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heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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1790 1800 1810 1820 1830 1840 1850 1860<br />

Temperaturkurve für New Häven (zwischen New York und Boston). Man sieht, daß der Kälteeinbruch von 1816 ein ganz außergewöhnliches<br />

Ereignis war. Die Mittagstemperaturen um 14 Uhr lagen im Juni 1816 um etwa 16 Grad niedriger als in »normalen« Jahren (Abb. nach<br />

Spektrum der Wissenschaft).<br />

Europa, setzte die Mißernte in Amerika eine Auswanderungswelle<br />

in Gang. Viele Farmer im östlichen Amerika<br />

gaben auf und wanderten in Richtung Westen, wo man sich<br />

bessere Verhältnisse erwartete.<br />

Die schlimme Zeit hatte jedoch, was damals niemand wußte,<br />

schon ein Jahr vorher an einem ganz anderen Punkt der Erde<br />

begonnen. 1815 erfolgte in Indonesien der größte Vulkanausbruch,<br />

der bisher bekannt wurde. Der Vulkan Tambora auf<br />

der Insel Sumbawa schleuderte ungeheure Massen von Vulkanasche<br />

in die Atmosphäre. Noch auf der Insel Java, die fast<br />

500 Kilometer vom Vulkanausbruch entfernt war, verdunkelte<br />

sich die Sonne und ein Aschenregen bedeckte Häuser,<br />

Straßen und Felder. Der Ausbruch des Tambora war viel<br />

verheerender als der Ausbruch des Krakatau im Jahre 1883.<br />

Er wurde jedoch kaum bekannt, da nur wenig Nachrichten<br />

von Südostadien nach Europa gelangten. Nach Meinung von<br />

Klimatologen sind vom Jahr 1600 bis heute bei keinem<br />

anderen Vulkanausbruch so große Mengen Vulkanasche in<br />

die Atmosphäre gelangt. Die Folge war eine Abschirmung<br />

der Sonneneinstrahlung und ein starkes Absinken der Temperaturen<br />

an der Erdoberfläche. Sichere Nachrichten über die<br />

Auswirkung dieser Klimakatastrophe gibt es nur aus Europa<br />

HERBERT BURKARTH<br />

Die Hungerjahre 1816/17 in Gammertingen<br />

Über die Hungerjahre schrieb der damalige Amtbürgermeister<br />

Reiser einen Bericht, der von Joseph Wiest in seiner<br />

»Geschichte der Stadt Gammertingen« veröffentlicht wurde<br />

(1928 und 1961). »Der Jahrgang 1816 ist ein so nasser Sommer<br />

gewesen, daß die Frucht hat zu keiner Reife kommen wollen.<br />

Die Ernte ist so weit hinausgeschoben, daß man das letzte<br />

Korn am 29. Oktober hat heimgeführt. Haber, Bohnen,<br />

Linsen sind wenig zur Reife gekommen, daß man vielen<br />

Haber nicht heimgebracht. Ich bin Augenzeug, daß man am<br />

hl. Abend in Freudenweiler hat Habergarben auf dem Schlitten<br />

heimgeführt, in Mägerkingen hat man den Tag vor<br />

hl. Drei König Haber und Wicken (Erbsen) heimgeführt.<br />

und Amerika. Es ist jedoch anzunehmen, daß andere Gebiete<br />

der Erde ebenfalls betroffen waren. Die allgemeine Abkühlung<br />

war die Ursache für den kalten und nassen Sommer 1816.<br />

Das Ausmaß von Hungersnot und Teuerung wurde auch von<br />

sozialen und anderen Verhältnissen beeinflußt. So hatte z. B.<br />

König Friedrich II. von Preußen die Einrichtung von Land-<br />

Magazinen befohlen, in denen Getreideüberschüsse gelagert<br />

wurden, um in Notzeiten Brot und Saatgut zu haben. Dies<br />

hatte zur Folge, daß 1816 die Getreidepreise in Posen völlig<br />

gleich blieben, während sie in »Neu-Preußen«, z.B. im<br />

Rheinland, anstiegen.<br />

Anmerkungen<br />

1 Ausstellungskatalog Bd. 1,1 S.477 bis 499<br />

2 Die Hungerjahre 1817/18 auf der Alb und an der Donau, Ulm<br />

1985, S. 10<br />

3 J. B. Pflug aus Biberach schildert z. B. das Jahr 1812 als das schönste<br />

und fruchtbarste Jahr, das er erlebt hat.<br />

4 Siehe auch Vulkanismus, Verständliche Forschung, Verlag Spektrum<br />

der Wissenschaft 1985<br />

5 Man kennt diese Dinge erst genauer, seit es möglich ist, von<br />

Erdsatelliten aus Vulkanausbrüche zu beobachten. Man befürchtet,<br />

daß auch durch einen Atomkrieg so viel Staub in die Atmosphäre<br />

kommen könnte, daß ein »atomarer Winter« die Folge wäre.<br />

Der Fruchtpreis ist so hoch gestiegen, daß das Malter Kernen<br />

von 38 bis 49 Gulden ist bezahlt worden, das Malter Gerste 56<br />

bis 59 Gulden, der Schöffel Haber ist um 8 Gulden bezahlt<br />

worden. (Es ist außerordentlich schwierig, sich unter den<br />

Maßen und Preisen etwas vorzustellen. In Gammertingen<br />

galt das Veringer Maß, das Fruchtmaß war - nach Wiest -<br />

aber etwas kleiner. Mustermaße waren bis zum 2. Weltkrieg<br />

noch auf der Gammertinger Rathausbühne, sind aber dann<br />

verschwunden.)<br />

Im Jahr 1817 sind die Preise noch höher gestiegen (z.B. der<br />

Haber von 9 auf 20 Gulden). Den 27. April ist von der<br />

55

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