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heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Knapp, die darin auch über weitere Frauen Aussagen machen.<br />

Genannt werden die schon bekannte Gret Sattlerin, eine<br />

gewisse Schneider Anna, Eleaser Jonas Weiblin und die<br />

Schultheißen, zweifellos wiederum die Frau Caspar Hindenlangs.<br />

Es zeichnet sich also im Jahr 1583 ein Hexenprozeß ab, bei<br />

dem wenigstens fünf Hechinger Frauen angeklagt waren:<br />

Catharina Zumprechtin, Ursula Knapp, Catharina Baderin,<br />

Margaretha Sattlerin und Catharina Schultheißin. Ob die<br />

weiter genannten Frauen, Schneider Anna und Eleaser Jonas'<br />

Frau ebenfalls vor Gericht gestellt wurden, ist bisher nicht<br />

bekannt. Es muß in diesen Sommertagen in Hechingen einige<br />

Aufregung geherrscht haben, nicht nur weil niemand wußte,<br />

wen die Angeklagten unter der Folter noch angeben würden,<br />

sondern auch weil diese Prozeßserie von 1583 nach meiner<br />

Kenntnis der erste Hexenprozeß in der Grafschaft Zollern ist,<br />

bei dem die Angeklagten tatsächlich zum Feuertod verurteilt<br />

wurden. Zwar hatte es zwischen etwa 1540 und 1577 bereits<br />

fünf Anklagen wegen Zauberei und Hexerei gegeben - die<br />

Fälle betrafen Burladingen, Grosselfingen und dreimal Jungingen<br />

aber die betroffenen Frauen waren alle mit dem<br />

Leben davongekommen. Seit 1583 wurde allerdings ernst<br />

gemacht mit der Hexenverfolgung im Land. In der Regierungszeit<br />

Graf Eitelfriedrichs IV. (1576-1605), der auch in<br />

anderen Herrschaftsbereichen ein rigoroseres Regiment<br />

führte, wurden in Wellen von 1583,1589,1598 und 1604 nicht<br />

weniger als 17 Frauen und ein Mann wegen Zauberei und<br />

Hexerei angeklagt und fast alle endeten auf dem Scheiterhaufen.<br />

Dem hier in Frage stehenden Prozeß kommt insofern wegen<br />

seines Pioniercharakters besondere Bedeutung zu. Daß die<br />

Richter in diesem Bereich der Rechtsprechung noch wenig<br />

geübt waren, macht sich auch in den Protokollen bemerkbar.<br />

Was an Geständnissen der Catharina Zumprechtin und der<br />

Ursula Knapp festgehalten wurde, wirkt im Vergleich zu<br />

späteren Prozessen eher blaß. Die Geständnisse wirken wie<br />

dem Handbuch der Hexenlehre entnommen und lediglich<br />

mit einigen konkreten Namen, Orten und Fakten ausgeschmückt.<br />

Die standardisierten Antworten erwecken den<br />

Eindruck, als sei hier das klassische Hexeneinmaleins, das die<br />

Richter abfragen wollten, aus den beiden Frauen herausgefoltert<br />

worden.<br />

Bereits vor zehn, fünfzehn Jahren habe sich die genannte<br />

Gruppe von Frauen einem Teufel mit dem wohlklingenden,<br />

aber hierzulande üblichen Namen Greßlin verschrieben,<br />

welcher abwechselnd in einem grünen Rock oder im schwarzen<br />

Häs auftrat. Er habe Gems- oder Geißfüße gehabt und<br />

auch die Buhlschaft mit ihm hauen die Frauen als unangenehm<br />

in Erinnerung, da er Khalter Natur gewesen. Der Böse<br />

habe ihnen abverlangt, Gott und alle Heiligen zu verleugnen<br />

und ihnen dafür Zauberkräfte in Form von Salben und<br />

Pulvern an die Hand gegeben. Mit deren Hilfe hätten sie<br />

verschiedentlich Unwetter veranstaltet, aber auch Leute und<br />

Vieh geschädigt. Um den Bund mit dem bösen Feind zu<br />

erneuern, hätten sie regelmäßig Konventikel und Tänze<br />

abgehalten, etwa in einem Hanfgarten im oberen Buloch oder<br />

beim Butzenweiher. Mit dem Ruf oben auß vnd nienett ahn<br />

seien sie dann auf Stecken und Ofengabeln im namen des<br />

teuffels zum Cameth außgefahren. Bei den Hexentänzen sei<br />

es hoch hergegangen. Sie hätten immer genug zu essen und zu<br />

trinken gehabt, allerdings kein Brot und Salz (wegen ihrer<br />

hexenbannenden Kraft). Den Wein, roten und weißen, habe<br />

die Schneider Anna oder die Gret Sattlerin aufgetragen, die<br />

Schultheißin habe dagegen das Fleisch gebracht. Überhaupt<br />

wird die Schultheißin in den Aussagen der beiden Frauen als<br />

extravagante Frau geschildert: dreimal heißt es, sie habe bei<br />

den Hexentänzen ein Schleierhütlein, ein Schlappenhütlein<br />

oder gar einen Pelzhut getragen.<br />

36<br />

Wenn diese genormten Protokolle überhaupt Realität beinhalten,<br />

dann mag sie am ehesten vielleicht in solchen Charakterisierungen<br />

stecken. Es ist ja immerhin bemerkenswert, daß<br />

diesem ersten Hechinger Hexenbrand die Schultheißin, also<br />

die Frau des Ersten Mannes der Stadt zum Opfer fiel. Von den<br />

Mitangeklagten wird sie durch ein modisches Détail aus ihrer<br />

Garderobe noch beim Hexentanz als Angehörige der städtischen<br />

Oberschicht gekennzeichnet.<br />

Schultheiß Caspar Hindenlang: Bruchstück einer Biographie<br />

Besonders heikel mußte die Konstellation dieses Prozesses<br />

auch dadurch wirken, daß Caspar Hindenlang in seiner<br />

Eigenschaft als Hechinger Stadtschultheiß und Untervogt der<br />

Grafschaft Hohenzollern-Hechingen eigentlich die Untersuchungen<br />

zu leiten gehabt hätte. Das war aber wegen der<br />

Befangenheit im Falle seiner Frau nicht möglich. So mußte<br />

der juristisch geschulte Mann zusehen, wie seine Frau Catharina<br />

im Verlauf des Prozesses und, wie anzunehmen ist, unter<br />

der Folter zur Hexe gemacht wurde.<br />

Es ist nicht viel, was wir über den Schultheiß Caspar Hindenlang<br />

wissen. Sein Familienname ist nicht in Hechingen heimisch;<br />

in seiner Urfehde vom 4. September 1583 nennt er sich<br />

von Straßburg. Weder in der Literatur zu Straßburg noch in<br />

den Matrikeln der einschlägigen Universitäten begegnet sein<br />

Name. So mochte er vielleicht kein gelehrter Jurist gewesen<br />

sein, aber doch ein Mann mit Verwaltungserfahrung. Als<br />

solcher war er etwa im Januar 1582 befähigt, in herrschaftlichem<br />

Auftrag die Jahrgerichte in den einzelnen Orten der<br />

Grafschaft abzuhalten 9. Er dürfte erst wenige Jahre der<br />

hohenzollerischen Beamtenschaft angehört haben, als die<br />

Fama, seine Frau sei eine Hexe, seiner Karriere ein Ende<br />

bereitete. Ob Catharina mit ihm von Straßburg gekommen<br />

oder eine gebürtige Hechingerin war, ist nicht zu entscheiden.<br />

Im August 1583 hatte sie sich mit den anderen genannten<br />

Frauen wegen des Vorwurfs der Hexerei zu verantworten,<br />

noch in diesem Monat dürfte sie den Scheiterhaufen bestiegen<br />

haben, denn vom 4. September stammt bereits Hindenlangs<br />

Urfehde, die ihren Tod voraussetzt.<br />

Die Urfehde ist ein großartiges Dokument dafür, daß Hindenlang<br />

den Tod seiner Frau nicht ohne weiteres hingenommen<br />

hatte. Sie liefert eines der seltenen Beispiele für den<br />

Widerstand gegen das Inquisitionsverfahren bei Hexenprozessen.<br />

Dabei mag Caspar Hindenlang durchaus wie das Gros<br />

seiner Zeitgenossen an die Existenz von Hexen geglaubt<br />

haben, aber er war wie wenige »aufgeklärt« genug, um die<br />

Folter als Methode zu ihrer Überführung abzulehnen.Und er<br />

machte diese Ablehnung in den Hechinger Wirtshäusern<br />

öffentlich und schrie den Schmerz über den ungerechtfertigten<br />

Tod seiner Frau in die Gassen des Städtchens hinaus. Dies<br />

hat ihm letztlich seinen aufrechten Gang und seine Laufbahn<br />

gekostet. Zwar gilt Hindenlang noch während seiner Gefangenschaft<br />

im September als Schultheiß und noch im Dezember<br />

1583 wird er gelegentlich seiner Ermahnung wegen des<br />

Trinkens Schultheiß genannt. Möglicherweise beließ man ihn<br />

dieses Jahr noch in seinem Amt, weil im Januar 1584 ohnehin<br />

ein neuer Schultheiß bestimmt wurde. Da die Jahrgerichtsprotokolle<br />

der folgenden Jahre fehlen, ist sein Schicksal<br />

allerdings nicht genau zu fassen. Ende der 80er Jahre fehlt<br />

jedenfalls der Name Hindenlang in Hechingen.<br />

Auch wenn dieser Mann nur wenige Jahre an der Spitze der<br />

Stadt Hechingen gestanden hat und seine Amtszeit insofern<br />

eine Episode bildet, sollte er nicht nur durch den Hinweis auf<br />

seine Trunksucht in die Geschichte der Stadt eingehen.<br />

Caspar Hindenlang hatte versucht, den Anfängen der Hexenverfolgung<br />

in Hohenzollern zu wehren und mußte daran<br />

scheitern.

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