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heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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stände von genau 15° und 30° zwischen den im Umkreis<br />

liegenden Örtlichkeiten eine Rolle spielen. Manchmal liegen<br />

auch auf einem Radius in einem solchen Kapf-System mehrere<br />

dieser Örtlichkeiten. Aus solchen Anordnungen ist für<br />

die Warten zu schließen, daß sie primär keine Wehranlagen<br />

waren. Es wäre nicht einzusehen, warum derartige Gesichtspunkte<br />

und nicht militärische Überlegungen und die Gegebenheiten<br />

des Geländes die Platzwahl hätten bestimmen<br />

sollen. Daß im Fall einer Benützung in mehreren Perioden<br />

mit Wall und Graben ausgestattete Anlagen zu bestimmten<br />

Zeiten auch als Zuflucht gedient haben mögen, soll dabei<br />

keineswegs geleugnet werden, auch nicht für das Käpfle über<br />

Burladingen. Als primäre Zweckbestimmung bleibt unter<br />

diesen Gesichtspunkten nur eine, die in dem obskuren<br />

Bereich früher religiöser Vorstellungen anzusiedeln wäre.<br />

Dazu paßt aber ausgezeichnet, daß in den etwa zwei Dutzend<br />

solcher Kapf-Systeme zwischen Oberrhein, Allgäu und mittlerem<br />

Neckar an wichtigen Punkten darin einige unserer<br />

ältesten Kirchen und Kapellen liegen; vor allem Feldkirchen,<br />

abgegangene und heute noch bestehende wie die Wurmlinger<br />

Kapelle, die Salmendinger Kapelle, die Obere Kirche bei<br />

Nagold, die Heidenkapelle bei Belsen und einige andere.<br />

Voraussetzung für einen Zusammenhang dieser frühen<br />

christlichen Gotteshäuser mit einem vor-christlichen Kult in<br />

alamannischer und früherer Zeit ist die Kult-Tradition des<br />

Ortes, d.h. eine ältere Lehrmeinung, die allerdings von<br />

manchen wie z.B. Blessing (1962) bestritten wurde.<br />

Die deutlichsten und in ihren Zusammenhängen am besten<br />

erkennbaren Kapf-Systeme liegen im Raum an der obersten<br />

Donau und auf der Zollern-Alb. Hier bilden der Hohenzollern<br />

und das Zellerhorn einerseits, das Zollerbergle und der<br />

Kornbühl auf dem Heufeld andererseits die Mittelpunkte von<br />

zwei sich über dem Killertal überschneidenden großen Systemen.<br />

Kleinere liegen in der Nachbarschaft bei Tailfingen<br />

(Burg) und über Gauselfingen (Hoher Kopf). Das Käpfle<br />

über Burladingen gehört in das Heufeld-System: es liegt<br />

genau in der Mittagslinie des Zollerbergle. Der nur wenig<br />

westlicher gelegene Obere Berg wäre von der Lage, d.h. von<br />

der Himmelsrichtung her, in das benachbarte System um den<br />

Hohenzoller einzuordnen. Hier sind aber vor Ort an der<br />

Oberfläche keinerlei Hinweise auf einen Kapf festzustellen.<br />

HERBERT BURKARTH<br />

Eine Grund-Voraussetzung jedoch erfüllt die höchste Stelle:<br />

nur von hier besteht - über den Himberg hinweg - eine<br />

direkte Sichtverbindung mit dem Zollergipfel.<br />

Wenn oben vermerkt wurde, daß an einigen Stellen in<br />

derartigen Kapf-Systemen die Kult-Tradition aus dem alamannischen<br />

Heidentum bis in christliche Zeiten hinein bestehen<br />

blieb, dann ist dies vielleicht auch für das Käpfle zu<br />

vermuten. Kraus (1957) sucht auf den Höhen um Burladingen<br />

eine a. 1185 genannte und abgegangene Kapelle mit den<br />

Patronen Petrus, Paulus und Johannes dem Täufer. Ein »Sant<br />

Peters wißlin« wird noch a. 1544 erwähnt; lokalisiert ist<br />

beides bislang nicht, ein Zusammenhang mit dem Käpfle ist<br />

allenfalls ein Verdacht. Die von Kraus als Ort der gesuchten<br />

»Burgkapelle« genannte »Hochwacht« ist genauso gut möglich.<br />

Dieser Platz steht eher in einem Bezug zum östlich<br />

benachbarten Kapf-System. Beides - eine früh abgegangene<br />

Kapelle mit altem Patrozinium und eine hier vermutete<br />

alamannische Höhensiedlung - würde eine bescheidene<br />

Parallele zum Runden Berg bei Urach bedeuten. Dieser liegt<br />

in versteckter Abseitslage; bei der Aufdeckung der alamannischen<br />

Höhensiedlung dort wurden auf seinem Gipfel die<br />

Reste einer Michaelskapelle gefunden, die zu Beginn der<br />

Neuzeit abgegangen ist (Milojcic 1975). Der Runde Berg liegt<br />

in der Westlage in einem Kapf-System um den Hochberg bei<br />

Urach.<br />

Literatur<br />

Betrachtungen über die Hunger jähre 1816/17<br />

Aus Anlaß des 170. »Jubiläums« der Hungerjahre 1816/17<br />

erschienen viele Veröffentlichungen zu diesem Thema. Auch<br />

die Napoleon-Ausstellung 1987 zeigte zahlreiche Exponate<br />

zum Kapitel »Krieg und Not«, welche an die Hungerjahre<br />

erinnern. In der Ausstellung wurde, wie anderen Orts auch,<br />

die Hungersnot mit der unmittelbar vorausgehenden Kriegszeit<br />

in Verbindung gebracht 1. Tatsächlich wurde 1815 nochmals<br />

ein Feldzug geführt und Napoleon in der Schlacht von<br />

Waterloo endgültig besiegt. Soweit bekannt, führten die<br />

Napoleonischen Kriege nirgends in Deutschland zu einer<br />

verbreiteten Hungersnot. Warum sollte sie nun, ein Jahr nach<br />

Beendigung der Feldzüge, auftreten?<br />

Andere Quellen und Berichte sprechen von einer Reihe von<br />

nassen und kalten Jahren, die seit 1811 zu Mißernten geführt<br />

hätten 2. Für die Jahre 1811 und 1812 trifft dies ganz sicher<br />

nicht zu, es sollen sogar besonders fruchtbare und schöne<br />

Jahre gewesen sein 3. Allem Anschein nach waren die Jahre<br />

1813 bis 1815 klimatisch weniger begünstigt. Es kam jedoch<br />

54<br />

Blessing, E.: Die Kirchen-, Kapellen- und Altarpatrozinien für den<br />

Kreis Hechingen im Mittelalter und in der Neuzeit, Dissertation<br />

Tübingen 1962<br />

Gilles, K.-J.: Spätrömische Höhensiedlungen in Eifel und Hunsrück,<br />

Beiheft Nr. 7 der Trier. Zt. für Geschichte und Kunst des Trierer<br />

Landes und seiner Umgebung, Trier 1985<br />

Grimm, J. und W.: Deutsches Wörterbuch Bd. 11 Nachdruck 1984<br />

der Ausgabe 1873<br />

Kraus, J.A.: Burladingen in vergangenen Tagen, HzH 7 (1957) Heft<br />

2, S. 29<br />

Milojcic, V.: Der Runde Berg bei Urach, in: Ausgrabungen in<br />

Deutschland 1950-1975 Tl. 2, RGEM Mainz, S. 184 mit Anm. 13<br />

weder zu einer Teuerung, noch gar zu einer Hungersnot.<br />

Ursache für die Mißernte und die anschließende Hungersnot<br />

war einzig und allein die außergewöhnliche Witterung des<br />

Jahres 1816.<br />

1816: Das Jahr ohne Sommer.<br />

Vor über fünf Jahren erschien in einer amerikanischen Zeitschrift<br />

ein Beitrag über die Hungersnot von 1816/17, der bei<br />

uns bisher fast nicht zur Kenntnis genommen wurde. Es<br />

handelte sich um eine Arbeit von Henry und Elizabeth<br />

Stommel »1816: Das Jahr ohne Sommer« in Spektrum der<br />

Wissenschaft (Deutsche Ausgabe von »Scientivic American«),<br />

Heft I/1983 4. Das Jahr 1816 brachte Neu-England und<br />

Kanada einen außergewöhnlich kalten Sommer, der ganz dem<br />

entsprach, was aus Europa überliefert ist. Auch in Amerika<br />

stiegen die Getreidepreise stark an. Vor allem die Maisernte<br />

fiel sehr schlecht aus. Wegen des Mangels an Futtermitteln<br />

wurde viel Vieh geschlachtet, was zu einem für die Farmer<br />

schädlichen Rückgang der Fleischpreise führte. Wie in

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