Schlichten statt richten
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64 URLAUBSRECHT<br />
„Kreatives Umrechnen gefragt“<br />
INTERVIEW. Zu aktuellen Auslegungsfragen des Bundesurlaubsgesetzes<br />
befragten wir die Herausgeber eines Standardkommentars.<br />
personalmagazin: Speziell zum Urlaub von<br />
Teilzeitbeschäftigten macht ein Urteil,<br />
bei dem der Wechsel von Voll- in Teilzeit<br />
eine Rolle spielt, die Runde. Was ist<br />
darunter zu verstehen und wie kann die<br />
Praxis darauf reagieren?<br />
Christoph Tillmanns: Der EuGH hat – vereinfacht<br />
dargestellt – zu einem Tiroler<br />
Landesgesetz entschieden, dass beim<br />
Wechsel von Vollzeit in Teilzeit der<br />
während der Vollzeitphase erworbene<br />
Urlaub – sofern er noch nicht genommen<br />
werden konnte – nicht durch die<br />
Vereinbarung von Teilzeit gekürzt<br />
werden darf. Welche Auswirkungen<br />
das auf das deutsche Urlaubsrecht hat,<br />
lässt sich noch nicht endgültig absehen<br />
und wird derzeit heftig diskutiert. Da<br />
nach dem EuGH das Urlaubsentgelt ein<br />
Teil des Urlaubsanspruchs ist, liegt es<br />
nach unserer Auffassung nahe, dass<br />
der Mitarbeiter für die verbleibenden<br />
Urlaubstage ein erhöhtes Urlaubsentgelt<br />
bezieht, mit dem auch das in der<br />
Vollzeitphase erarbeitete Urlaubsentgelt<br />
abgegolten wird.<br />
personalmagazin: Können Sie dazu ein<br />
erläuterndes Beispiel nennen?<br />
Tillmanns: Nehmen wir an, ein Mitarbeiter<br />
arbeitet zunächst in Vollzeit/<br />
Fünftagewoche und hat einen Urlaubsanspruch<br />
von 30 Tagen. Am 1. Juli<br />
wechselt er in Teilzeit mit 50 Prozent<br />
unter Beibehaltung der Fünftagewoche.<br />
Bisher konnte er noch keinen Urlaub<br />
nehmen. Als Lösung bietet sich nun<br />
an, dass er weiterhin 30 Tage Urlaub<br />
hat, sein Urlaubsentgelt aber unterschiedlich<br />
hoch ist. Für 15 Tage erhält<br />
personalmagazin 02 / 11<br />
er als Urlaubsentgelt seine bisherige<br />
Vollzeitvergütung, für die weiteren 15<br />
Tage seine Teilzeitvergütung. Als Tipp<br />
für die Praxis kann einstweilen gelten:<br />
Problem erkennen heißt Problem<br />
vermeiden. Der Arbeitnehmer sollte vor<br />
einem Arbeitszeitwechsel den auf den<br />
bisherigen Zeitraum anteilig entfallenden<br />
Urlaub genommen haben.<br />
personalmagazin: Lassen sich neue Arbeitsformen<br />
mit wechselndem Umfang<br />
der Wochenarbeitszeit oder Vereinbarungen<br />
über Vertrauensarbeitszeit<br />
überhaupt noch sachgerecht lösen?<br />
Manfred Arnold: Grundsätzlich ja, allerdings<br />
muss man eine gewisse Kreativität<br />
auf die Umrechnungsregelungen<br />
verwenden. Bei Vertrauensarbeitszeit<br />
Christoph Tillmanns<br />
ist Vorsitzender Richter am LAG Baden-<br />
Württemberg und Herausgeber eines<br />
Kommentars zum Urlaubsrecht.<br />
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an thomas.muschiol@personalmagazin.de<br />
interessiert es nicht, wann und wie viel<br />
der Arbeitnehmer am einzelnen Tag<br />
gearbeitet hat. Der Urlaub ist hier kein<br />
Problem: An den vereinbarten Urlaubstagen<br />
bekommt der Arbeitnehmer das<br />
vereinbarte Entgelt fortgezahlt und hat<br />
sich jeder Arbeitsleistung zu enthalten.<br />
Bei wechselndem Umfang der Wochenarbeitszeit<br />
lässt sich keine pauschale<br />
Antwort geben. In der Praxis werden<br />
aber immer wieder Lösungen gefunden,<br />
die von Arbeitnehmer und Arbeitgeber<br />
als gerecht und zufriedenstellend empfunden<br />
werden. Ein Beispiel dafür ist<br />
das Umrechnen des Urlaubsanspruchs<br />
<strong>statt</strong> auf Tage auf Stunden, in Abhängigkeit<br />
von der Jahresarbeitszeit. Hier<br />
muss man in der Tat zugeben, dass das<br />
BUrlG mit der Trennung von Urlaubsdauer<br />
in Tagen und Entgeltberechnung<br />
bei unterschiedlichen Tagesarbeitszeiten<br />
in der Woche nicht immer zu<br />
zufriedenstellenden Lösungen führt.<br />
personalmagazin: Ein klassisches Problem<br />
ist die Regelung, dass Urlaub erst nach<br />
sechs Monaten in vollem Umfang entsteht.<br />
Hier wird meist abweichend vom<br />
Gesetz der Urlaub gezwölftelt. Unter<br />
welchen Voraussetzungen ist eine solche<br />
Abweichung überhaupt möglich?<br />
Tillmanns: Erst mal zur Klarstellung: Der<br />
Urlaub entsteht nur im Eintrittsjahr<br />
erst nach sechs Monaten in vollem<br />
Umfang. Danach hat der Arbeitnehmer<br />
schon am 1. Januar Anspruch<br />
auf seinen vollen Jahresurlaub. Eine<br />
konsequente Zwölftelung des Jahresurlaubs<br />
ist nicht erlaubt, denn der<br />
gesetzliche Mindesturlaub muss dem