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heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Rundrelief, das in plastisch-bildhafter Form eine Person oder<br />

Begebenheit in dauerndem Material festhält«. Die ersten<br />

Medaillen der Renaissance, fast ausschließlich Porträtmedaillen,<br />

sind von einem lebensnahen Realismus getragen und<br />

vermeiden jedes Pathos. Das Aussehen von manchen Abgebildeten<br />

ist uns nur aus diesen Münzbildern bekannt. Die<br />

großen Ausdrucksmöglichkeiten, die das Medaillenbildnis<br />

besitzt, sind vor allem in der Herstellungstechnik begründet.<br />

Die deutsche Renaissancemedaille wurde im Gußverfahren<br />

hergestellt 6. Die Hersteller der Modelle - aus Holz oder<br />

weichem Stein - stammten aus den Kreisen der Holzschnitzer,<br />

Steinschneider, Kleinbildhauer, Goldschmiede und Siegelschneider.<br />

Auch wenn sie sich dem Medaillenschaffen<br />

zuwandten, blieben sie meist weiterhin in diesen Berufen<br />

tätig.<br />

III. Der Schöpfer der Grynaeusmedaille<br />

Der Schöpfer unserer Medaille, Hans Jakob Stampfer<br />

(1505-1579), war Goldschmied und Stempelschneider in der<br />

Heimatstadt Zwingiis, Zürich. Er gilt als der bedeutendste<br />

Medailleur der Schweiz und gehörte einer Goldschmiedfamilie<br />

an. Er ging wohl bei seinem Vater Hans Ulrich I Stampfer<br />

in die Lehre. Seine Söhne Hans Ulrich II, Hans I und Hans<br />

Jakob II Stampfer übten ebenfalls das Goldschmiedehandwerk<br />

aus. Seine Wanderjahre als Geselle führten ihn in die<br />

damaligen Zentren der deutschen Medaillenkunst, Augsburg,<br />

Nürnberg und Straßburg, wo so bedeutende Meister wie<br />

Friedrich Hagenauer und Matthes Gebel wirkten. »In Zürich<br />

KARL WERNER STEIM<br />

Der Judenpogrom 1938 in Haigerloch<br />

Die Schüsse des polnischen Juden Herschel Grynszpan am<br />

7. November 1938 auf den Legationssekretär Ernst vom Rath<br />

in der deutschen Botschaft in Paris wurden von der NS-<br />

Führung eiskalt und geistesgegenwärtig ausgenutzt, um zum<br />

entscheidenden Schlag gegen die Juden auszuholen. Es ging<br />

auch um die Behebung einer finanziellen Notlage des Reichs,<br />

um die endgültige Ausschaltung der jüdischen Deutschen aus<br />

der Wirtschaft. Als »Reichskristallnacht« ist jene Nacht zum<br />

10. November 1938 in die Geschichte eingegangen, als in<br />

Deutschland fast alle Synagogen zerstört und die meisten von<br />

ihnen niedergebrannt wurden. Tausende jüdische Geschäfte<br />

und unzählige Wohnhäuser von Juden wurden demoliert.<br />

Auf den Straßen türmte sich das Glas der zerbrochenen<br />

Fensterscheiben - daher der verharmlosende Begriff »Kristallnacht«,<br />

der heute besser durch »Pogrom« ersetzt wird.<br />

Ähnlich wie im ganzen Reich ging es in jener Nacht auch in<br />

Haigerloch zu. Im ausschließlich von - damals etwa 160 -<br />

Juden bewohnten »Haag« wurden um 4 Uhr früh durch rund<br />

50 SA-Leute aus Sulz am Neckar die Synagoge, das jüdische<br />

Gemeindehaus und viele Fensterscheiben an Gebäuden, die<br />

von Juden bewohnt waren, beschädigt. Elf jüdische Mitbürger<br />

kamen für Wochen in »Schutzhaft« im Konzentrationslager<br />

Dachau.<br />

»In der Nacht vom Mittwoch, den 9. auf Donnerstag, den 10.<br />

ds. kamen morgens gegen 4 Uhr ca. 50 Mann von Richtung<br />

Weildorf, hier an. Wie ich hörte sind sie sodann in den<br />

Ortsteil >Haag< gezogen und haben dort an folgenden Gebäuden<br />

Fenster demoliert...« So beginnt der Bericht des Haigerlocher<br />

Bürgermeister-Stellvertreters Wilhelm Winter, den er<br />

am 11. November 1938 auf telefonische Anfrage an den<br />

38<br />

ist Hans Jakob Stampfer seit 1539 als Münzwardein nachgewiesen,<br />

1540-42 Zeugherr, 1544 Zwölfer im Großen Rat,<br />

1554/55 Eherichter, 1555 Zunftmeister im Kleinen Rat, 1560<br />

Obermeister, 1566-69 Obervogt des Neuamts, 1567-69<br />

Schirmvogt, 1570-77 Landvogt zu Wädenswil. Als Münzprobierer<br />

stand er in hohen Ehren und wurde auch von<br />

benachbarten Münzstätten zugezogen« (S. Müller-Wirth).<br />

Anmerkungen<br />

1 K. Gauß, Die Berufung des Simon Grynaeus nach Tübingen, in:<br />

Basler Jahrbuch 1911, S. 118. Vgl. R. Teuteberg, Simon Grynaeus,<br />

in: Der Reformation verpflichtet. Hrsg. vom Kirchenrat der evangelisch-reformierten<br />

Kirche Basel-Stadt, Basel 1979, S.29.<br />

2 Oporin an Vadian, am 8.8. 1541. E. Arbenz,<br />

sammlung, St. Gallen 1908, Nr. 1192.<br />

Vadianische Brief-<br />

3 Grabschrift abgedruckt bei E. Staehelin, Briefe und Akten zum<br />

Leben Oekolampads, Bd. 2, Leipzig 1934, Nr. 988.<br />

4 Die Zwinglimedaille ist abgebildet bei W. Köhler, Huldrych<br />

Zwingli, Neuausgabe, Leipzig 1983, S.292; die Oekolampadmedaille<br />

in: Die Renaissance, Ausstellungskatalog, hrsg. vom Badischen<br />

Landesmuseum Karlsruhe, Bd. 2, 1986. S.603.<br />

5 G. Habich, Die deutschen Schaumünzen des 16. Jhs., 4 Bde.,<br />

München 1929-1934.<br />

6 Die Technik der Prägung, die größere Auflagen ermöglichte, kam<br />

erst später auf. Die Modelle für den Guß wurden in Deutschland<br />

aus Holz oder weichem Stein geschnitten. Davon wurde ein<br />

Abdruck in einer Formmasse hergestellt. Diese Masse, die vor dem<br />

Guß gebrannt werden mußte, bestand aus feinem Ton mit verschiedenen<br />

Beimengungen, deren Zusammensetzung Werkstattgeheimnis<br />

blieb. Nach dem Guß wurden Grate und Nähte beseitigt,<br />

Feinheiten nachziseliert und das Stück manchmal patiniert oder<br />

vergoldet.<br />

Üechinger Landrat erstattete. Es folgt ein Verzeichnis von 16<br />

Gebäuden, an denen zwischen 1 und 17 Fensterscheiben<br />

zertrümmert worden waren, insgesamt 111 Scheiben. Besonders<br />

betroffen waren das jüdische Gasthaus »Rose« (17<br />

Scheiben) und die Gebäude der Juden Sally und Jette Levi<br />

(12), Alfred Levi (11), Witwe Eugen Nördlinger (10) und<br />

J.B. Reutlinger (10). Außerdem gingen drei Glasscheiben an<br />

Haustüren sowie drei Fensterläden zu Bruch. »Anschließend<br />

wurden an der Synagoge sämtliche Fenster eingeschlagen, die<br />

Türen eingedrückt und in der Synagoge selbst die gesamte<br />

Einrichtung demoliert. Auch wurde in einem Nebengebäude<br />

die vorhandene Badeeinrichtung schwer beschädigt. Der<br />

Schulraum im Isr. Gemeindehaus wurde ebenfalls völlig<br />

demoliert, ferner im gleichen Hause die Wohneinrichtung des<br />

Lehrer Spier und die Kücheneinrichtung des Emil Ullmann<br />

teilweise.« So lautet das Schreiben weiter. Ferner wurden -<br />

wohl versehentlich - am Gebäude Nr. 233, das erst seit kurzer<br />

Zeit im Besitze der Hohenz. Landesbank war, ebenfalls zwei<br />

Fenster zertrümmert. Es fällt auf, daß Winter - Haigerloch<br />

hatte damals gerade keinen Bürgermeister - von sich aus seine<br />

vorgesetzte Behörde nicht informierte. Landrat Schraermeyer<br />

war vielmehr unverzüglich von der Haigerlocher<br />

Gendarmerie verständigt worden. Die Täter waren fast ausschließlich<br />

Angehörige der SA und der SA-Reserve Sulz a. N.,<br />

die während der Nacht mit einem Omnibus hierher gekommen<br />

waren.<br />

Der Landrat schilderte die Ereignisse des Pogroms in Haigerloch<br />

am 11. November dem Sigmaringer Regierungspräsidenten<br />

wie folgt: »Die in der Nacht zum 10. November im<br />

ganzen Reich durchgeführten Demonstrationen und Aktio-

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