heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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der Epidemie dahingerafft wurde, taten sich in der Kranken-<br />
seelsorge besonders Stadtpfarrer Melchior Seitz und der<br />
junge Kanoniker Gall Buckenmayer hervor 5. Sie erneuerten<br />
die Sebastiansbruderschaft; Gall Buckenmayer und Schult-<br />
heiß Michael Maysing wurden zu Pflegern gewählt 6.<br />
Sebastiansreliquie und Bruderschaftsstatue<br />
Besonders verehrt wurde die Sebastiansreliquie: ein Zahn des<br />
hl. Sebastian. - Dazu eine kleine Begebenheit: Im Jahre 1699<br />
traten die Metzger geschlossen in die St. Sebastiansbruder-<br />
schaft ein. Am Metzgertag wurde der ganzen Zunft der Zahn<br />
des hl. Sebastian zum Kusse gereicht.« 7<br />
Die Sebastiansbruderschaft bestand bis ins 19. Jahrhundert.<br />
Unterlagen der Sebastianspflege sind bis zum Jahre 1850<br />
erhalten 8.<br />
Die noch erhaltene Lindenholzstatue 9 des hl. Sebastian war<br />
die Bruderschaftsstatue. Sie stammt aus der Zeit der Entste-<br />
hung der Bruderschaft 10.<br />
Anmerkungen<br />
' Der hl. Rochus war der Schutzheilige der Weber. Der Jahrtag war<br />
am 16. August, am Tag nach Maria Himmelfahrt, dem Rochustag.<br />
Auf ihrem Zunftsiegelstock ist er mit ekelhaften Beulen neben<br />
einem die Beulen öffnenden Engel dargestellt. - Städtisches<br />
Museum Hechingen, 84/1528 (undatiert).<br />
2 Auf dem am Ende des 15. Jahrhunderts entstandenen Tafelbild in<br />
der Pfarrkirche von Oeningen Krs. Nördlingen, einer ehemaligen<br />
Sebastianskapelle, findet sich eine Darstellung Gottvaters, der mit<br />
einem Bogen Pestpfeile auf die sündige Menschheit sendet. Das<br />
dazugehörige Spruchband wiederholt die Ankündigung der Sündflut<br />
(Gen 6,7); zu deutsch: »Ich will den Menschen, den ich<br />
erschaffen habe, vom Erdboden vertilgen, mit ihm auch das Vieh,<br />
die Kriechtiere und die Vögel des Himmels, denn es reut mich, sie<br />
gemacht zu haben.« Auf der Erde liegen die Opfer von Gottes<br />
Zorn: Pesttote aus dem weltlichen und geistlichen Stand. Links<br />
und rechts Maria und Sebastian als große Gestalten dargestellt, die<br />
vor der Pest schützen können, wer sich ihnen im Gebet zuwendet.<br />
3 Lagerort der Gründungsurkunde: Pfarrarchiv Hechingen,<br />
Urkunden, Ausstellungen: Graf Franz Wolfgang von Zollern.<br />
Datum: Sonntag nach dem hl. Dreikönigstag des Jahres 1513.<br />
4 In dem Verbesserungsvorschlag der Vormünder der Kinder des<br />
verstorbenen Grafen Franz Wolfgang 1520 an den Bischof von<br />
Konstanz heißt es, daß der Kanoniker Michael Zimmermann seine<br />
drei Amter »besonders bei Sterbensläuten und grassierender Pest«<br />
nicht zugleich versehen könne. - Siehe Johann Adam Kraus, Vom<br />
Collegialstift Hechingen, in: Hohenzollerische Heimat, 1954, S.<br />
44.<br />
5 über letzteren heißt es, daß »er sich anno 1611 in den großen<br />
Sterbensläufen bei männiglich (= jedermann) sowohl Tags als<br />
Nachts mit allem Eifer und Fleiß nit allein, sondern auch in der<br />
Kirche so eifrig verhalten, daß jedermänniglich ein sonders Belie-<br />
OTTO WERNER<br />
Fastnachtstanz der Juden im Jahre 1827<br />
Vermutungen<br />
Die Notiz in der Chronik der Stadt Hechingen unterm Jahr<br />
1827. Der Stadtpfarrer beklagte sich über einen Fastnachts-<br />
tanz der Hechinger Juden in der Kirche des aufgehobenen<br />
Klosters St. Luzen 1 erregte meine Aufmerksamkeit. Bei der<br />
Unzuverlässigkeit mancher Angaben in der »Chronik der<br />
Stadt Hechingen« mußte die Notiz mit der gebotenen Vor-<br />
sicht aufgenommen werden. Eine Nachprüfung war ange-<br />
zeigt. Was konnte nicht alles vermutet werden:<br />
Hechinger Sebastians-Reliquie<br />
ben für ihn gehabt und zum Seelsorger haben vorgeschlagen.«<br />
6 Ein Hechinger Stadtpfarrer in Pest-, Hungers- und Kriegsnot. In:<br />
Der Zoller, Nr. 125 v. 2.Juni 1919.<br />
7 Heinrich Fassbender, Aus der Geschichte des Hechinger Handwerks.<br />
1933. Ms. - Fassbender lieferte folgende Beschreibung der<br />
1933 im Pfarrhaus verwahrten Reliquie: »Sebastiansreliquie: 7,5<br />
cm hoch und breit; die Grundplatte ist Silber-vergoldet; der Zahn<br />
freistehend in Silber gefasst: vorne reiche Silberornamente aufgelegt,<br />
dazu vier Edelsteine.« Auf der Rückseite »Inschrift: Ren<br />
1729 Sancte Sebastian Ora Pro Nobis.« - Lageron: HHBH,<br />
K. 906, S. 10 und 26.<br />
8 Siehe Pfarrarchiv Hechingen /St. Luzen, Behälter 4.<br />
9 gefaßt: h = 1,25 m.<br />
10 Im Kunstdenkmälerwerk lautet die Beschreibung: »Um 1500. Das<br />
Lendentuch und die vor dem Körper gekreuzten Arme sind um<br />
einen dünnen Baumstamm gelegt, das Haupt reich gelockt, der<br />
linke Fuß vorgestellt.« - Siehe Walter Grenzmer (Hrsg.), Die<br />
Kunstdenkmäler Hohenzollerns. Erster Band: Kreis Hechingen.<br />
Hechingen, 1939, S. 161.<br />
in der Kirche St. Luzen?<br />
- War nach der Säkularisation und dem Auszug bzw. Aus-<br />
sterben der Franziskanermönche 2 nicht nur das Kloster,<br />
sondern auch die St. Luzenkirche einer fremden Bestimmung<br />
übergeben worden?<br />
- War sonst ein organisiertes Ereignis wie ein Fastnachtstanz<br />
mit Musikern und Tanzpaaren durchführbar?<br />
- Wie aber konnte sich dann der Hechinger Stadtpfarrer - es<br />
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