>di</strong>esem<br />
Dilemma umzugehen: »Wenn <strong>di</strong>e<br />
Gewerkschaft den Pflegenden<br />
sagt, hört auf, über Soll zu arbei-<br />
Die Tagungsdokumentation<br />
■ Redebeiträge ■ Berichte aus den Praxisforen<br />
■ Beispiele offensiver Interessenvertretung<br />
findet ihr unter<br />
■ 8<br />
– durch kontaktintensives Organizing.<br />
Da wurde mit dem Helios-<br />
Klinikum Emil-von-Behring in<br />
Berlin gezeigt, dass verbindliche<br />
Pausen im Nacht<strong>di</strong>enst durchgesetzt<br />
werden können – nämlich<br />
unter der Androhung, <strong>di</strong>e Dienstpläne<br />
nicht zu genehmigen.<br />
Doch <strong>di</strong>e Tagung hat auch gezeigt:<br />
Stets sind der Erfindungsreichtum<br />
der Interessenvertretung,<br />
ihre rechtlichen Kenntnisse, ihre<br />
Fähigkeit zur Nutzung der öffentlichen<br />
Me<strong>di</strong>en sowie ihre innerbetriebliche<br />
Überzeugungsfähigkeit<br />
und <strong>Ver</strong>netzung mit gewerkschaftlichen<br />
Unterstützer/innen gefragt.<br />
Eine Tagungsteilnehmerin sagte<br />
im Anschluss an <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>anstaltung:<br />
»Die Krankenhäuser in Deutschland<br />
sind in einer Art und Weise<br />
in Schieflage geraten, dass es<br />
höchste Zeit ist, dagegen etwas<br />
mutiger und mächtiger aufzutreten.<br />
Ich werde meine Kollegen<br />
dafür motivieren.«<br />
Die nächste Krankenhaustagung<br />
(7./8. November 2013)<br />
will an <strong>di</strong>ese Ergebnisse anknüpfen<br />
und <strong>di</strong>e Teilnehmer/innen mit<br />
Blick auf <strong>di</strong>e nächsten Wahlen betrieblicher<br />
Interessenvertretungen<br />
im Jahr 2014 fit machen für ihre<br />
Arbeit. ■<br />
Uta von Schrenk<br />
http://gesundheit-soziales.ver<strong>di</strong>.de/branchen/krankenhaeuser/tagung-krankenhaeuser-2012<br />
<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> Krankenhäuser <strong>Nr</strong>. <strong>60</strong> ■ März 2013