Schlichten statt richten
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TITEL<br />
KONFLIKTLÖSUNG<br />
„Konfl ikte sind unvermeidbar“<br />
INTERVIEW. Psychologe Marc Solga erklärt, wie Konfl ikte entstehen, warum sie<br />
nicht zu verhindern sind und wie man sie trotzdem gut managen kann.<br />
personalmagazin: Die Regale sind voll von<br />
Ratgebern zu Konfl iktlösungen. Aber<br />
was genau ist eigentlich ein Konfl ikt<br />
und wie entsteht er?<br />
Marc Solga: Jeder hat bestimmte Bedürfnisse,<br />
Interessen und Ziele, die mit<br />
denen eines anderen nicht vereinbar<br />
sind. Sobald wir diese Unvereinbarkeit<br />
als störend erleben, lässt sich von<br />
Konfl ikt sprechen. Es geht also nicht in<br />
erster Linie um bestimmte Verhaltensweisen.<br />
Menschen reagieren ja ganz<br />
unterschiedlich, wenn sie sich durch<br />
andere gestört fühlen. Die einen fressen<br />
ihren Ärger in sich hinein, die anderen<br />
nehmen den Kampf auf.<br />
personalmagazin: Bedeutet das, dass Konfl<br />
ikte unvermeidbar sind, da wir alle<br />
unterschiedliche Bedürfnisse haben?<br />
Solga: Ja, das stimmt. Konfl ikte lassen<br />
sich nicht vermeiden, weil wir unterschiedlich<br />
denken und fühlen, aber<br />
eben doch zusammenarbeiten müssen.<br />
So entstehen automatisch Konfl ikte. Es<br />
gibt aber viele Versuche, Konfl iktpotenziale<br />
einzudämmen. Einige Instrumente<br />
der Personalführung, wie zum Beispiel<br />
aufwendige Personalauswahlverfahren<br />
oder organisationale Sozialisation, dienen<br />
auch immer diesem Zweck.<br />
personalmagazin: Diversity-Programme<br />
fördern aber die Vielfalt im Unternehmen.<br />
Heißt das, dass verschiedene<br />
Meinungen und somit Konfl ikte auch<br />
eine positive Wirkung haben können?<br />
Solga: Das ist in der Tat eine romantische<br />
Vorstellung, die viele Organisationspsychologen<br />
lange hatten und auch<br />
Prof. Dr. Marc Solga<br />
ist Juniorprofessor für Kompetenz- und<br />
Personalentwicklung an der Ruhr-Uni<br />
Bochum. Er forscht unter anderem im<br />
Bereich des Konfl iktmanagements.<br />
teilweise noch haben. Die Idee dahinter<br />
ist, dass über den Austausch von<br />
Argumenten ein besseres Verständnis<br />
für die Lösung eines Problems entsteht.<br />
Das ist die sogenannte konstruktive<br />
Kontroverse. Das Problem ist aber, dass<br />
die Forschung uns etwas anderes zeigt:<br />
Konfl ikte wirken sich immer negativ<br />
auf die Leistung und die Arbeitszufriedenheit<br />
aus.<br />
personalmagazin: Und damit müssen sich<br />
Unternehmen einfach abfi nden?<br />
Solga: Derzeit wird untersucht, welche<br />
Randbedingungen eines Konfl ikts<br />
verhindern können, dass Leistung und<br />
Zufriedenheit nicht völlig unter dem<br />
Konfl ikt leiden. Dazu gehören Formen<br />
der Konfl iktaustragung, die die Interessen<br />
aller Parteien zu achten versuchen.<br />
Hier kann eine neutrale dritte Partei,<br />
ein Mediator, hilfreich sein. Er kann<br />
den Konfl ikt nicht verhindern, aber<br />
helfen, eine Eskalation zu vermeiden.<br />
personalmagazin: Was genau heißt das?<br />
Solga: Der Mediator muss sich darum<br />
bemühen, dass Konfl ikte auf eine<br />
friedliche und allseits akzep tierte Weise<br />
ausgetragen werden. Der Schlüssel dafür<br />
ist meines Erachtens das Managen<br />
von Gerechtigkeit.<br />
personalmagazin: Wie funktioniert das?<br />
Solga: Ein Problem, das man im Arbeitsalltag<br />
gar nicht vermeiden kann,<br />
ist das Erleben von Verteilungsungerechtigkeit.<br />
Nicht jeder Mitarbeiter<br />
erhält die gleiche Belohnung, und<br />
dadurch entsteht schnell das Gefühl,<br />
Einsatz und Ertrag seien nicht gerecht<br />
verteilt. Es gibt aber auch andere Aspekte<br />
von Gerechtigkeit. Beispielsweise<br />
mit Respekt behandelt und ausreichend<br />
über eine Entscheidung informiert zu<br />
werden. Wenn die Führungskraft dem<br />
Mitarbeiter respektvoll und engagiert<br />
erläutert, wie und warum eine für ihn<br />
nachteilige Entscheidung zustande gekommen<br />
ist, wird die Wahrscheinlichkeit<br />
geringer sein, dass der Mitarbeiter<br />
negativ reagiert. Dann wird er eben<br />
nicht Dienst nach Vorschrift machen<br />
oder Geheimnisse verraten, um die<br />
erlebte Ungerechtigkeit zu vergelten.<br />
Das Interview führte Kristina Enderle.<br />
02 / 11 personalmagazin<br />
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