heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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Es war an einem kalten Dezemberabend oben in einem Dorf<br />
der Gammertinger Alb. Da hockten in der Wirtsstube zum<br />
»Bären« einige dem wenig begüterten Seidnerstande angehörende<br />
Dorfbewohner am wärmespendenden Kachelofen<br />
beim oft geübten Würfelspiel beisammen. Matt erhellte eine<br />
schwindsüchtige Petroleumfunzel den rauchgeschwängerten<br />
Raum. Draußen heulte der »Unterluft«, ein ruppiger Geselle,<br />
der jedem Albler die Haare stellt. Es saßen da der schwarze<br />
Kasper, ein bekannter Wirtshaussitzer, der durch Arbeitsscheu<br />
und schlechtes Hausen ziemlich viel Geld umgekehrt<br />
am Zins liegen hatte. Ferner der Boinerkarle, der wegen seiner<br />
Magerkeit diesen klapprigen Namen führte, keiner von den<br />
Tapfersten. Weiter der Baatle, welcher meistens das große<br />
Wort führte und gewöhnlich alles besser wußte. Dann der<br />
Zitterenes, der eigentliche Geisterzitierer und spiritus rector<br />
beim Tischlesrücken, ein kleines, schmächtiges Männchen,<br />
das beständig mit dem Kopf wackelte, als ob er sich über sich<br />
selbst verwundere. Auch der Pfannejockel war da, der einen<br />
guten Tropfen »Weihwasser« über alles schätzte. Endlich<br />
noch der Katzamanges mit dem Spitznamen »Rälling«, der<br />
nicht zur Tafelrunde gehörte und heute anscheinend zufällig<br />
im »Bären« war. Er galt bei den Tischlesrückern als ein<br />
»Eiskalter«, weil er im Gegensatz zu ihnen nichts von der<br />
Geisterei hielt.<br />
Besagter Katzamanges war ein eingefleischter Junggeselle,<br />
schon in reiferen Jahren, der bei jeder Gelegenheit die armen<br />
Ehemänner aufzog und verspottete, weshalb er bei diesen<br />
nicht in besonderer Gunst stand. Im übrigen hatte er eine<br />
besondere Vorliebe für Theaterspielen und Vermummungen.<br />
Daher wurde er von den »Ledigen«, deren Bürgermeister er<br />
war, für ihre alljährlichen Aufführungen zum Theaterdirektor<br />
und Regisseur erkoren. Die Aufführungen fanden stets im<br />
geräumigen Saal des »Bären« statt. Dorthin waren nun vor ein<br />
paar Tagen die nötigen Requisiten, als da Kulissen, Kostüme<br />
und Larven, eingetroffen, und zwar aus Sigmaringen, von wo<br />
aus man die ländlichen Spielbestrebungen kräftig förderte.<br />
Die schauerlichsten Masken waren da angekommen, denn in<br />
diesem Winter gab es ein romantisches Ritterstück, wie man<br />
es nie gesehen im Dorfe, mit schauerlichem Femegericht,<br />
Hexen, Teufel- und Geistererscheinungen. Katzamanges<br />
hatte sich schon mittags in den »Bären« begeben, um die<br />
Sachen sorgfältig zu prüfen, zu ordnen und aufzuheben für<br />
das kommende große Ereignis.<br />
2<br />
oon Hans Hanner=Mannheim<br />
Die Anwesenheit des Katzamanges behagte unserer Tafelrunde<br />
keineswegs. Es waren, wie gesagt, Leute, die mit<br />
Glücksgütern nicht besonders gesegnet waren und nach einer<br />
Gelegenheit spähten, die spröde Fortuna auf einem angenehmeren<br />
Wege als dem des Schweißes sich geneigter zu machen.<br />
Es waren keineswegs die angesehensten Dorfgenossen, die<br />
sich da so kappengleich brüderlich gefunden hatten. Das viele<br />
Wirtshaussitzen war ein schlechtes Beispiel für die ganze<br />
Gemeinde und brachte Zank und Hader in die Familien.<br />
Meistens mußten es die armen Frauen entgelten, die mit ihren<br />
zahlreichen Kindern oft nicht wußten, wie sie sich durchschlagen<br />
sollten, indes der Mann alles ins Wirtshaus trug.<br />
Sagten sie ein Wort, dann setzte es nicht selten Prügel ab;<br />
Baatle hatte sogar seine eigene alte Mutter geschlagen, weil sie<br />
ihm Vorhaltungen machte, was im Dorf große Empörung<br />
hervorrief.<br />
An besagtem Abend war man in einer ganz bestimmten<br />
Absicht zusammengekommen. Einer der Tischlesrücker<br />
hatte nämlich einen alten Schmöker in die Hände bekommen<br />
und darin gelesen, der Hunnenkönig selig sei mit ungeheuren<br />
Schätzen zuerst in einem goldenen, dann in einem silbernen<br />
und mit beiden zuletzt in einem kupfernen Sarg beigesetzt<br />
worden. Niemand aber wisse, wo die Grabstätte sich befinde.<br />
Nun gab es da oben seit uralters eine Sage, wonach in der<br />
Nähe von Hayingen, bei dem abgegangenen Ettenhain, eine<br />
Schlacht zwischen Hunnen und Alemannen stattgefunden<br />
habe, wobei der Hunnenkönig gefallen sein soll. Unser guter<br />
Tischlesrücker dachte nun in seiner Einfalt, wenn sie durch<br />
Geisterbefragung auf dem Wege des Tischlesrückens den<br />
Bestattungsort des berühmten Königs erfahren könnten<br />
- und in der Nähe müsse er ja begraben sein, da gäbe es gar<br />
keinen Zweifel -, dann wären sie ja alle gemachte Männer,<br />
»Millionöhre«, und brauchten nichts mehr zu arbeiten. An<br />
diesem Abend also wollte man den Geist des Hunnenkönigs<br />
zitieren, um seinen Begräbnisort zu erfahren. Alles weitere<br />
sollte dann verabredet werden.<br />
Zunächst galt es einmal, den Katzamanges, der gleich Lunte<br />
gerochen zu haben schien und mit boshaften Sticheleien<br />
aufwartete, aus der Wirtsstube zu beißen. Baatle wurde<br />
sackgrob, aber Katzamanges zog nicht, als Baatle mit dröhnender<br />
Baßstimme versicherte, es gebe gescheitere Leute wie<br />
manchen, die an die Existenz der Geister und an ihr Erscheinen<br />
glaubten. Katzamanges, der Eiskalte, war nicht zu bekeh-