ORGANISATION 46 KLEINUNTERNEHMEN gegenwirken. Für einen Techniker, der seine Gesellenprüfung gut abgeschlossen hat und engagiert mitarbeitet, heißt das: Das Unternehmen ermöglicht ihm die Meis terprüfung und zahlt sogar die entsprechende Schulung. Überhaupt werden die Weiterbildungskosten für Schweißer lehrgänge oder IT-Schulungen vom Unternehmen übernommen – ohne Verpfl ichtungsvertrag. Denn ein solcher würde laut Steffen nur Misstrauen signalisieren und sei am Ende sowieso nicht wasserdicht. Selbstständigkeit mit Fangnetz „Nun sagen viele Kritiker, dass ich gar nicht so viele Meister beschäftigen kann“, räumt Rolf Steffen ein. „Doch das geht. Im Moment beschäftigen wir acht Meister. Auch wenn wir 18 hätten, wäre das kein Problem“, bekräftigt er. Praktisch umgesetzt wird das in Form des bereits erwähnten Leistungs-Center- Modells, das mehrere unabhängig voneinander agierende Leistungs-Center mit eigenem Kundenstamm innerhalb des Unternehmens ermöglicht. Auf diese Weise kann ein frischgebackener Meister die Leitung eines neuen Leistungs-Centers übernehmen, für das er künftig verantwortlich ist. Das heißt, er ist in seinem Bereich auch für die Auswahl und Ausbildung der Mitarbeiter zuständig, kann bei Bedarf aber auch auf die vorhandenen Strukturen des Unternehmens zurückgreifen. Ein Vorteil für den neuen Meister: Im Gegensatz zu einer „richtigen“ Selbstständigkeit muss er sich bei diesem Modell nicht um Datensicherung und Arbeitsschutz, um Finanzierung und Arbeitsrecht kümmern, sondern kann sich ganz seinen originären Aufgaben widmen. Denn wie schwierig der Schritt in die „richtige“ Selbstständigkeit ist, hat Steffen in jungen Jahren selbst erfahren. Als er mit 23 Jahren und zwei Meistertiteln im öffentlichen Dienst kündigte und ein eigenes Unternehmen aufbaute, fühlte er sich völlig unzureichend ausgebildet für die Wirtschaft. „Ich habe fast jeden personalmagazin 02 / 11 Bei Fragen wenden Sie sich bitte an katharina.schmitt@personalmagazin.de Vom Einmannbetrieb zum Vorzeigeunternehmen Fehler gemacht“, erinnert er sich. „Zum Glück konnte ich alle bezahlen.“ Seine Strategie: Wenn etwas nicht klappte, erdachte er sich selbst eine praktikable Lösung. Das war zum Beispiel auch der Fall, als er gemeinsam mit seinem Bruder ein Organisationssystem für Rechnungs- und Angebotswesen im Handwerk entwickelte, damit nicht nur der Meister mit seinem Spezialistenwissen, sondern auch ein Disponent ohne handwerkliche Ausbildung sofort Angebote erstellen kann. Denn wenn der Disponent (sein Bruder Udo) erst warten musste, bis der Meister (Rolf Steffen) aus dem Außendienst zurückkam und ihm erklären konnte, welche Ersatzteile, Arbeitsschritte und -zeiten für einen Auftrag nötig waren, bestand die Gefahr, dass der Kunde sich zwischenzeitlich an einen anderen Handwerksbetrieb wendet. Das Wissen weitergeben Gemeinsam entwickelten die Brüder auch eine neue Terminkoordination, damit die Disponenten den Kunden schon beim ersten Anruf einen Servicetermin nennen konnten. Und irgendwann pfl egten Rolf und Udo Steffen ihr erworbenes Wissen in eine Wissensdatei ein. Heute gibt Rolf Steffen sein Wissen in Buchform, in Seminaren und in Fachartikeln an andere Handwerksbetriebe weiter. Im Auftrag des Bildungsministe- HINTERGRUND Die Team Steffen AG, 1983 gegründet, entwickelte sich über die Jahre vom jungen Einmannhandwerksbetrieb zum modern strukturierten Dienstleister rund um Wärmetechnik, Badinstallation und Gebäudetechnik und zum Systemberater sowie Seminar- und Trainingsveranstalter. Heute gibt Rolf Steffen sein selbst erarbeitetes Wissen an rund 200 Seminartagen jährlich an andere Betriebe weiter. Für sein Engagement wurde der Betrieb unter anderem als exzellente Wissensorganisation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (2009) ausgezeichnet, er erhielt den Ausbildungs-Oskar (2003), den Bundespreis der „Initiative Mittelstand und Markenhersteller“ (1994), den Internet-Oscar des Deutschen SHK-Handwerks (1999) und den Qualitätspreis von NRW (2002). riums arbeitete er außerdem an einer Reform der Ausbildung im Handwerk. Diese sieht vor, dass die Azubis schon in der Lehrzeit Aufträge selbstständig ausführen. Hierfür lernen sie auch Prozesse wie Auftragsannahme und die Rechnungserstellung kennen, damit sie wissen, wie ein Auftrag zustande kommt und wie er dokumentiert wird. Den rechten Weg eingeschlagen Natürlich ist ein solcher Weg vom Einmannhandwerksbetrieb bis zum Unter nehmen mit 62 Mitarbeitern und zahlreichen Kommunikations-, Führungs- und Organisationsinstrumenten nicht einfach. Das musste auch Rolf Steffen im Laufe der Jahre feststellen, und das gibt er auch ganz offen zu. „Vor Enttäuschungen ist man nie gefeit. Es hat auch mal an unserem Unternehmen gerüttelt, aber dennoch bin ich der Ansicht, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Denn ansonsten würden wir ganz schnell zurückfallen in Organisations- und Führungsformen, die wir Gott sei Dank vor vielen Jahren hinter uns gelassen haben.“ Auch die betriebswirtschaftlichen Zahlen belegen: Trotz der jährlichen Verteilung von 20 Prozent des Gewinns an die Mitarbeiter ist der Unternehmensgewinn in den vergangenen Jahren stetig angestiegen, selbst im Krisenjahr 2009.
SPEZIALCEBIT Neues auf der Cebit 2011 Überblick: Aktuelle Produkte und Aussteller in Hannover S. 48 Trend: Mobile HR-Anwendungen für die Personalarbeit S. 50 Praxisbeispiel: Weil das alte Zeiterfassungssystem am Limit lief S. 52 MESSENEUHEITEN 2011 02 / 11 personalmagazin © DEUTSCHE MESSE 47