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Schlichten statt richten

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Auskunft haben. Ihnen muss dann offengelegt<br />

werden, ob ein anderer Bewerber<br />

eingestellt wurde und welchen Kriterien<br />

der Arbeitgeber bei der Bevorzugung<br />

dieses anderen Bewerbers gefolgt ist.<br />

Aus nationalen Regelungen ergibt sich<br />

eine solche Auskunft nicht, der 8. Senat<br />

des BAG möchte jedoch wissen, ob die<br />

Antidiskriminierungsrichtlinien der<br />

Europäischen Gemeinschaft hier etwas<br />

anderes aussagen.<br />

Beschluss vom 20.5.2010, 8 AZR 287/08<br />

Risiko 2: Befristete Arbeitsverhältnisse<br />

Brisanter sind zwei Vorlagebeschlüsse<br />

des 7. Senats, die sich um das Befristungsrecht<br />

drehen. Hier geht es einmal<br />

um den Sachgrund der Haushaltsbefristung<br />

für Arbeitsverhältnisse im öffentlichen<br />

Dienst. Das BAG hält es für<br />

klärungsbedürftig, ob dieser zusätzliche<br />

Befristungsgrund nicht gegen europäisches<br />

Recht verstößt, weil er der Privatwirtschaft<br />

nicht zur Verfügung steht.<br />

Beschluss vom 27.10.2010, 7 AZR 485/09<br />

Noch brisanter kann es für die Frage der<br />

Vertretungsbefristung ausgehen. Derartige<br />

befristete Arbeitsverhältnisse sind<br />

eigentlich der klassische, rechtssichere,<br />

sachliche Grund für eine Befristung<br />

schlechthin. Jetzt muss der EuGH entscheiden,<br />

ob wiederholte Befristungen<br />

zur Vertretung jedenfalls dann rechtswidrig<br />

sind, wenn bei dem Arbeitgeber<br />

ein ständiger Vertretungsbedarf besteht,<br />

der auch durch unbefristete Einstellungen<br />

befriedigt werden könnte.<br />

Beschluss vom 17.11.2010, 7 AZR 443/09<br />

AGG-Entscheidungen am Fließband<br />

Wie auch in den Vorjahren hat das BAG<br />

in zahlreichen Fällen auch direkt über<br />

die AGG-Widrigkeit arbeitsvertrag licher<br />

Sachverhalte entschieden. So hat der<br />

5. Senat die Vorschrift des § 622 Abs.<br />

2 Satz 2 BGB für unwirksam erklärt. In<br />

der Sache geht es um nach Lebensalter<br />

differenzierende Kündigungsfristen.<br />

Die Entscheidung ist deswegen von<br />

praktischer Bedeutung, weil sich auch<br />

in zahlreichen Tarifverträgen derartige<br />

altersbedingte Staffelungen befi nden.<br />

Urteil vom 1.9.2010, 5 AZR 700/09<br />

Die Rechtsprechung zur „Altersdiskriminierung“<br />

wurde vom 1. und 8. Senat mit<br />

zwei Entscheidungen ausgebaut. So kann<br />

die Begrenzung einer innerbetrieblichen<br />

Stellenausschreibung auf Arbeitnehmer<br />

im ersten Berufsjahr eine unzulässige<br />

mittelbare Benachteiligung sein.<br />

Beschluss vom 18.8.2009, 1 ABR 47/08<br />

Klargestellt wurde auch, dass Formulierungen<br />

in Stellenausschreibungen,<br />

die einen „jungen Bewerber“ benennen,<br />

Schadensersatzansprüche auslösen können.<br />

Urteil vom 19.9.2010, 8 AZR 530/09<br />

Keine Altersdiskriminierung sieht das<br />

Bundesarbeitsgericht dagegen, wenn<br />

im Rahmen einer Personalabbaumaßnahme<br />

der Arbeitgeber den Abschluss<br />

von Aufhebungsverträgen gegen Abfi ndungen<br />

anbietet, davon aber Mitarbeiter<br />

ab einem bestimmten Alter ausnimmt.<br />

Urteil vom 25.2.2010, 6 AZR 911/08<br />

Zwei Knüller im Tarifrecht<br />

„Ein Unternehmen, eine Gewerkschaft.“<br />

Zu diesem Ergebnis ist jahrzehntelang<br />

die Rechtsprechung mithilfe von komplizierten<br />

Kollisionsregelungen gelangt<br />

und dieses Richterrecht war als sogenannter<br />

„Grundsatz der Tarifeinheit“,<br />

fester Bestandteil der arbeitsrechtlichen<br />

Dogmatik geworden. Mitte 2010 hat der<br />

10. Senat aufgrund einer Anfrage des 4.<br />

Senats diesen Grundsatz ausdrücklich<br />

nicht mehr für anwendbar erklärt. Die<br />

Folge: In Zukunft wird ein Nebeneinander<br />

von unterschiedlichen Tarifverträgen<br />

im selben Unternehmen ermöglicht.<br />

Beschluss vom 23.6.2010, 10 AS 2/10<br />

Die zweite spektakuläre und in ihren<br />

Folgen wohl auch die kostenträchtigste<br />

Entscheidung zum Tarifrecht erfolgte<br />

zum Jahresschluss. Der 1. Senat entschied:<br />

Die Tarifgemeinschaft „Christlicher<br />

Gewerkschaften für Zeitarbeit<br />

Download<br />

RECHT<br />

RECHTSPRECHUNG<br />

Alle hier zitierten Urteile des<br />

Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr<br />

2010 fi nden Sie im Volltext auf<br />

unserem Online-Portal, Stichwort<br />

„BAG-Urteile 2010“.<br />

www.personalmagazin.de<br />

und Personalserviceagenturen“ ist keine<br />

Spitzenorganisation, die im eigenen<br />

Namen Tarifverträge abschließen kann<br />

(siehe dazu auch Seite 3 und Seite 61 in<br />

dieser Ausgabe).<br />

Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10<br />

Die Klarstellung zu Bagatelldelikten<br />

Wenn die Bedeutung von Entscheidungen<br />

des Bundesarbeitsgerichts an<br />

der Häufi gkeit von Meldungen in Presse,<br />

Funk und Fernsehen gemessen würde,<br />

wäre der Fall Emmely unser Spitzenreiter<br />

des Jahres 2010. Erwartet wurde vielerorts<br />

eine grundlegende Änderung des<br />

Kündigungsrechts im Sinne einer generellen<br />

Einschränkung von Kündigungsmöglichkeiten<br />

bei Bagatelldelikten. Dies<br />

ist jedoch damit nicht verbunden.<br />

Im Gegenteil: Das Bundesarbeitsgericht<br />

hat ausdrücklich den seit dem<br />

grundlegenden „Bienenstichfall“ bestehenden<br />

Grundsatz bestätigt, dass eine<br />

Kündigung aufgrund eines Eigentumsdelikts<br />

an sich einen Grund zur außerordentlichen<br />

Kündigung darstellt. Zu<br />

berücksichtigen ist aber in der nachfolgenden<br />

Interessenabwägung jeweils,<br />

ob der Arbeitnehmer aufgrund seiner<br />

Vorgeschichte so viel Vertrauenskapital<br />

erworben hat, dass dieses durch einen<br />

einmaligen Kündigungssachverhalt<br />

nicht vollständig zerstört werden kann.<br />

Vor allem gilt aber: Eine Geringfügigkeitsgrenze<br />

gibt es auch in Zukunft für<br />

wirtschaftliche Schädigungen nicht,<br />

wenngleich bei der Interessenabwägung<br />

die Schadenhöhe letztendlich eine entscheidende<br />

Rolle spielen kann.<br />

Urteil vom 10.6.2010, 2 AZR 541/09<br />

02 / 11 personalmagazin<br />

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