09.11.2012 Aufrufe

heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Maiereigebäude an der Westseite des Schloßhofs war 105 Fuß<br />

lang und 43 Fuß breit und hatte 3 Stockwerke. Das Stall- und<br />

Scheurengebäude, das auf der anderen Straßenseite bei der<br />

Wette lag, maß 132 auf 43 Fuß. Im Jahr darauf kaufte das<br />

Rentamt noch die Scheuer des Josef Fischer bei der Wette um<br />

600 Gulden zur Aufbewahrung der Zehntfrüchte.<br />

Hirschwirt Schäfer konnte die neue Pachtperiode indes nicht<br />

ganz zu Ende bringen, denn Anfang 1843 kündigte die Fürstl.<br />

Hofkammer ihm den Pachtvertrag auf. Als Begründung<br />

wurde vorgebracht, daß der Pächter neben dem Kameralhof<br />

auch noch seine eigenen Grundstücke bewirtschaftet hatte,<br />

was laut Pachtbedingungen ausdrücklich verboten war. Zu<br />

einer Neuverpachtung sollte es nicht mehr kommen, denn am<br />

20. April 1843 schloß das Rentamt Haigerloch zwei Kaufverträge<br />

mit der Gemeinde bzw. der Bürgerschaft von Dettensee<br />

ab.<br />

Der erste, mit der Gemeinde abgeschlossene Vertrag betraf<br />

folgende Gebäude: das Maiereigebäude im Schloßhof, das<br />

Stall- und Scheurengebäude bei der Wette, der 1834 neugebaute<br />

Schweinestall, die 1839 gekaufte Zehntscheuer bei der<br />

Wette und schließlich noch die beiden Brunnen bei der<br />

Scheuer und in der Dorfwiese. Verkauft wurden ferner die<br />

der Herrschaft zustehenden Zehntanteile und das Schafweiderecht.<br />

Der Kaufpreis betrug 22 575 Gulden und war in 10<br />

Jahresraten bei 5prozentiger Verzinsung aufzubringen.<br />

Außerdem verzichtete das Rentamt auf die Frondienste,<br />

wofür die Gemeinde jährlich 60 Gulden zu entrichten hatte.<br />

Der zweite Vertrag wurde mit »sämtlichen Aktivbürgern«<br />

der Gemeinde Dettensee abgeschlossen und betraf die<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Ehrwürdige Heimat-Glocken<br />

Außer der ehemaligen Quelle im Inneren der früheren<br />

Marien-Pfarrkirche in Killer (»Kilchwiler«) (vgl. »Hohenz.<br />

Heimat« 1986, 59), zu der ja einst als Filialen Hausen,<br />

Starzein und Jungingen gehörten, ist eine sehr alte Glocke mit<br />

88 cm Durchmesser und 370 kg Gewicht bemerkenswert, die<br />

vermutlich ins 12. Jahrhundert oder weiter zurückreicht, also<br />

die älteste ihrer Art in Hohenzollern sein dürfte.<br />

Die von dem rührigen Heimatforscher Roland Simmendinger<br />

gezeichnete Skizze (siehe Bild) zeigt von oben gesehen auf der<br />

Platte oder Haube zwischen den hier dunkel angedeuteten<br />

Stegen der Krone (bzw. »Aufhängers«) in auffällig ungelenker<br />

Schrift die Namen der Evangelisten: »Matevs, Markvs,<br />

Luc, (J)Ohannes« in rückläufigen Großbuchstaben nach der<br />

Mitte zu. Der Glockenton wurde durch den erzbischöflichen<br />

Sachverständigen Kramer 1984 als »b -I- 5« festgestellt, als<br />

man durch die Firma Metz in Karlsruhe zum Ersatz der<br />

Bochumer Stahlglocken von 1923 neue Werke beschaffte.<br />

Man schuf diese nach den Plänen des berühmten verstorbenen<br />

Meisters Friedrich Wilhelm Schilling in Heidelberg, der<br />

aus Apolda in Thüringen zugezogen war. Durch eine<br />

Unachtsamkeit im neuen weiträumigen Stuhl der Turmstube<br />

wurden leider die Bügel stark beschädigt. Jedoch der<br />

bekannte Glockenfachmann Hans Lachenmeyer in Nördlingen<br />

behob meisterhaft den Bruch, wie er schon 1962 den<br />

Durchschuß eines französischen Wachtpostens durch das<br />

Glöckle der Ringinger Friedhofkapelle um 1946 (einem Werk<br />

des Rottenburger Johannes Rozier vom Jahr 1686), sowie den<br />

tödlichen Riß der weitberühmten »Hosanna« im Erfurter<br />

Domturn (DDR) vor einigen Jahren zu heilen verstand. Auf<br />

der Zeichnung Simmendingers habe ich außerhalb des Kreises<br />

46<br />

Grundstücke mit einem Umfang von 211'A Morgen. Davon<br />

bestanden 177/2 Mg. aus Ackern, IVA Mg. aus Wiesen und<br />

23 Mg. aus Gärten. Der Kaufpreis hierfür betrug 63425<br />

Gulden und war auf dieselbe Weise zu bezahlen. Die Kaufbedingungen<br />

besagten, daß, wenn ein Bürger mit den Ratenzahlungen<br />

nicht nachkommen sollte, die übrigen seinen Gutsanteil<br />

an sich ziehen und anderwärts verkaufen konnten. Auch<br />

die Juden, sofern sie Aktivbürger waren, durften Gutsanteile<br />

erwerben, jedoch nur, wenn sie diese selbst bewirtschafteten.<br />

Eine weitere, recht eigenartige Bedingung hatte folgenden<br />

Wortlaut: »Die Käufer verzichten auf die bisher bestandene<br />

Befugnis, gegen Abreichung von je 4 Bund Stroh die Abtritte<br />

der Juden reinigen zu dürfen, vielmehr bleibt den Israeliten<br />

überlassen, ihre Abtritte und Cloaken selbst zu säubern und<br />

den Dünger zu benützen, wogegen die Käufer auch kein<br />

Stroh mehr abzugeben haben.«<br />

Die beiden Kaufverträge wurden von der Fürstl. Landesregierung<br />

und Hofkammer genehmigt und traten am 28. April<br />

in Kraft. Zusammengenommen hatte die Dettenseer Einwohnerschaft,<br />

die damals aus rund 500 Personen bestand, also die<br />

enorme Summe von 86000 Gulden innerhalb von 10 Jahren<br />

aufzubringen. So konnte es nicht ausbleiben, daß viele<br />

Grundstückskäufer mit ihren Zahlungen nicht nachkamen,<br />

was durch die bald hereinbrechenden Mißjahre noch verschärft<br />

wurde und zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten führte.<br />

Die Gemeinde Dettensee hatte von den erworbenen Gebäuden<br />

nur das Pächterwohnhaus für sich behalten, das seitdem<br />

als Rathaus diente, bis es im Jahre 1945 durch Kriegseinwirkungen<br />

abbrannte, wobei auch das Gemeindearchiv in Rauch<br />

aufging.<br />

nochmal die Namen der Evangelisten zu besserem Verständnis<br />

angemerkt.<br />

Im nahen Starzein findet man im engen Türmchen der<br />

Kapelle neben einem neuen auch ein uraltes Glöcklein von 42<br />

cm Weite, dessen Abbild im Denkmälerwerk von 1896 S. 160<br />

etwas zu schlank erscheint, und um 1220 datiert werden<br />

dürfte. Nur teilweise sind die Evangelistennamen gelungen:<br />

»MARCVS + MATEVS + LVC«, während für Johannes<br />

kein Platz mehr im Rundband geblieben ist. Das Werk wurde<br />

1769 vom ehemaligen Johanniter-Haus und Klösterlein »Jungental«<br />

westlich des Dorfes an der sog. Kirchstaig nach dessen<br />

Abbruch übernommen. Das Gebäude wird schon 1256<br />

erwähnt und ist käuflich vom Johanniterorden 1605/10 ans<br />

zollerische Grafenhaus übergegangen gewesen.<br />

Melchingen hat den Ruhm, die ältest datierte Glocke in<br />

Hohenzollern zu besitzen. Sie trägt neben den Evangelistennamen<br />

in lateinischer u. deutlicher Schrift: »Die Glocke<br />

wurde im Jahr 1293 gegossen.« Dabei stehen die vier Rätselbuchstaben<br />

»AGLA«. Die Erklärung gab das »Zollerländle«<br />

1926, S. 40 aufgrund der »Glockenkunde« von Walter des<br />

Jahres 1913, 152, die mir als Student des theologischen<br />

Konvikts zu Freiburg in die Hand kam. Das hohz. Denkmalwerk<br />

von 1938, 241 berichtete dann die ganze Aufschrift und<br />

Erklärung: AGLA sind die lateinischen Anfangsbuchstaben<br />

eines hebräischen Spruches: »Atta Gibbor Leolam, Adonai«<br />

= »Du bist groß in Ewigkeit, Herr!«. Seit Jahrhunderten<br />

klingt demnach das Gotteslob von dem Melchinger Kirchturm!<br />

Aber wieviele wissen und beachten es?<br />

Der Gießer der großen Glocke von Jungingen, die 1938 (mit

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!