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Schlichten statt richten

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widerstanden, einen Urlaubsanspruch<br />

in Folgejahre zu übertragen. Besondere<br />

praktische Bedeutung hatte dies in den<br />

Fällen der Langzeiterkrankung. Genau<br />

hier ist das Bundesurlaubsgesetz jetzt allerdings<br />

aus rechtlichen Gründen aus den<br />

Fugen geraten. Bekanntlich hat der Europäische<br />

Gerichtshof entschieden, dass<br />

im Fall von Langzeiterkrankungen der<br />

Urlaubsanspruch erhalten bleibt. Allerdings<br />

ist durch dieses Urteil auch ein Aspekt<br />

in Erinnerung gerufen worden, dem<br />

bisher die Praxis wenig Aufmerksamkeit<br />

Wenn heute eine Kommentierung des Urlaubsrechts erscheint, dann<br />

muss auch die Einbettung des deutschen in das internationale Recht<br />

dargestellt werden. Dem wird der Kommentar von Manfred Arnold<br />

und Christoph Tillmanns gerecht. So gelingt es der Autorin Birgit<br />

Zimmermann, in der Kommentierung unter § 1 BUrlG Rz. 5-10, 57-60<br />

kurz und prägnant darzustellen, wie das deutsche Urlaubsrecht durch<br />

die Vorabentscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 in der Sache<br />

„Schultz-Hoff“ in zwei dogmatischen Grundsätzen getroffen wurde,<br />

wonach zum einen der Urlaubsanspruch spätestens nach Ablauf der<br />

Übertragungsfrist auch bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit<br />

verfällt und zum anderen die Erfüllbarkeit des Abgeltungsanspruchs<br />

bei Krankheit die Widerherstellung der Arbeitsfähigkeit spätestens vor<br />

Ablauf der Übertragungsdauer voraussetzt. Arnold zeichnet in seiner<br />

Kommentierung zu § 7 BUrlG prägnant die in Befolgung der Vorabentscheidung<br />

ergangenen Reformurteile des BAG nach. Auf die noch offenen<br />

Baustellen, Begrenzung der Ansammlung von Urlaubsansprüchen<br />

aus mehreren Jahren, Geltung von Ausschluss- und Verjährungsfristen<br />

gewidmet hat. Das Bundesurlaubsgesetz<br />

regelt lediglich den Mindesturlaub, was<br />

wiederum bedeutet: Alle darüber hinaus<br />

gehenden zusätzlichen Urlaubstage sind<br />

gestaltbar. Fachleute empfehlen jetzt in<br />

den Arbeitsverträgen ausdrücklich eine<br />

Trennung von gesetzlichen Mindest- und<br />

darüber hinausgehendem freiwilligen<br />

Urlaubsanspruch (vergleiche unseren<br />

Online-Hinweis). Eine solche Differenzierung<br />

ist nicht nur als Vorsorge für<br />

den Fall einer Urlaubsübertragung in<br />

den Fällen der Langzeiterkrankung ge-<br />

Entscheidungshilfe für die Praxis<br />

für die Urlaubsabgeltung und Vererblichkeit,<br />

wird dabei verwiesen.<br />

In seiner Kommentierung des<br />

§ 3 BUrlG hat Rambach bereits<br />

die Vorabentscheidung des<br />

EuGH vom 22. April 2010 in der<br />

österreichischen Sache „Zentralbetriebsrat<br />

der Landeskrankenhäuser<br />

Tirols gegen Land Tirol“<br />

berücksichtigt. Die Neuaufl age<br />

des Kommentars ist umfassend<br />

auf der Höhe der Zeit. Sie verliert<br />

sich dennoch nicht im Gestrüpp<br />

der abstrakten Dogmatik, sondern<br />

bietet für alle Spezialfragen der<br />

personalrechtlichen Praxis und<br />

der anwaltlichen Beratung eine<br />

RECHT<br />

URLAUBSRECHT<br />

eignet, sondern kann auch für einen<br />

weiteren wichtigen Fall nützlich sein:<br />

Das Bundesurlaubsgesetz sieht eine<br />

Auszahlung von Urlaub nur bei Beendigung<br />

des Arbeitsverhältnisses vor.<br />

Dieses Abgeltungsverbot im laufenden<br />

Arbeitsverhältnis gilt jedoch auch wiederum<br />

nur für den Mindesturlaub nach<br />

dem Bundesurlaubsgesetz. Bezüglich<br />

des Zusatzurlaubs können die Arbeitsvertragsparteien<br />

dagegen auch wirksam<br />

eine Abgeltung im bestehenden Arbeitsverhältnis<br />

vereinbaren.<br />

LITERATURTIPP<br />

Die vielschichtigen Fragen des Urlaubsrechts lassen sich allein mit einem Gesetzestext kaum lösen. Rechtsprechung und betriebliche<br />

Praxis sind insoweit auf fundierte Kommentierliteratur angewiesen.<br />

Bundesurlaubsgesetz. Herausgegeben<br />

von Manfred Arnold und<br />

Christoph Tillmanns, Vorsitzende<br />

Richter am Landesarbeitsgericht<br />

Baden-Württemberg, 2. Aufl age<br />

2010, ISBN: 978-3-448-10013-6,<br />

750 Seiten mit CD-ROM, 69,00 Euro<br />

verlässliche Entscheidungsgrundlage. Sämtliche Autoren verdeutlichen<br />

mit zahlreichen Beispielen und Hinweisen die Auslegung und<br />

Anwendung der urlaubsrechtlichen Vorschriften sowie der auf diesem<br />

Rechtsgebiet besonders wichtigen richterrechtlichen Rechtssätze.<br />

Eine schöne Zugabe: Der komplette Kommentartext zum BUrlG und den<br />

sonstigen Urlaubsbestimmungen ist mit allen zitierten Entscheidungen<br />

auf der dem Buch beigefügten CD-ROM aufrufbar. Dieser Kommentar<br />

ist für den Praktiker unverzichtbar. Empfehlung: Kaufen!<br />

Von Franz Josef Düwell<br />

Prof. Franz Josef Düwell<br />

ist Vorsitzender Richter des<br />

9. Senats am Bundesarbeitsgericht.<br />

02 / 11 personalmagazin<br />

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