heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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Aufsatz des Sakramentshauses in der Glatter Pfarrkirche von 1550.<br />
Oben das Wappen des Ritterordens vom Heiligen Grabe. Links<br />
Wappen mit Jakobsmuschel, rechts Wappen mit Insignien der<br />
hl. Katharina. Foto W. Hermann<br />
»Unserem lieben getreuen Diener/Hauptmann/Pfleger zu<br />
Lauingen« ein. Daraus darf man sich jedoch nicht zu der<br />
Annahme verleiten lassen, die Übereinstimmung zwischen<br />
dem Ritter und dem Pfalzgrafen Friedrich bzw. dessen<br />
Neffen Ottheinrich und Philipp wäre stets vorhanden gewesen.<br />
Gerade in den Monaten nach dem für die Fürsten erfolgreichen<br />
Abschluß des Bauernkrieges wird deutlich, wie wenig<br />
Dankbarkeit Reinharts Herren ihm gegenüber bewiesen. Der<br />
schwäbische Ritter hatte als treuer Diener alles dafür getan,<br />
um die Herrschaft Pfalz-Neuburg sowie noch andere Territorien<br />
von der »aufständischen Plage« zu reinigen und dabei<br />
mit keinen Heldentaten glänzen können. So wird verständlich,<br />
daß er dafür die zu Nördlingen versammelten Stände am<br />
19. November 1525 um eine Verehrung, das heißt wohl im<br />
heutigen Sinne um ein »Erfolgshonorar« bat. Dieses Gesuch<br />
wurde aber von den Ständen abgelehnt. Außerdem beschuldigten<br />
sie den Ritter, Brandschatzungsgelder in Aufhausen<br />
im Ries zweimal erhoben zu haben. Somit mußte sich<br />
Reinhart verteidigen, anstatt sich in aller gebührenden<br />
Bescheidenheit loben zu dürfen 148.<br />
Es mag sein, daß seine eigenen Herren dazu auch bereit<br />
gewesen wären, doch Reinhart hatte während seines Kampfes<br />
gegen die Bauern zu Mitteln gegriffen, die zwar den Bauern,<br />
gleich welcher Herrschaft Untertan, schwer schadeten, jedoch<br />
auch gleichzeitig deren Herren Verdruß schafften. So hatten<br />
Reinharts Leute zwischen dem 14. und 17. April 1525 etliche<br />
Bauern und deren Vieh aus oettingischen Orten nach Lauingen<br />
geführt. Ebenso taten diese es mit Weidevieh, das Metzgern<br />
aus Nördlingen gehörte. Nur auf energischen Widerspruch<br />
wegen »merklicher Verunrechtung« bei Reinhart von<br />
Neuneck wurde das Vieh zurückgegeben 149.<br />
Andere Beschwerden kamen wohl von Seiten des Klosters<br />
Kaisheim, das bereits angesprochen wurde. Ebenso übereifrig<br />
war Reinhart in Ellwangen. Nicht nur, daß er auch dort drei<br />
Dörfer zuerst in Brand stecken ließ, um die Bauern herauszulocken<br />
130, er ließ die Bürger Ellwangens am 17. Mai 1525<br />
huldigen: jedoch nicht etwa ihrem landesherrn, dem Probst<br />
Heinrich, sondern dem pfalzgräfischen Hause insgesamt,<br />
dem Kurfürsten Ludwig von der Pfalz, dem Herzog Hein-<br />
26<br />
rich, Bischof zu Utrecht und Herrn zu Ellwangen, den<br />
Herzögen Friedrich, Ottheinrich und Philipp 151. Dem<br />
Schwäbischen Bund hätte Reinhart jedoch nur die Vereidigung<br />
auf den Probst gemeldet. Am 18. Mai zog Reinhart dann<br />
nach Neresheim ab, wobei er aus Ellwangen vier Büchsen<br />
mitnahm, von denen drei nach Dinkelsbühl gehörten 152, und<br />
welche dieser wohl auch nicht zurückerstattete. Reinharts<br />
Wille, den Kampf nach den von ihm erkannten Notwendigkeiten<br />
zu führen, wurde von seiner Herrschaft nicht anerkannt.<br />
Sie berief ihn nach Lauingen zurück, wobei er selbst<br />
jedoch den Gaildorfer Haufen gerne weiterverfolgt und<br />
angegriffen hätte. Das heißt, daß der Neunecker eben zuerst<br />
und vor allem für die Pfalzgrafschaft Neuburg zur Verfügung<br />
stehen sollte.<br />
Wegen diesen Querelen mit seinen jungen Herren und den<br />
übrigen Fürsten kann man vermuten, daß Reinhart ganz froh<br />
war, 1529 einen kaiserlichen Auftrag übernehmen zu dürfen.<br />
Als Untersuchungsrichter wurde er nach Konstanz geschickt,<br />
dorthin, wo die Reformation in voller Blüte und die Bürgerschaft<br />
gegen den Bischof Hugo von Landenberg stand 153.<br />
Auch die Aufgaben im kaiserlichen Kriegsrat und als Hauptmann<br />
gegen die Türken kamen ihm sicher gelegen, um 1530<br />
nach Wien abzureisen. Für diese Aufgabe wurde Reinhart<br />
seinem altbekannten Herrn, dem Pfalzgrafen Friedrich, beigeordnet<br />
134.<br />
Auch an den Besoldungen oder ganz allgemein an dem<br />
Umgang mit Geld wird das eigentümliche Verhältnis von<br />
Diener und Herren deutlich. Für heutige Zeiten ist das<br />
Folgende wohl undenkbar. Die Pfalzgrafen und späteren<br />
Herzöge Ottheinrich und Philipp lebten auf großem Fuß,<br />
eben so, wie sie es für sich angemessen hielten. Je höher der<br />
Stand war, um so größer hatte der Standard adeligen Lebens<br />
zu sein. Ein »Staatsdiener«, wenn auch vom Adel, war<br />
nützlich - aber Reinhart stand als Ritter weit unter ihnen.<br />
Und doch scheuten sich seine Herren nicht, ihn als Bürgen in<br />
ihre Geldschwierigkeiten einzubeziehen. Die Bürgschaften<br />
Reinharts sicherten die Pfalzgrafen ihrerseits jedoch durch<br />
sogenannte Schadlosbriefe ab und gaben ihrem Diener<br />
Sicherheiten. Zwischen 1524 und 1539 wurde Reinhart achtmal<br />
bemüht. Die Gesamtsumme, die dabei im Spiel war,<br />
betrug 24 100 fl. und einmal mehr als 1000 Kronen. Letztere<br />
bei Graf Wilhelm von Fürstenberg 153.<br />
Am 2. Februar 1530 bestätigten die Brüder Ottheinrich und<br />
Philipp, daß sie bei ihrem Diener 7000 fl. gegen einen jährlichen<br />
Zins von 350 fl. entlehnt hatten. Als Sicherheit verpfändeten<br />
sie dem Ritter ihr Schloß, ihr Dorf, das Gericht, den<br />
'Bann und Kirchensatz zu Tatenhausen 156. Wie wenig sicher<br />
eine Rückzahlung war, geht aus der Tatsache hervor, daß am<br />
1. März 1546 anstelle Eitels von Westernach, einem der drei<br />
Bürgen, Hans Kraft von Vestenberg eintrat 137.<br />
Was den Reichtum und das Vermögen Reinharts betraf,<br />
wissen wir noch wenig. Er schien jedoch über Bankeinlagen<br />
in Höhe einiger Tausend Gulden zu verfügen. Neben seinem<br />
Konto beim Bankhaus des Hans Paumgarten d.J. unterhielt<br />
er auch beim Bankier Fugger in Augsburg ein beträchtliches<br />
Geldvermögen, das er um 1532/1533 von dort abzog 158. Das<br />
läßt die Vermutung zu, daß Reinhart für sein Schloß in Glatt<br />
Geldmittel bereithalten mußte. Der Gedanke dafür gründet<br />
sich auf den »Bauanschlag« von Wendelin Kurtz aus Rottenburg,<br />
den dieser im Dezember 1533 für die Wirtschaftsgebäude<br />
längs des Mühlkanals angefertigt hatte 158a.<br />
Seit dem 25. Juli 1530 besaß Reinhart auf Lebenszeit das<br />
Pflegamt zu Lauingen. Ottheinrich und Philipp übertrugen es<br />
»unserem Rathe und lieben getruwen Renhardten von Neunegkh<br />
zu Glatt, Ritter« 159. Dazu statteten sie ihm mit 75 Mit.<br />
Vesen, 100 Mtl. Haber, mit Brennholz, einem Fischwasser<br />
und 200 fl. Jahreseinkommen aus. Diese Einkünfte stammten